Nach zwei Jahren im Early Access Limbo metzelt sich der Isometrie-Vampir nun auch auf Konsolen durch die fünf monsterverseuchten Fantasy Biome. Kann der Survival-Shooter mit starkem Fokus auf Craften und Builden überzeugen?
Wie es sich für einen Vampir gehört, steigen wir nach dem einfachen Charaktereditor aus dem hölzernen Sarg. Die ersten paar Minuten sind auf Action getrimmt. Wir spurten mit einem Schwert bewaffnet durch nebeligen Ruinen und zerlegen im Tutoriallevel erst mal ein paar Skelette. Dabei sollten wir stets die Missionsanzeige studieren, die uns direkte Aufgaben in der linken oberen Bildschirmhälfte angezeigt. Nachdem wir ein paar Knochen der hinterbliebenen Gegner eingesammelt und unser Inventar überprüft haben, bekommen wir schon den ersten Zauber zugeschanzt. In Kombination mit Schultertaste und Analog Stick laden wir einen stattlichen Feuerball auf und versengen damit unsere Kontrahenten.
Kurze Zeit später gibt es einen Magie Konter obendrauf. Kommt uns der Spitzbube zu Nahe, weichen wir mit einem flotten Dash aus dem Hit Radius. Jedoch dauert es ein paar wertvolle Sekunden bis der Cooldown, egal ob Dash oder Zauber, wieder abgeklungen ist. Ein taktisches Vorgehen und intelligentes Waffenmanagement sind von Vorteil. Nachdem wir uns durch die ersten paar Meter des ersten Biomes durchgekämpft haben, werden wir mit der zweiten Spielmechanik bekannt gemacht. Als angehender Vampirkönig kommen wir nicht drum herum, unser eigenes Schloss anzufertigen. Doch dazu benötigt es erst einmal genügend Material. Mit einem Schlossherz markieren wir das Fundament und platzieren zuerst einmal einen Sarg zur Energieauffrischung, eine Werkbank, um bessere Waffen und Ausrüstung zu schmieden und eine kleine Truhe, um überschüssige Items zu parken.
Eine guten Teil des Blutsauger Abenteuers verbringen wir mit dem Erwirtschaften von Ressourcen. Mit unserer Hiebwaffe, die später auch Streitkolben, Speer oder doppelhändige Kriegsäxte sein kann, dezimieren wir die umliegende Vegetation. Wir fällen Bäume für Holz, zerbröseln Felsen für Steine und krallen uns ein paar Tierhäute vom herumlaufenden Wildgetier wie Hirsch oder Wolf. Laut der einschlägigen Literatur sind Vampire gegen Sonnenstrahlen empfindlich und unserem Helden geht es genauso. Nachts streifen wir unbekümmert durch die komplett zusammenhängende Spielwelt, wird es jedoch Morgen, ist Vorsicht geboten. Wird unser Held zu lange dem Sonnenlicht ausgesetzt, brennt uns das UV Licht den Pelz von der Kimme. Sollten wir nicht schnellstens ein schattiges Plätzchen finden, werden wir ins Game Over geröstet. Dies kann besonders bei unseren Streifzügen zum Problem werden, wenn wir z.B. auf dem Heimweg auf eine Truppe Wegelagerer oder einen Miniboss treffen.
Haben wir einen Gegner, der nicht zur Truppe der Untoten gehört, beinahe erledigt, können wir uns an ihm nähren. Per Knopfdruck saugen wir dem Widersacher das Blut aus den Adern und füllen so unseren Hämoglobin-Vorrat auf. Dieser darf auf keinen Fall zu Neige gehen, da wir sonst im Sekundentakt Lebenspunkte verlieren. Zusätzlich legen wir bei jedem Kill eine gewisse Anzahl an Blut-Essenz aufs Konto, der als Kraftstoff für unser Schloss dient, damit wir über genügend Energie für das Produzieren von neuen Materialien verfügen.
Wie ihr seht, V Rising ist äussert komplex aufgebaut und wir haben bisher nur an der Oberfläche gekratzt. Ein Auflevel-System gibt es im klassischen Sinne nicht. Euer Erfahrungslevel wird mit euren aktuellen Waffen und der Ausrüstung definiert. Und auch hier sollte man regelmässig auf deren Abnutzung achten und kontinuierlich reparieren, damit man bei einem Bosskampf nicht nur die Hose und den Helm verliert, sondern auch ein gutes Stück an Lebenspunkten. Da wir uns auf der riesigen Map frei bewegen können, stehen uns theoretisch alle Grenzen offen. Ein Durchmarschieren mit Schwert und Magie ist aber Wunschdenken. Erstens sind spätere Gegner so gut gepanzert, dass ihr ohne Craften und Grinden nicht weit kommt. Zweitens lassen sich gewisse Bosse nur entdecken, wenn ihr über eine gewisses Level verfügt. Für diesen Umstand sorgt das V-Blood System. Haben wir die Option nach den ersten Stunden freigeschaltet, wechseln wir in ein Untermenü. Hier tracken wir verschiedene Bosse. Einmal aktiviert, zeigt uns ein roter Blutschweif alle paar Sekunden die ungefähre Richtung des Schurken an und informiert uns auch gleich, ob wir sehr weit entfernt sind oder er sich in der Nähe aufhält.
