Zurück in die Vergangenheit geht es mit Yakuza 0. Ob die Vorgeschichte zu Segas Yakuza-Reihe mindestens genauso gut unterhält, wie wir das gewohnt sind? Zumindest erwartet die Spieler eine neue Epoche, back to the 80s heisst es im Jahr 2017.
Mehr als ein Jahrzehnt ist vergangen seit dem ersten Yakuza 2005. Passend dazu erzählt Yakuza 0 die Vorgeschichte rund um Kiryu, den Tojo-Clan und das fiktive Stadtviertel Kamurocho. Die Geschichte spielt dabei in den 80ern, was theoretisch eine Menge frischen Wind ins altbackene und mittlerweile nur zu gut bekannte Kamurocho bringen könnte. Diese Gelegenheit haben die Japaner aber grösstenteils verpasst. So sieht der Stadtteil in späteren Teilen der Serie praktisch genau so aus, wie im 30 Jahre zuvor spielenden aktuellen Teil. Würden wir nicht darauf hingewiesen, wann die Story spielt, man würde es kaum vom blossen hinsehen erkennen können. Auch sonst hat der Zeitwandel wenig Einfluss aufs Spielgeschehen; hier wäre mehr möglich gewesen.
Allgemein gibt es wenig richtig neues im Spieldesign zu entdecken. Zumindest schlägt sich nicht nur Kiryu durch unzählige Gegnerhorden Japans, Abwechslung bietet hier Goro Majima, dessen Geschichte ebenso miterlebt wird. Das bringt mit Osaka einen neuen Schauplatz sowie drei zusätzliche Kampfstile mit sich, welche sich tatsächlich grundlegend von jenen drei des Hauptcharakters unterscheiden. Kiryu prügelt mittels ausbalanciertem Brawler-Style auf die Haudegen ein und wechselt mittels Steuerkreuz mitten im Kampfgeschehen auf mehr Geschwindigkeit oder brachial-animalische Action. Alle Techniken werden mittels hart erkämpften Bargeld oder NPC Gesprächen stetig weiter entwickelt.
Die Geldmittel dürfen aber für vieles mehr aufgewendet werden. Dabei handelt es sich grösstenteils um Yakuza-typische Aktivitäten. So werden diverse Lebensmittel und Kuriositäten in den umliegenden Läden gekauft. Selbstverständlich darf das Kleingeld in alten Sega Spielautomaten versenkt werden (diesmal Out Run und Space Harrier) oder aber man investiert den schnöden Mammon in Modellautos; mit darauf folgenden Rennen selbstredend. Andere teils durchaus fordernde Nebenaktivitäten sind Karaoke, Mah-Jongg oder Poker. Selbst das Tanzbein darf im örtlichen Nachtclub geschwungen werden; was gar nicht mal so einfach ist. Bargeld gibt es nicht nur von besiegten Gegnern. Goro Majima führt ein Hostessen-Club, Kiryu steigt ins Immobilien Business mit ein. Aktivitäten abseits der Story gibt es zu genüge und genau das macht die Spielserie letztendlich schon immer aus.
Geschichte und unzählige Nebenmissionen haben eins gemein: Sie laufen zumeist auf den ein oder anderen Kampf hinaus. Nur selten wird eine Aufgabe bewältigt, ohne die Fäuste fliegen zu lassen. Und soll nur was aus dem Supermarkt besorgt werden, belästigen Kiryu auf dem Weg dahin sicherlich zwei bis drei Gegner-Trios. Da das auch immer wieder Geld in die Kasse spühlt und das Kampfsystem in sich funktioniert und Spass macht, stört das kaum. Ärgerlich ist höchstens, wenn man mit einer dicken Brieftasche Mr. Shakedown über den Weg läuft und jenen nicht auf die Matte schickt; dann reisst sich jener kurzerhand die eigene Kohle unter den Nagel. Ebenso wirft der gute Mann aber eine fette Beute ab, sollte der Kampf siegreich sein.
Der eifrige Leser und Yakuza-Spieler mag erkennen: Gar wenig Neues hat sich im Land der aufgehenden Sonne ergeben. Das trifft nicht nur auf den Spielinhalt zu, sondern auch auf die technische Umsetzung. Das Spiel ist optisch gelungen, man erkennt aber die PS3 Herkunft. Einzig die vollständig vertonten Videosequenzen zeigen richtig hübsch modellierte Gesichter. Oftmals liest man sich durch die Vielzahl an Texte, egal ob in der Story oder den unzähligen Side-Quests. Oft wird nur ein anfängliches „yes“ vertont, den Rest des Gesprächs darf man selbst lesen. Obschon komplett veraltet, entsteht damit ein eigenartiger Charme, ähnlich den Nintendo Charakteren. Wenn gesprochen wird, dann nur in Japanisch; mit englischen Untertiteln. Das verhilft dem Spiel zu mehr Charakter, alles andere wäre dem Setting unangemessen gewesen.
Fazit:
Yakuza 0 bietet, obschon ein Prequel, genau dieselben Vor- und Nachteile wie seine Vorgänger mit höheren Ziffern im Titel. So unterhält die Yakuza Story, der liebgewonnene Stadtteil hat Charme, ohne dabei mit viel Neuem zu glänzen. Zwei spielbare Charaktere und eine andere Stadt bringen etwas Abwechslung, wenn auch nahezu dieselbe Spiel-Charakteristik dahinter steckt. Insgesamt wünsche ich mir von Yakuza 6 mehr Mut zu Neuerungen und natürlich eine an die aktuelle Konsolen-Generation angepasste Technik. Denn ob ich in einem Jahr zum x-ten Male genau dieselben Dinge im immer gleichen Stadtviertel erleben will, ist fragwürdig. Yakuza 0 ist ein hervorragendes Open-District Fighting-Spiel mit teils irrwitzigem Nippon-Humor und seinem ganz eigenen Charme, den man aber mögen muss. Ich kann den Titel trotz der altbekannten Formel jedem empfehlen, der sich auch nur entfernt für das Land der aufgehenden Sonne interessiert und der Spielmechanik nicht abgeneigt ist. Humorvolle und actionreiche Unterhaltung für unzählige Stunden ist garantiert.
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