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AutorenbildSascha Böhme

The(G)net Review: Trek to Yomi

Es ist wichtig, ein Gleichgewicht zu haben. Jeder weiss es - vom Industriedesigner über Köche bis hin zu Künstlern. Auch die alten Samurai in Trek to Yomi wissen das, denn die Suche nach dem Gleichgewicht ist der wichtigste Punkt der Geschichte. Die Entwickler selbst scheinen von diesem Mantra nichts wissen zu wollen.


Trek to Yomi Test Review Testbericht Xbox Playstation

Das Schicksal war Hiroki seit seiner frühen Kindheit nicht wohlgesonnen. In einer Zeit, in der Jugendliche sorglos Schmetterlingen auf den Feldern nachjagen, über Bäche springen und auf Bäume klettern, musste unser junger Held schon früh zur Waffe greifen. Als sein Dorf von Plünderern angegriffen wird, muss er am eigenen Leib erfahren wie es ist, das Leben eines Menschen jäh zu beenden. Und die brennenden Dächer der heimischen Siedlung, die Silhouetten der Vergewaltiger und die Strassen voller Bauern, die ohne Gnade abgeschlachtet wurden, sind auch keine Szene, die man leicht vergisst. Was kann aus so einem jungen Mann werden? Ein Samurai, natürlich!


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Hiroki ist entschlossen, engagiert und weiss, was passieren kann, wenn er nicht ständig auf der Hut ist. Doch die Geschichte droht sich zu wiederholen und der Versuch, dies zu verhindern, verläuft nicht wie geplant. Schon bald findet sich unser Ronin gegen seinen Willen im Reich der Toten wieder. Wer jetzt erwartet, dass die Reise in die shintoistische Unterwelt eine Art Metapher ist, die auf die Zerbrechlichkeit des Lebens hinweist, wird eines Besseren belehrt. Ehrlich gesagt ist die Geschichte nicht sonderlich originell. Die zentralen Themen werden praktisch jedem Fan der Thematik oder von Samurai-Filmen bekannt sein, aber das war offensichtlich die kreative Absicht.


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Als Mehrwert und Anreiz für alle Japanophilen unter uns muss man die brillante japanischen Vertonung hervorheben. Hiroki spricht in schönem Samurai-Keigo, genau wie man es erwarten würde, während der Räuberpöbel seinerseits in ungehobeltem Chūgoku durch die Gegend brüllt. Der ohrenbetäubende Kontrast zwischen den beiden Höflichkeitsstufen verdeutlicht auf wunderbare Weise den Unterschied der sozialen Klassen in dieser turbulenten, japanischen Zeit Epoche.


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Die Inspiration durch die Arbeit des berühmten japanischen Regisseurs Akira Kurosawa wurde von den Machern von Anfang an offen dargelegt und, Hand aufs Herz, es war die einzig richtige Entscheidung für diese Art von Spiel. Besser hätte man die Stimmung nicht einfangen können. Audiovisuell ist Trek to Yomi einfach nur wunderschön, vom Set-Design, über die Komposition der traditionellen Musik, die Kameraführung, bis hin zur stimmungsvollen Beleuchtung. Das Spiel ist komplett in Schwarz-Weiss gehalten, und obwohl ich mich zugegebenermassen öfters beklagt habe, dass die malerischen Ausblicke auf die feudale japanische Landschaft vielleicht ein wenig mehr Farbe vertragen hätten, muss ich wiederum gestehen, dass Trek to Yomi als monochromes Ganzes von dieser seltsamen, leicht melancholischen Stimmung durchdrungen ist, die man mit einer farbenfrohen Szenerie einfach nicht hinkriegt.


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Eine fesselnde Atmosphäre ist eine Sache, aber auf praktischer Ebene kann der filmische Ansatz mit seinen fixen Kameraeinstellungen nicht ganz überzeugen. Klar, die Dramaturgie der festen Kamerapositionen, die alles dem Streben nach einer perfekten Einstellung unterordnet, hat ihre Daseinsberechtigung. Aber die häufigen Schnitte und Perspektivenwechsel sorgen regelmässig für Verwirrung. Ich habe mich öfters gefragt, wo ich eigentlich her komme und wo ich als nächstes hin muss. Es mag wie eine Lappalie klingen, aber es hilft der todernsten Reise nicht wirklich, wenn ein grübelnder Samurai an jeder zweiten Ecke dreimal gegen einen Zaun läuft, weil die Kamera einen dreifachen Salto macht und der Weg, der einst nach unten führte, plötzlich nach links geht.


