Eines der am meisten gepriesenen RPGs der letzten Jahre schafft nach beinahe einem Jahr doch noch den Sprung vom PC auf die Xbox 360. Mit The Witcher 2 erhalten alle Konsolenbesitzer also die Chance, diesen Leckerbissen nachzuholen. Ob dem polnischen Entwickler, CD Projekt Red, dieser Port gelungen ist und ob das Spiel auch nach einem Jahr noch zu überzeugen vermag, lest ihr in unserem Review.
In Witcher 2 gibt es Elfen, Zwerge, Magie und Mysterien zu sehen. Ein Fantasyspiel also. Doch diese Fantasie-Auslegung ist ungleich mit so manchem das wir uns gewohnt sind. Das Spiel besitzt eine Art Reife, einen seriösen Ton, wie es ihn in den meisten Konkurrenzprodukten nicht zu erleben gibt. Diese Erzählung ist eindeutig an ein erwachsenes Publikum gerichtet und zwar nicht nur wegen der Gewalt und dem Sex, sondern viel mehr wegen den glaubhaften Konflikten und der Nähe zu der rauen Zeit des Mittelalters. Hier gibt es keine bezaubernden Prinzessinnen zu retten, keine freundlichen Elfen, die euch mit Zaubersprüchen helfen und keine Marmorpaläste mit Alabastersäulen. The Witcher 2 wirkt trotz des Fantasysettings echt und verschönt nichts. Es besteht eine konstante Spannung zwischen den verschiedenen Rassen. Tod und Verrat lauern hinter jeder Ecke und anstatt Palästen gibt es nackte Steinbauten oder verfallene Häuser zu sehen. Die Bewohner dieses Königreiches sind keine seelenlosen NPC’s die den ganzen Tag mit einem seligen Grinsen hin und her laufen, es sind Individuen, die alle ihren eigenen Kampf ums Überleben bestreiten.
Im Abenteuer, welches euch erwartet, schlüpft ihr dabei in die Rolle Geralts von Rivia, des Witchers. Geralt ist alles andere als ein Held, hat Gedächtnisschwierigkeiten und eine Schwäche für Frauen. Obwohl er sich aus allen politischen Angelegenheiten heraushalten will, wird er nach einer Serie von Königsmorden in eine komplexe Situation hineingezogen, die ihn zum Kriminellen erklären. Langsam holt ihn seine Vergangenheit wieder ein. Ähnlich wie die Game of Thrones TV-Serie basiert die Witcher-Serie auf einer Reihe von Romanen, mit welchen die bereits erfolgreichen Geschichten in neuem Gewand erzählt werden. The Witcher 2 versetzt euch inmitten dieser Welt und erweitert sie dank des interaktiven Mediums des Videospiels.
Seit des Releases Im Mai letzten Jahres hat The Witcher 2 einige neidische Blicke der Konsolengemeinde auf sich gezogen. Die Enhanced Version soll dem nun aber ein Ende bereiten. Das ganze Spiel wurde neu aufbereitet und perfekt auf das Xbox 360 Pad angepasst. Es wurden sogar zusätzliche 4 Stunden Gameplay in Form von Sidequests integriert. CD Projekt Red muss ein grosses Kompliment gemacht werden für diese Portierung, denn sie haben es geschafft, ein grossartig aussehendes Spiel mit minimalen Einbussen auf eine 6 Jahre alte Konsole zu versetzen. Trotz Kürzungen im grafischen Bereich gehört das Spiel zu den schönsten, die es auf Microsofts Kiste zu sehen gibt. Wer die Option hat, das Spiel auf dem PC geniessen zu können, sollte sich aber für diese entscheiden. Insbesondere die Farben und die Licht- und Nebeleffekte schneiden auf einem leistungsfähigen Computer bedeutend besser ab.
Die beeindruckende Geschichte wird begleitet von einem passenden und einzigartigen Kampfsystem. Im Zentrum des Kampfgeschehens steht vor allem die Vorbereitung, denn wer unbedacht in eine Schlacht hineinrennt verliert den Kopf mindestens genau so schnell wie in From Softwares 'Dark Souls'. Ohne euren Körper vorher mit Kräutern zu dopen, euer Schwert mit verstärkenden Ölen einzureiben und helfende Items wie Fallen und Wurfmesser euer Eigen zu nennen, wird euer Vorhaben nicht einmal auf der einfachsten Schwierigkeitsstufe gelingen. Nachdem man sich aber mit dem System angefreundet hat, wird man mit herausfordernden Schlachten und anschaulichen Finishing-Moves belohnt. Wie ihr einen Kampf angeht, liegt dabei allein bei euch. Entledigt euch eurer Gegner mit Zaubersprüchen, einem Schwerthieb oder einer gut platzierten Falle. Manchmal ist es auch weise, eine Niederlage einzugestehen und den Rückzug anzutreten.
Die Menüs werden am Anfang überladen und verwirrend wirken, doch nach einer guten Stunde geht das System in Fleisch und Blut über. Ein Tutorial, welches man in der ersten Version auf dem PC noch vergeblich suchte, erklärt alle Funktionen Schritt für Schritt. Ein Journal hilft ausserdem dabei euch über all eure aktiven Quests auf dem Laufenden zu halten und euch den richtigen Weg zu zeigen, welchen ihr natürlich frei wählen könnt.
Neben der Hauptstory gibt es unzählige Sidequests zu entdecken. Von Geistergeschichten, vermissten Personen bis hin zu Kopfgeldjagden gibt es viel zu sehen. Verbringt genug Zeit in Tavernen und ihr werdet euch vor Sidequests kaum retten können. Diese Nebengeschichten wurden mit der selben Sorgfalt geschrieben und können mindestens genau so überzeugen wie die der Hauptplot. Dadurch, dass diesen Ablenkungen so viel Aufmerksamkeit geschenkt wurde, bekommt man das Gefühl, dass Geralts Entscheidungen wirklich zählen. The Witcher 2 verzichtet auf das oft angewendete Moralsystem und lässt den Spieler viel mehr darüber im Dunkeln tappen ob seine Entscheidungen gut oder böse waren. Euer Verhalten kann sogar das ganze Aussehen der Welt im zweiten Teil des Spiels verändern, was heisst, dass ihr das Spiel mindestens zwei Mal durchspielen müsst, um alle Szenarien zu Gesicht zu bekommen.
Fazit:
Der PC-Hit konnte für die Konsolenwelt emuliert werden. Auch noch nach einem Jahr kann The Witcher 2 auf ganzer Linie beeindrucken, ja sogar einige Standards setzen. Im Gegensatz zu den allermeisten Games ist an CD Projekt Reds Meisterwerk mehr als nur die Altersklassierung Erwachsen. Das Setting und die überzeugende Erzählung dieses Epos bringen frischen Wind in die verkitschte Welt der Fantasyspiele und verhelfen dem überpubertierenden Genre mit einer gehörigen Hormonspritze in eine neue Phase der Entwicklung. Wer Videospiele liebt, kommt an The Witcher 2 nicht vorbei. Das Schlussfazit reimt sich sogar, dieser Fall ist also klar.
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