Vom 13. bis 16. Dezember 2022 gab es im Rahmen des zweiten Beta Tests für ausgewählte Beat'em Up-Fanatiker die Möglichkeit, die ersten 8 Charaktere von Street Fighter 6 auf Herz und Nieren zu prüfen. Armin war einer davon und hat sich mit Ryu, Ken und Co. um den halben Globus geprügelt.
Die ersten Minuten mit Street Fighter 6 sind schon mal gewöhnungsbedürftig, denn erstmals kann ich in der Geschichte der legendären Prügelserie meinen eigenen Charakter Avatar erstellen. Und die Optionen sind beinahe erschlagend. Zu den handelsüblichen Einstellungen wie Geschlecht, Grösse, Bodyindex, Frisur, Narben und Gesichtsform gesellen sich solch exotische Optionen wie Hautbeschaffenheit, Faltenbildung oder die Intensität der Krähenfüsse um die Augen. Gespart wird nur bei der Garderobe. Jeder Neuling bekommt (vorerst) ein weisses Shirt mit dazu passender oranger Jogginghose. Ich halte mich aber nicht all zu lange im Editor auf, denn ich will endlich fighten.
Street Fighter 6 bietet 3 unterschiedliche Modi. Leider bleibt der Story Modus und Fighting Ground für die Beta gesperrt. Somit haben wir nur auf den Battle Hub Zugriff. Nach einer extrem kurzen Ladepause befinde ich mich in einem riesigen Dome, der Hauptsächlich von Arcade Automaten bevölkert wird. Überall wuseln Mitspieler rum und ich treffe auf ein paar skurrile Gestalten. Ein Typ mit einem Fernseher als Kopf joggt an mir vorbei, während neben mir ein dickbauchiger Kollege mit einem winzigen Kopf steht. Ich wundere mich noch kurz über die witzigen Charakterkreationen, als ich mich erinnere, dass ich zuallererst meine Tastenbelegung für meinen Spielstil anpassen sollte. Im Optionsmenü stosse ich aber auf eine neuartige Auslegung. Statt jeweils 3 Faust- und 3 Fusstritten habe ich nur 2 Schlagstärken zur Auswahl, einen Specialbutton und den mir noch nichtssagenden Drive Impact. Ein bisschen verwirrt verlasse ich die Einstellungen und setze mich an einen der vielen Arcade Maschinen.
Gegenüber ist bereits ein anderer Spieler eifrig am Zocken. Per simplem Tastenbefehl fordere ich ihn zum Duell. Ohne Character Select wird mir gleich Luke, der Neuling aus SFV, aufs Auge gedrückt. Da ich keinen Trainingsmodus gefunden habe, werde ich ins kalte Wasser geschmissen und nutze meinen allerersten Fight in SF 6 halt als Übungsrunde. Wie sich herausstellt, wurden Schlag und Kick auf den gleichen Button gelegt und die CPU entscheidet automatisch, welche Extremität eingesetzt werden soll. Na gut, nicht optimal, aber mal schauen. Ich drücke den Special Knopf und Luke haut umgehend einen Super Move raus. Ich versteh die Welt nicht mehr.
Wie ich herausfinde, habe ich in der Hast eine wichtige Option übersehen! In SF 6 spendiert Capcom für Casuals und Hobbyprügler erstmals eine vereinfachte Steuerung, die sogenannte "Modern Option". Dieses simplifizierte Eingabeschema ist für all jene gedacht, die von wilden Tastenkombinationen und Combo Varianten Albträume bekommen. Ich schalte jedoch auf "Classic" um und freue mich endlich meine Steuerung so anzupassen können, wie ich es von den Vorgängern gewohnt bin.
Also zurück zum nächsten Arcade Automaten. Der ist leer und siehe da, hier finde ich auch den Trainingsmodus. Sehr gut. Ich prügle mich mit Luke warm, konsultiere die Moveliste und entdecke die neueste Mechanik, den Drive Meter. Aber meine Steuerung ist immer noch auf “modern” eingestellt, obwohl ich sie zuvor Menü gewechselt hatte. Nur im Trainingsmenü lässt es sich nicht umstellen. Hmmm!? Was solls, ich will endlich mal loslegen.
Von Street Fighter kennen wir bereits den Super Meter, der uns besonders krachende Schlagkombinationen ausführen lässt. In Street Fighter 6 wurde alles ein bisschen umgemodelt. Der Super Meter ist immer noch anwesend und lässt sich bis auf 3 Stufen auffüllen. Dieser dient aber nur noch für Super Specials und Critial Arts. Ex-Moves hängen ab sofort am Drive Meter, der aus sechs einzelnen Slots besteht und zu Kampfbeginn bereits komplett gefüllt ist. Ich habe nun mehrere Möglichkeiten jenen zu nutzen. Entweder wehre ich mich mit einem mächtigen Ex-Move - hier Overdrive genannt - aktivere temporäres 100% Blocken mit dem Drive Parry oder verlinke einen verpassten Combo mit dem Drive Rush und kann sogar mehrere Kombinationen miteinander verketten, die sonst nicht möglich wären. Und diese Neuerung wurde von vielen meiner Gegner genutzt, die mich teilweise mit wahnsinnigen Comboserien absolut vernichtet haben.