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Wäre Trek to Yomi ein Film, wäre er einen Kinobesuch absolut wert. Segen und Fluch des gewählten Mediums ist seine Interaktivität, und so müssen in Videospielen Elemente in den Vordergrund treten, die bei Produktionen für die Leinwand keine Rolle spielen. Und genau hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Denn, wie in der Einleitung bereits angedeutet, ist Trek to Yomi zwar eine sehr hübsche Angelegenheit, aber eben leider spielerisch nicht besonders ausgeprägt.


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Ausser Kämpfen gibt es praktisch nichts zu tun. Ab und zu taucht ein primitives Umgebungsrätsel auf, das sich im Verlauf des Spiels noch zwei, drei, vier mal wiederholt. Das war's. Klingt erstmal gar nicht so schlimm, aber wenn das Kampfsystem derart simpel und repetitiv daher kommt, drückt das bei mir derb auf die Spassbremse. In der ersten Hälfte kann man praktisch jeden Gegner mit der immer gleichen 2er-Combo auf die Matte legen. Dabei könnten sich die verschiedenen Angriffssequenzen durchaus sehen lassen und bauen auf echtem Kenjutsu auf. Die Entwickler haben versucht, das Erlebnis mittels freischaltbarer Combos aufzupeppen und legten Hiroki sogar Shurikens, Pfeil und Bogen und eine Büchse ins Gepäck. Es ist nur so, dass die Balance nicht stimmt. Jede Herausforderung schwindet, wenn selbst auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad die immer gleichen Combos wunderbar funktionieren. Warum sollte ich mir die Mühe machen, etwas neues aus meinem Repertoire auszuprobieren? Selbst der Einsatz der Schusswaffen benötigt Zeit, die man oft gar nicht hat. Zudem ist die Munition derart rar, dass man lieber gleich auf sein Katana setzt.


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Und die Bosskämpfe? Die haben viel mit Glück zu tun und schwanken zwischen lustig, unfair und geradezu tragisch. Denn das Parry/Konter-System hat seine Schwächen bzw. ein extrem kurzes Zeitfenster und gerade bei grossen Brocken oder gepanzerten Gegnern ist Parieren und Kontern immens wichtig. Wenn das nicht immer klappt, kann das schonmal zu Frust führen. Wer sich auf dynamische Schwertkämpfe à la Ghost of Tsushima freut, wird sicherlich enttäuscht sein. Das hier ist eher Arcade-Kost.


Technisch gesehen hatte ich auf der Xbox Series X keine grösseren Probleme. Das Gameplay war fehlerfrei. Einzig gelegentliche und unverständliche Einbrüche der Bildrate sorgen für Stirnrunzeln. Nach rund 6 Stunden ist dann auch schon das Finale erreicht. Ein "New Game+" oder Chapter-Select gibt's nicht und wer auf seinem Durchgang eines der vielen versteckten Collectables verpasst hat, muss leider wieder ganz von vorne beginnen - und am besten einen YT-Guide bemühen.



Fazit:

Gebt den Mitarbeitern der Design- und Grafikabteilung eine Gehaltserhöhung! In Sachen Präsentation und Atmosphäre glänzt Flying Wild Hogs Trek to Yumi. Das Spiel im kinoreifen Kurosawa-Gewand ist auf Schritt und Tritt eine wahre Augenweide. Leider wird der Spass - und das tut mir persönlich im Herzen weh - durch ein repetitives und arg simples Kampfsystem getrübt. Ich hätte gerne schönere Worte verwendet, aber Trek to Yomi ist ein klassischer Fall vom Triumph der Form über den Inhalt. Motiviert zum Weiterspielen hat mich eigentlich nur die Grafik. Falls ihr die Prioritäten ähnlich ansetzt wie die Entwickler und das Aussehen für euch an erster Stelle steht, dürft ihr euch das Samurai Abenteuer gerne antun. Schlecht ist es nicht. Für alle anderen gibt's mit Dead Cells, Salt and Sanctuary, Sundered oder Blasphemous ähnliche und inhaltlich bessere Alternativen.



Wir haben Trek to Yomi auf Xbox Series X getestet. Ein Test-Muster brauchten wir nicht, da das Spiel zur Zeit im Xbox Game Pass enthalten ist. Ihr könnt es aber auch für PS4/5 und PC (digital) käuflich erwerben. Eine Switch Version ist laut Entwicklern in Vorbereitung.


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