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AutorenbildSascha Böhme

The(G)net Review: Weird West

Die moderne Spieleindustrie ist mittlerweile ein ziemlich ungemütlicher Ort. Vor allem, wenn es um sogenannte AAA-Veröffentlichungen geht, bei denen nicht mehr die Kreativität, sondern nur noch die Kohle zählt. Es überrascht nicht, dass viele Studios diesem Druck nicht standhalten können und sich für den Indie-Sektor entscheiden, wo Geld die kreative Freiheit nicht so stark einschränkt.


Weird West Testbericht Review Xbox Playstation

Das gilt auch für den Gründer der Arkane Studios, Rafael Colantonio. In den letzten Jahren hat das Studio schwere Zeiten durchgemacht. Kommerzielle Misserfolge, absurde Wünsche des Managements und ein Hinterzimmerkrieg zwischen den Büros in Lyon und Austin sind nur einige der Faktoren, warum Arkane (und Bethesda) schliesslich ein Teil von Microsoft wurde. Colantonio selbst gründete nach seinem Weggang von Arkane ein kleines Indie-Label namens WolfEye, das unter den Fittichen von Devolver Digital Weird West entwickelte. Und das schauen wir uns heute einmal genauer an.


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Weird West spielt in einer alternativen Version des Wilden Westens, in der Steampunk und Magie fest miteinander verschmolzen sind. In einem riesigen Gebiet drohen den Siedlern zahlreiche Gefahren: Zombies, Hexen, Schweinemänner, Sirenen, Werwölfe und geheimnisvolle Mächte, die die Fäden im Hintergrund in den Händen halten. Zu allem Überfluss stehen sich die zahlreichen Fraktionen in Land eher feindselig gegenüber. Im Westen geht's also ganz schön wild zu und her.


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Wir schlüpfen in die Rolle des "Passengers", einer mysteriösen Person, die an einem geheimnisvollen Experiment teilnimmt. Er muss Episoden aus dem Leben von fünf sehr unterschiedlichen Charakteren nacherleben, darunter eine ehemalige Kopfgeldjägerin, die noch einmal ihren Revolver zückt, um ihren entführten Mann zu retten und den Tod ihres Sohnes zu rächen oder ein Werwolf, der eine Prophezeiung erfüllen muss, indem er eine Armee aufstellt, um fiese Hexen zu besiegen. Wer das Ende mit allen 5 Charakteren erleben will, kann sich auf gute 30 Stunden Spielzeit einstellen.


Die Geschichte jedes Helden spielt in einer eigenen, ziemlich grossen Map, die nach dem Prinzip von Fallout aufgebaut ist. Auf der globalen Karte sind die von den Entwicklern vorab zusammengestellten Orte verstreut, aber im Laufe der Reise kann es zu zufälligen Begegnungen, Zusammenstössen und Entdeckungen kommen. Es ist keine Open World, wohlgemerkt, sondern eher kleinere Örtlichkeiten, die ihr à la Indiana Jones via Weltkarte bereist, entweder zu Fuss oder hoch zu Ross.


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Man muss zugeben, dass WolfEye sich bei der Dimension von Weird West leicht selbst überschätzt hat. Nicht nur die Spielmechanismen sind äusserst vielfältig, auch der Umfang ist enorm. Die Folge; viele "einzigartige Orte" bestehen in Wirklichkeit aus vorgefertigten Baukasten Elementen und man hat öfters das Gefühl, schonmal "da" gewesen zu sein. Weil das Hauptaugenmerk jedoch bei der Erzählung und der Abwechslung im Gameplay liegt, kann man damit gut leben.


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Weird West ist ein waschechtes Action RPG mit klassischer Draufsicht, Quests und Nebenaufgaben und natürlich jeder Menge Loot. Die Umgebung ist sorgfältig gestaltet und hat viele interaktive Elemente. Du kommst nicht in ein Gebäude? Dann such nach einem Schlüssel oder spreng die Haustür einfach auf. Oder stell ein paar Fässer unters Fenster und klettere hinein. Oder versuch von einem Dach aufs andere zu kommen, um so Zugang zu kriegen. Die Möglichkeiten sind erstaunlich vielfältig und laden zum Experimentieren ein.


Ähnlich verhält es sich bei den Kämpfen. Niemand hindert euch daran, Dynamit in eine Menge von Feinden zu werfen und dann die Überlebenden mit der Schrotflinte zu erledigen. Aber man könnte auch um die Ganoven herumschleichen und sie heimlich ausschalten und dann die Leichen im hohen Gras verstecken. Regnet es? Locke deine Feinde in eine Pfütze und wirf eine Elektrogranate. Oder zerstöre ein Gift- oder Ölfass und setze anschliessend alles in Brand.