Die aber wohl umstrittenste Neuerung ist der Drive Impact. Ist euer Gegner in einer Angriffsanimation, kontert ihr mit einem heftigen Knock Out und habt meistens noch einen zusätzlichen Schlag frei. Aber aufgepasst, kontert euer Gegenüber ebenfalls mit einem Drive Impact, liegt ihr am Boden. Jede Aktion kostet einen oder mehrere Slots eures Drive Meters. Die Leiste wird nach jedem kassierten Schlag wieder ein wenig aufgefüllt.
Ich werde langsam ungeduldig, denn die moderne Steuerung ist auf längere Sicht für meine Ansprüche einfach viel zu flach. Hinzu kommt, dass ich immer noch auf der Suche nach einem Auswahlscreen für die verfügbaren Charaktere bin. "Google is your best Friend", und so finde ich heraus, dass man in einem zweiten, separaten Menü sowohl die Charaktere wie auch die Steuerung permanent ändern kann. Na endlich! Ich nehme mir gleich Ken zur Brust. In den nächsten paar Stunden probiere ich jeden einzelnen Charakter aus. Ryu, Chun Li, Guile, Juri und Luke sind Fans bereits bekannt, deshalb verzichten wir auf eine nähere Erklärung. Aber alle 6 verfügen über neue Schlagvarianten und Specials. Nehmen wir deshalb die Neuzugänge Kimberly und Jamie einmal genauer unter die Lupe.
Kimberly erlernte ihre Fähigkeiten unter den Fittichen von Final Fight's Guy. Die quirlige Afrikanerin mixt ihre Ninjutsu Attacken mit dem Einsatz zweier Sprühdosen. Ihr einzigartiger Kampfstil mit blitzschnellen Schlägen setzte mir teilweise beträchtlich zu. Auch der gutgelaunte Jamie, ein Cousin von Yun und Yang aus SFIV mixt alte Kunst mit neuen Stilen. Zu seiner Drunken Fist-Technik gesellen sich im Beinbereich wilde Capoeira Moves, die Jamie, wie einen Derwisch durch den Screen drehen lassen. Gerne nimmt er auch einen Schluck aus der Schnapspulle, die er stets bei sich trägt. Schafft es der trinkfeste Asiate viermal in einer Runde an der Flasche zu nuckeln, verwandelt er sich in einen aggressiven Trunkenbold mit verstärkter Angriffspower, der optisch einer Miniversion von Necalli aus SFV ähnelt.
Der Battle Hub beschränkt sich aber nicht nur auf kurze Instant Matches. Ranked und Casual Matches wie sie aus SFV bekannt sind, finden sich auch im neusten Teil wieder. Am Eventschalter kann man sich für ein 32 Spieler Turnier einschreiben und bei den Extra Battles, einer Art Spass Modus, kämpfe ich normal gegen einen menschlichen Gegner, muss mich aber u.A. von einem wütenden Stier in Acht nehmen, der regelmässig über den Screen galoppiert. Oder ich versuche eine tickende Bombe so schnell wie möglich auf den Gegner zu kicken, bevor er das gleiche mit mir tut. Eine nette Angelegenheit, die mich aber nicht allzu lang fesselte.
In einer kleinen Ecke entdecke ich ein paar Automaten, doch anstatt eines SF Logos erkenne ich den Titelscreen von Final Fight. Und tatsächlich, das ganze Game ist spielbar! Ich darf mich entweder im klassichen Stil mit Continues durchackern oder im Ranked Modus mit nur einem Leben soviel Punkte für die internationale Highscoreliste einheimsen wie möglich. In der Beta Nr. 2 gab es alle paar Stunden eine wechselnde Auswahl an Capcom Arcade-Klassikern, darunter Final Fight, Magic Sword und Super Street Fighter 2 Turbo. Ich nehme schwer an, dass in der Endversion noch viel mehr Retro-Games von Capcom spielbar sein werden.
Für shoppingbegeistere und/oder modeaffine Strassenkämpfer gibt's im Dome eine eigene Boutique. Mit erspielten Capcom Credits, die wir durch Wochenaufgaben wie "absolviere 5 Ranked Matches" oder "begutachte die Weltrangliste" erhalten, modeln wir unseren Avatar nach eigenem Gusto um. Ich entscheide mich für eine Gasmaske inklusive Sturmhelm, dazu passend ein Tank-Top, braune Sporthosen und bandagierte Unterarme, die mit dicken Eisenketten umwickelt sind. In der Beta war die Auswahl noch sehr übersichtlich. Ich kann aber jetzt schon prophezeien, dass da noch viel mehr kommt. Mikrotransaktionen wurden zwar offiziell bestritten, aber die Charakteroptimierung geht in eine komplett andere Richtung. Wir werden sehen, was die Zukunft bringt.
Fazit:
Es dauert noch knapp 6 Monate bis zum offiziellen Release von Street Fighter 6 und so wie ich Capcom kenne, wird bis dahin noch einiges optimiert und verbessert. Auf jeden Fall ist SF 6 schon in dieser zweiten Betaphase in einem weitaus besseren Zustand als es die Retailversion des Vorgängers war. Und mit bisher 22 angekündigten Kämpfern ist die Basis für die nächsten paar Jahre und Seasonpässe bereits gelegt. Ich freu mich auf jeden Fall sehr drauf! Das wird ein Fest für Prügelspiel-Fans!
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