Lange ist es her, seit die aggressiven Würmer zuletzt auf unsere Konsolen losgelassen wurden. Sind die kleinen Fieslinge immer noch so schlagfertig wie früher oder hat der Zahn der Zeit seine Spuren hinterlassen?
Vor acht Jahren, 2016, erblickte Worms W.M.D. Allstars das Licht der Welt, die letzte Inkarnation der Würmer Schlacht. Das erste Worms eröffnete uns im Jahr 1995 die vielen Möglichkeiten in der strategischen Kriegsführung, wie es nur Würmer können. Ja und bei Worms Armageddon erinnern wir uns mit schadenfreudigen Gefühlen an das Jahr 1999. Diese Jahreszahlen deuten insbesondere eines an: Team 17 hätte durchaus die Möglichkeit, eine neue Generation an Wurm-Kommandanten heranzuzüchten, dafür müsste man den Jünglingen aber das Spiel schmackhaft machen. Das soll – vielleicht – mit Worms Armageddon Anniversary Edition geschehen, oder doch «nur» Fan-Service; wie so oft bei solchen Editionen?
Worms Armageddon ist genau das, was es verspricht, eine Neuauflage des Spiels von 1999. Gratis mit dazu gibt’s noch die GameBoy Color Fassung, die aber – ganze ehrlich – heuer keiner mehr spielen will, und wenn, dann höchstens aus Nostalgie-Gründen. Denn Worms auf dem GameBoy ist noch nie zur Hochform aufgelaufen, der kleine Bildschirm macht geschickte Levelanalysen für den nächsten Lenkraketen-Einsatz auch viel zu schwierig.
Nebst dem Spiel ist noch eine Worms-Historie mit im Download enthalten, in diesem fehlt aber das eingangs erwähnte Worms W.M.D. komplett; und ich weiss auch wieso!
Du, lieber Leser, kennst Worms noch gar nicht, gehörst vielleicht zur erwähnten neuen Generation? Worms ist einfach, es ist Krieg, Krieg der Würmer! Jedes Team beinhaltet zwischen einem und acht Würmern, welche sich auf einer komplett zerstörbaren 2D Karte tummeln und im Rundenmodus abwechselnd beharken. Dabei geht es mit diversem Kriegswerkzeug zur Sache. Granaten, Bazooka, Luftschlag oder Shotgun geben der alten furzenden Frau, dem von der Luft kommenden Betonesel oder dem Schaf die Klinke in die Hand. Ganz so ernst nimmt sich Worms wenig überraschend nicht. Was aber dem Taktikscharmützel keinen Abbruch tut. Die verschiedensten Waffen sind in Anwendung, Wirkung und Durchschlagskraft so unterschiedlich, dass fast grenzenlose Kreativität für den Angriff geschaffen wird.
Der Reiz des Spiels ist dabei, dass die Kämpfe durchaus Geschick und Können verlangen, aber selbst dem perfekt geplanten Angriff ein kleiner dümmlicher Fehler unterlaufen kann. Und dieser führt nur allzu oft zu den verrücktesten und komischsten Kettenreaktionen, die man sich vorstellen kann. Wer zuletzt nur noch einen Wurm im Team übrig hat, gewinnt das Spiel. Worms ist der Partykracher und gleichzeitig das leicht zu spielende, aber schwer zu meisternde Spiel.
Worms Armageddon ermöglicht euch im Single Player Modus zu trainieren und online gegen Freunde und Unbekannte anzutreten, theoretisch. Ich habe im Online-Spiel aber keinen einzigen Gegner gefunden während des Tests. Freunde lassen sich selbstverständlich herbeirufen. Dabei dürfen die Levels je nach Gusto konfiguriert werden. Wieviel Rundenzeit, welche Waffen, wie viele Würmer, alles darf frei definiert werden.
Nachdem wir uns an die Steuerung gewöhnt haben, geht die frischfröhliche Wurm-Vernichtung auch schon los und macht so viel Spass wie eh und je. Wäre da nicht ein Detail, das uns den Kampf deutlich madig macht: Wieso kann die hochaufgelöste Karte nicht gezoomt werden? Spieler am Rechner dürften damit aufgrund der Nähe zum Monitor weniger Probleme haben. Auf der Xbox und am OLED-Fernseher, der nicht 30cm vor meiner Nase steht, sieht die Sache allerdings schon etwas anders aus. Gerade in einem Spiel, wo die Genauigkeit der eigenen Aktionen wesentlich ist, ist der fehlende Zoom-Faktor eigentlich nicht verzeihbar.
Und jetzt kommen wir auch schon zum Punkt, wieso wohl W.M.D. (Weapons of Mass Destruction) nicht in der Historie der Anniversary Edition erwähnt wurde: Das inzwischen acht Jahre alte Spiel ist schlicht die viel bessere Variante von Worms. Nicht nur des Zoomfaktors wegen, es sieht auch um ein Vielfaches besser aus. Die Steuerung sowie das Menü wirken zeitgemäss. Puristen nörgeln, dass Armageddon die Pure Worms-Version ist, ohne stationäre Waffen, Bauoptionen und was weiss ich noch was alles, was in W.M.D enthalten ist. Wäre korrekt, wenn man diese Dinge bei W.M.D. nicht alle auch nach Herzenslust deaktivieren könnte. Kann man aber!
Fazit:
Ich liebe Worms, seit nunmehr acht Jahren spiele ich jeden Monat mindestens einmal ein paar Partien Worms gegen meinen Lieblingsgegner. Wir kennen uns und das Spiel inzwischen so gut, dass jeder Fehler ein Spiel entscheiden kann. W.M.D. war und ist genial, gehört in meine All-Time Top 10, kaum ein Spiel habe ich mehr gespielt. Schon Worms auf der PlayStation und Armageddon auf dem Nintendo 64 in den 90ern haben es mir damals angetan. Diese Version hier hat leider kaum eine Daseinsberechtigung, da W.M.D. schlicht das bessere Spiel ist und alles bietet, was auch hier mit dabei ist; und noch mehr! Einzig die (deutlich hässlicheren) Karten von Armageddon sind «neu». Lieber hätte ich diese Karten für W.M.D. als DLC gehabt. Armageddon A.E. ist kein schlechtes Spiel, beileibe nicht. Aber es ist, als ob Super Mario Bros nach Super Mario World veröffentlicht würde. Aus Nostalgie Gründen kann ich das Spiel empfehlen oder an alteingesessenen Worms-Fans, die einfach mal wieder ein «neues» 2D Worms auf der heimischen Mattscheibe haben möchten. Alle anderen holen sich Worms W.M.D. im Marketplace und spielen die nahezu perfekte Fassung eines nahezu perfekten Spiels.
Worms Armageddon: Anniversary Edition ist digital für PS4/5, Xbox One und Series X|S, PC und Nintendo Switch erschienen. Wir haben das Spiel auf der Xbox Series X gespielt. Das Test-Muster stammt von Team17, wofür wir uns recht herzlich bedanken!
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