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Jeder der fünf Charaktere hat einen eigenen Skilltree mit vielen aktiven und passiven Fähigkeiten. Erstere müssen für jeden der Helden separat aufgelevelt werden. Die passiven Skills hingegen werden mit gefundenen Goldkarten aufgewertet, deren Wirkung permanent für alle ist. Zusätzlich stehen den Protagonisten jeweils vier einzigartige Magie-Fähigkeiten und fünf Universalwaffen zur Verfügung. Da gibt's viel zu entdecken und auszuprobieren.


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Auf unserem Weg schmieden wir Freundschaften oder machen uns gefährliche Feinde, je nach unseren Entscheidungen. Bei vielen Quests gibt es mehrere Lösungen für eine Situation, was sich schliesslich auf den Rest der Spiele-Welt auswirkt. Durch diese Offenheit kommt es leider öfters vor, dass ihr Orte entdeckt oder Quests auslöst, die eigentlich noch gar nicht an der Reihe wären. Im schlimmsten Fall werden dann ganze Story-Ketten einfach übersprungen.


Die Geschichte passt sich schlecht an solche Wendungen an. Manchmal merkt man gar nicht, dass man eine interessante Aufgabe verpasst hat oder man versteht die Zusammenhänge nicht, weil ein Story-Schnipsel fehlt, der ungewollt übersprungen wurde. Eigentlich seltsam, wenn man bedenkt, dass die meisten Leute bei WolfEye aus Entwicklern besteht, die vorher bei Arkane und Ubisoft gearbeitet haben, darunter Grössen wie Chris Avellon, der sich seit den frühen 90ern auf die Gestaltung von Missionen mit unterschiedlichen Konsequenzen spezialisiert hat.


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Auch mit dem Gameplay ist nicht alles in Ordnung. Weird West ist ganz offensichtlich für eine Maus-Steuerung ausgelegt, was auf Konsolen zum Problem wird. Die Joypad-Kontrollen sind überladen und das Zielen mit dem rechten Stick extrem fummelig. Stealth scheitert immer wieder daran, dass man im ungünstigsten Moment danebenschiesst oder versehentlich gegen einen Stuhl stösst. Einige Design-Entscheidungen wirken gar absurd. Die Flugbahn der Granate wird zum Beispiel durch das Drücken des Bumpers gesteuert und nicht mit dem Stick. Ausserdem muss man manchmal drei Tasten gleichzeitig drücken, um einige der Fähigkeiten zu aktivieren und der Wechsel zwischen den Ausrüstungsgegenständen erfolgt unlogischer Weise über ein Radialmenü. Das hat zur Folge, dass Kämpfe öfters im Chaos enden.


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Gut, dass man bei schwierigen Rangeleien auf die Hilfe von bis zu zwei KI-Partnern zählen kann. Diese lassen sich entweder auf Knopfdruck rufen oder erscheinen selbstständig und lassen sich sogar mit Waffen, Rüstungen und Medkits versorgen. Zudem dienen sie quasi als Erweiterung des eigenen Inventars. Das ist bitter nötig, denn es gibt viel zu looten, fast schon zu viel. Das Item-Management ist eine zeitraubende Aufgabe für sich. Leider ist es nicht möglich, Verbündeten Befehle zu erteilen, und ihre KI verhält sich gelegentlich unvorhersehbar. Aber sie sind auf jeden Fall eine Hilfe und dienen im schlechtesten Fall einfach als gutes Ablenkungsmanöver.



Fazit:

Weird West ist ein düsteres Fantasy-Western-RPG mit einer fesselnden Welt, wird jedoch oft durch unbeholfene Kämpfe, unübersichtliches Mikromanagement und einer suboptimalen Joypad-Steuerung untergraben. Ja, es hat seine Fehler und einige komische Designentscheidung, aber wenn die vielen Spielmechanismen funktionieren und ineinandergreifen, wird daraus ein wirklich tolles Spiel. Die fünf unterschiedlichen Geschichten fesseln und der Wiederspielwert ist hoch, dank vieler Story-Verkettungen, Wendungen und Entscheidungen. Ausserdem hat die Inszenierung einen ganz besonderen Scharm, der mir sehr gut gefallen und mich öfters an ältere Arkane-Produktionen erinnert hat. Wer isometrische Action-RPGs mag und ein Faible für interessante Geschichten und dynamische Charaktere hat, wird mit Weird West sehr zufrieden sein.



Wir haben Weird West auf einer Xbox Series X getestet. Das Test-Muster stammt von Devolver Digital, wofür wir uns herzlich bedanken! Das Spiel ist zur Zeit im Xbox Game Pass enthalten, aber ihr könnt auch (digital) auf PC, PS4 und PS5 in den Westen ziehen.

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