Erinnert ihr euch noch an Limbo oder Inside? Beide Spiele haben nicht nur Kritiker und Fans auf der ganzen Welt überzeugt, sondern auch die Spielelandschaft nachhaltig verändert. White Shadows, das Erstlingswerk des deutschen Studios Monokel, schlägt in eine sehr ähnliche Kerbe. Warum es die Höhen der beiden berühmten Vorbilder nicht ganz erreicht, erfahrt ihr hier.
Wölfe - Schweine - Vögel. So sieht die gesellschaftliche Rangordnung in dieser dystopischen Welt aus. Die Wölfe regieren, führen und lenken aus den Schatten ihrer Elfenbeintürme. Als Schwein gehört man zur grossen Masse, die die Gesellschaft am Laufen hält. Kommt man als Vogel auf die Welt, dann hat man die Arschkarte gezogen. Wenn man nicht gleich bei der Geburt als Ressource in den Fleischwolf geworfen wird, dient man als Ei-Legemaschine in einer der vielen Fabriken.
In dieser orwellschen Dystopie übernimmt man die Kontrolle über ein Rabenmädchen. Um zu überleben, muss sie vor den oberen Schichten flüchten, indem sie rennt, springt und Rätsel löst. Besonders in Sachen Gameplay erinnert das ganz offensichtlich an Limbo. Von links nach rechts und von rechts nach links wird über immer gefährlicher werdende Hindernisse gehüpft und geklettert. Die Steuerung könnte dabei einen Zacken besser sein. Dass sich das Rabenmädchen nicht wie Super Meat Boy steuert ist dabei völlig in Ordnung. Hinter ihren Bewegungen steckt ein gewisses Gewicht, was sich gut anfühlt. Manchmal hatte ich jedoch den Eindruck, als würden gewisse Aktionen und Inputs verschluckt. Anstatt sich zu ducken bleibt man stehen oder die Spielfigur greift nicht nach einer Kante oder Leiter, obwohl man diese auf jeden Fall erreicht hat. In diesen Fällen wird man oft ungewollt gekillt. Glücklicherweise sind Kontrollpunkte grosszügig verteilt, wodurch diese Tode nicht allzu sehr schmerzen.
Abgesehen von ein paar ungewollten Neustarts, wird sowas wie Frust nicht aufkommen. Denn weder das Plattforming noch die Puzzles sind herausfordernd. Selbst bei schwierigen Sprüngen hat man immer genug Zeit und 100% Präzision bei Sprung und Landung sind eigentlich nie nötig. Mehr als eine Handvoll Puzzles gibt es nicht zu lösen und diese sind gefühlt so alt wie elektronisches Entertainment selber. Kisten müssen auf Schalter geschoben und Hebel im richtigen Moment gezogen werden.
Thematisch werden heftige Topics aufgegriffen. Eine Warnung zu Beginn des Spiels weist darauf hin. Im Grossen und Ganzen geht Monokel mit Themen wie Rassismus oder der Mehrklassengesellschaft sehr respektvoll um. Das Spiel kommt zum grössten Teil ohne Bildschirmanzeigen, Texten und Dialogen aus. Die schön gestaltete Schwarz & Weiss Optik der Spielwelt, mit ihren Werbeanzeigen, Graffitis und Warnschildern, spricht für sich selber.
So interessant und hübsch das Setting, so nebensächlich wirkt da das Gameplay. Spielen zu müssen steht dem Ganzen fast schon im Weg, denn eigentlich will man nur die Spielwelt bewundern und auf sich wirken lassen. Mit einer maximalen Spielzeit von 90 bis 120 Minuten und kaum Wiederspielwert bewegt es sich vom Umfang her in den Länge eines Spielfilms.
Fazit:
White Shadows ein gutes oder schlechtes Spiel zu nennen, würde dem Titel nicht gerecht. Es ist nämlich keines von beidem. Die interessante Geschichte wird verpackt in langweiliges Gameplay, das gegenüber dem hübschen Setting wie Beiwerk wirkt. Zudem ist das Spiel sehr kurz geraten und das Ende enttäuschend. Darum fällt es mir schwer, White Shadows irgendjemanden zu empfehlen und das, obwohl ich keinesfalls eine schlechte Zeit damit hatte. Es zwängt sich halt einfach in eine sehr kleine Nische. Aufgrund der gelungenen Präsentation können wir aber auf jeden Fall gespannt sein, was Monokel in Zukunft noch veröffentlichen wird!
Wir haben White Shadows auf Xbox Series X getestet. Das Spiel ist nur digital erhältlich. Es gibt auch eine Version für den PC. Die PS5 Fassung soll in ein paar Wochen erscheinen. Das Test-Muster stammt von direkt vom Publisher, vielen Dank dafür!
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