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AutorenbildFabrice Henz

The(G)net Review: Vampire: The Masquerade - Swansong

Mit Bloodlines ist Vampire: The Masquerade in die Videospielgeschichte eingegangen. Bloodlines 2 soll zwar noch erscheinen, scheint aktuell aber in der Entwicklungshölle festzusitzen. Fans der Marke geht es dennoch nicht schlecht. Das Free To Play Battle Royale “Bloodhunt” erfreut sich aktuell grosser Beliebtheit. Wer mehr Story als Action will, für die gibt's noch Swansong, welches wir auf der Series X genauer unter die Lupe genommen haben.



Das auf dem Pen&Paper basierende Vampire-Universum ist gigantisch und hat genug Tiefe für dutzende Games. Deshalb ist es praktisch, dass Swansong einem die Kontrolle über gleich drei Hauptfiguren gibt, wodurch man automatisch einen viel breiteren Einblick in die Welt bekommt.


Galeb Bazory ist ein 300 Jahre alter Enforcer. Er ist cool, hat Style und ist ein No-Nonsense Typ. Leysha ist eine Seherin, deren Visionen schon mehr als einmal wahr geworden sind. Auf Grund ihrer Talente und instabiler Natur verbirgt sie sich die meiste Zeit vor dem Rest der Welt, bis ihre Dienste wieder gebraucht werden. Immer an ihrer Seite ist ihre Tochter Halsey, die von ihr liebevoll “Sugar Fangs” genannt wird. Die Letzte im Trio ist Emem Louis. Sie besitzt mehrere Nachtclubs und ihre Talente machen sie zu einer idealen Botschafterin in der Vampirwelt von Boston. Alle drei Protagonisten haben unterschiedliche Clanzugehörigkeiten, unterstehen aber der Camarilla und Prince Hazel Iverson.



Was sie alle zusammenbringt, ist ein Zwischenfall bei einer von den Vampiren organisierten Party zur Feier der Zusammenarbeit mit der prestigeträchtigen Gruppe Warlocks. Irgendetwas ist dort völlig schief gelaufen und die Aufgabe unseres Trios besteht darin herauszufinden, was genau passiert ist. Viele Spuren müssen verfolgt und Locations untersucht werden.


Wer beispielsweise eines der Telltales Games gespielt hat wird mit dem generellen Spielablauf vertraut sein. Man verbringt viel Zeit in Gesprächen mit allen möglichen Menschen, Ghulen und Vampiren. Dabei kann man meistens zusätzliche Informationen zur Spielwelt erhalten. Je nach Blickwinkel ist das eine der grossen Stärken oder Schwächen von Swansong. Dank des umfangreichen Quellenmaterials gibt es jede Menge Hintergrundinformationen zu allem und jedem. Wer sich dafür interessiert, wird enorm viel Freude haben, denn neben dem grossen Fokus auf Gespräche und Dokumente, gibt es einen umfangreichen Kodex, in dem es noch mehr Informationen zu jedem einzelnen Thema gibt. Wer sich nicht so intensiv dafür interessiert, wird mit nicht enden wollenden Infos bombardiert, die wenig oder gar nichts mit der Story an sich zu tun haben.



Unter den ganzen Dialogen schlummert ein Rollenspielsystem, dass es in sich hat. Jeder Vampir verfügt über zwei Ressourcen, mit welchen man Unterhaltungen in eine gewünschte Richtung lenken kann. Fokus hat mit skillbaren, sozialen und technischen Talenten wie Einschüchterung, Psychologie oder Hacking zu tun. Je nach Skilllevel kann man Personen beim Lügen erwischen oder ihnen zusätzliche Infos entlocken. Der Fokus kann eingesetzt werden, wenn die eigenen Grundwerte zu niedrig sind. Es gilt Obacht, denn das Gegenüber kann diesen Fokus ebenfalls einsetzen. Über eine Anzeige erfährt man die Wahrscheinlichkeit dafür. Fokuspunkte sind begrenzt und nicht leicht erneuerbar. Selbst wenn man bei einem Skillcheck fehlschlägt, sind benutzte Punkte verloren, weshalb man gut aufpassen muss, um nicht in wichtigen Momenten ausgepowert zu sein. Gewisse Dialogoptionen bringen einen bei seiner eigentlichen Aufgabe gar nicht weiter. Das Ressourcenmanagement gibt den manchmal trockenen Unterhaltungen zusätzliche Tiefe und macht sie interessanter.