Das Erledigen dieser Gegner ist überlebenswichtig. Sie überlassen uns nicht nur neue und mächtigere Zauber, sondern auch Blueprints für neues Gear und andere wertvolle Materialien. Unser erster dicker Gegner ist ein weisser Riesenwolf. Überraschenderweise können wir uns nach dem Sieg wahlweise in einen Wolf verwandeln, damit wir ein wenig schneller vorankommen. Später finden wir sogar eine Gaul, der uns noch schneller von A nach B bringt. Am schnellsten reisen wir aber mit Teleportern. Haben wir eines dieser Schnellreiseportale aufgespürt, wird es umgehend auf der Karte markiert.
V Rising lässt euch die Wahl aus drei Schwierigkeitsgraden, wobei wir Genreunkundigen nicht nur den Easy Mode an den Tag legen, sondern auch raten, in den erweiterten Einstellungen alle möglichen Parameter anzupassen. Unser Tip: deaktiviert das Nichtteleportieren von Materialien, welches sehr, sehr viel unnötige Reisezeit spart!
Auf unserem Weg zum Obervampir erweitern wir unsere Macht und stellen später sogar Lakaien an, die für uns Items erschufften, blaublütige NPCs werden als Gefangene gehalten, um unseren Blutvorrat mit hervorragender genetischer Qualität zu sichern. Damit wir das Schloss nicht stetig zerlegen müssen, erhalten wir ein Schlossverlegungsherz und bewegen unser komplettes Gebäude an einen neuen Ort.
V Rising lässt sich entweder komplett im Solomodus bezwingen oder man entscheidet sich für den PvP- oder PvE-Multiplayer und zieht mit mehreren Freuden in die Schlacht.
Fazit:
Ich bin weder grosser Fan von gnadenlosen Survival Games, noch stehe ich besonders auf Bau-Simulationen und ewige Farmerei. Trotzdem habe ich mich an V Rising versucht. Mit dem Action Teil kam ich problemlos klar. Tolle Umgebung, interessante Bosskämpfe und ein motivierendes Zaubersystem weckten meinen Entdeckungsdrang. Doch das frohe Herumstreifen nahm ein jähes Ende, als ich nur der Main Story weiter folgen wollte, wenn ich mir zuerst ein Schloss mit allen nötigen Schnickschnack zusammenzimmern muss. Also, Holzhacken und Steine scheffeln. Richtig nervig wurde es dann, als ich zum zehnten Mal Item X für das nächste Upgrade erstellen musste, mir aber irgendein Holzprodukt oder Edelsteinstaub fehlte und ich den dann irgendwie mühsam zusammensuchen musste. Ab diesem Zeitpunkt fand ich auch, dass der Action-Aspekt zu stark in den Hintergrund gedrängt wurde und mir auf Gedeih und Verderb der Building-Aspekt aufgezwungen wird. Klar, das ganze Spiel dreht sich mindestens zur Hälfte ums Herstellen und Bauen, aber für mich persönlich kann ich dem ganzen wenig abgewinnen. Ich hätte mir einen separaten Modus, der nur auf das Kämpfen und Erforschen ausgelegt ist, gewünscht, denn die optische Präsentation ist Klasse, die Gegneranimation auf sehr hohem Niveau und besonders das V-Blood System fand ich eine kreative Lösung, um unnötige Marker zu ersetzen. Das Ganze hin und her wurde mir aber dann doch zu bunt. Hinzu kommen noch ein halbes Dutzend andere Dinge, wie Sonnenlicht, Blutzufuhr, zu lange Cooldowns, Ausrüstungsabnützung, Material Produktion, diverse Options- und Untermenüs, und das ewige Grinden nach Ressourcen. Ich will hier V Rising absolut nicht schlecht reden. Nur wurde ich auch diesmal mit dem eigenwilligen Genremix nicht ganz warm. Freunde von R.U.S.T. oder Valheim werden aber sicherlich mit Freude Stunden darin versenken.
V Rising ist für PC und PlayStation 5 erhältlich. Wir haben uns das Spiel auf der PS5 angesehen. Das Test-Muster stammt von Stunlock Studios, wofür wir uns herzlich bedanken!
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