Neben diesen Talenten verfügen die Vampire über übernatürliche Fähigkeiten. Galeb kann andere Figuren dominieren und ihnen seine Willen aufzwingen. Emem kann sich unter Anderem zu bestimmten Punkten in der Umgebung teleportieren. Die Gabe unsichtbar zu werden ist Leysha gegeben. Sie kann in dieser Form zwar nicht mit der Umgebung interagieren, um Textdokumente zu lesen oder Gesprächen zuzuhören reichts trotzdem. Dafür gibt es eine zweite Ressource, welche man durch den Konsum von frischem Blut nicht zu weit erhöhen darf. Hat man erst einen gewissen Punkt erreicht, beisst man automatisch in den nächsten Menschen, was nicht immer einfach zu erklären ist. Das Ressourcenmanagement ist immer noch willkommen, es aber mit dem Konsum von Blut in Verbindung zu bringen, wirkt ein wenig gekünstelt. Es sind halt Vampire, also müssen sie doch irgendwann Blut zu sich nehmen, weshalb es jetzt halt mit dieser Mechanik in Verbindung steht.



Neben den vielen Gesprächen muss immer wieder die Umgebung genau untersucht werden, um allerlei Geheimnisse aufzudecken. Oft sind die Puzzles in mehrere Schritte aufgeteilt. Ein gefundenes Symbol zeigt, wie man ein Smartphone entsperren kann. Eine Nachricht darauf informiert, dass der neue Code für den Safe ein Geburtsdatum ist. Dieses findet man auf einem Foto in einem Kinderzimmer. Was Swansong auszeichnet ist, dass dies bei Weitem nicht die einzige Lösung ist. Je nach Talent kann das Telefon gehackt werden. Über das Geburtsdatum kann man stolpern und es auf gut Glück als Passwort verwenden. Die ganze Interaktion kann auch verpasst werden, wenn der Safe zum Beispiel gar nicht gefunden wird. Allgemein wird eine Freiheit geboten, die zwar oft angepriesen, aber selten so toll umgesetzt wird wie hier.



Getroffene Entscheidungen haben Auswirkungen auf den Rest eines Spieldurchlaufs. Es sollte offensichtlich sein, dass die Hauptgeschichte zum grössten Teil in Stein gemeisselt ist. Der Weg zum Ziel ist jedoch offen und die grösste Stärke des Spiels. Wie schon erwähnt können ganze Teile einer Aufgabe verpasst werden. Nur wer wirklich allen Spuren nachgeht, findet alle Informationen. Im ersten Level von Galeb kann man eine Zielperson in einem Panikraum versteckt auffinden, was komplett optional ist. Was mit dieser Person schlussendlich passiert, hängt von verschiedene vorher getroffenen (oder nicht getroffenen) Entscheidungen ab. Im schlechtesten Fall überlebt die Person keine fünf Minuten ausserhalb des Panikraums. Viele dieser Entscheidungen sind alles andere als offensichtlich. Die Auswirkungen dann mitzuerleben macht definitiv den grössten Reiz von Swansong aus.



Die drei Protagonisten sind toll dargestellt und ausgearbeitet. Leysha und die Beziehung zu ihrem (Vampir-)Psychiater sind ein simples, aber interessantes Konzept. In Verbindung mit ihren guten, englischen Sprechern ist es unterhaltsam mit ihnen unterwegs zu sein. Leider gilt das nicht für den ganzen Cast. Die Qualität nimmt merklich ab, je unwichtiger eine Figur ist. Ein Lob verdient der Cast als Ganzes trotzdem dafür, dass er auf eine sehr natürlich Weise divers ist.


Besonders grafisch überzeugt das Game überhaupt nicht. Während die Gesichtsanimationen durchaus ansehnlich sind, kann das über den Rest der Präsentation nicht behauptet werden. Animationen sind steif, ungelenk und unrealistisch. Zumindest in meinem Durchgang wurden schon in den ersten Sekunden des Intros mehrere Texturen nur mit grosser Verzögerung oder erst gar nicht geladen. Dieser Ersteindruck wurde im weiteren Spielverlauf leider weiter bestätigt, was extra schade ist, wenn man bedenkt, dass es Grösstenteils während hauptsächlich statischen Gesprächen passiert.



Fazit:

Wer ein investigatives Rollenspiel im Vampire-Universum will, bekommt genau das und wird mit Sicherheit über die Schwächen von Swansong problemlos hinwegsehen können. Wer jedoch die IP nicht kennt oder nichts mit ihr anfangen kann, wird wohl deutlicher weniger Spass damit haben. Die Story ist so langatmig wie viele der Unterhaltungen, technisch ist es unterdurchschnittlich und die Puzzles machen nicht immer allzu viel Sinn.



Wir haben Vampire: The Masquerade - Swansong auf Xbox Series X getestet. Das Spiel ist auch für PS4/5, Xbox One und PC erhältlich. Das Test-Muster stammt von Nacon, wofür wir uns herzlich bedanken!



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