Einer geht noch! 2022 ist das Jahr der Soulsborne-Games. The Last Oricru gehört auch dazu. Diesmal betreuen wir Silver, einen abgestürzten Raumfahrer, der in einer mittelalterlichen Welt namens Wardenia aufwacht.
Kaum wieder auf den Beinen, plündern wir zuerst die nebenan liegende Waffenkammer und wappnen uns mit Schild und Schwert. Silver steuert sich kaum anders als bei den From Software Titeln. Zwei unterschiedliche Schlagstärken, Block, Specialmove, Gesundheitstrank, Rennen, Hüpfen und natürlich Rollen bis der Staminameter aufgebraucht ist. Nur auf Sekundäritems wie Bomben, Wurfmesser oder Molotovs müssen wir hier verzichten, dafür verfügt ein Vielzahl an Waffen über Extramagie, die uns entweder mit Magieattacken versorgt oder unserem Kriegsgerät einen Elementarbuff wie Feuer, Eis oder Blitz verleiht.
Die ersten paar Fieslinge werden fachgerecht entsorgt, bevor wir uns mit den Checkpoint-Portalen anfreunden. Hier werden wir genregerecht geheilt, stärken unseren Charakter gegen Abgabe von eingesammelten Seelen im klassischen Action RPG-Stil und steigern unsere Schlagkraft, Ausdauer, Lebensenergie oder Magie. Haben wir genügen Materialien angehäuft, investieren wir diese in Waffenupgrades oder verstärken unsere Ausrüstung, die aus separater Kopfbedeckung, Oberteil, Hose und Schuhwerk besteht. Am Checkpoint können wir entweder auf den Splitscreen-KoOp wechseln oder online mit einem anderen Mitspieler zusammen das Monsterpack aufs Kreuz zu legen.
Die Soulslike Komponenten sind in The Last Oricru aber nur die halbe Miete. Denn in Wardenia treffen wir auf eine Vielzahl von Charakteren. Insgesamt jonglieren wir mit drei unterschiedlichen Fraktionen herum, die nur ihre eigenen Interessen im Sinn haben. Entscheiden wir uns für eine Seite, hat dies nicht nur einschneidende Folgen für den Storybogen, sondern auch auf das Gameplay. Kooperieren wir z.B. mit den Rattenmenschen, werden wir bei einem Aufeinandertreffen von ihren Angriffen verschont, müssen uns aber dafür vor der königlichen Garde in Acht nehmen. Egal wie wir uns entscheiden, es gibt kein Richtig oder Falsch. Im Optionsmenu kann genau nachverfolgt werden, wie gut oder schlecht unsere Beziehungen zu den unterschiedlichen Parteien ausfällt.
Im übersichtlichen Inventarmenu vergleichen wir Waffen und wichtige Items, wechseln unsere Garderobe oder passen sie an und informieren uns über die Haupt- und Nebenmissionen. Die einzelnen Abschnitte sind zwar durch unterschiedliche Themen wie Kanalisation, Küste, Burg und sogar Raumschiff separiert, verbinden sich jedoch stets mit mindestens einem anderen Level. Eine Schnellreiseoption gibt es nicht. Nach der bekannten Formel knüppeln wir ein paar Standardheinis nieder, schalten Shortcuts frei, plündern Schatzkisten und meistern die eine oder andere Hüpfpassage, bevor der Levelboss mit obligatorischer Riesenleiste ins Geschehen kracht. Haut uns ein Spitzbube ins Jenseits, verlieren wir sämtliche Seelen. Schaffen wir es nach der Wiederbelebung unbehelligt an den Todespunkt, werden die wertvollen Devisen wieder eingesackt.
Nebst Seelen und Items, hinterlässt uns das gefallenes Gesocks auch immer ein paar Goldtaler, die wir bei unterschiedlichen Händlern im Stadtlevel verjubeln. Hier kaufen wir neue Schwerter, Schilde, Speere, Beile, magische Zepter und allerlei Bekleidung oder verhökern unnötige Gegenstände gegen Bares. Aber aufgepasst, auch hier kann es vorkommen, dass Story bedingt der NPC-Händler ins Gras beisst. The Last of Oricru dauert im Durchschnitt etwas 10 Stunden, wobei die interessante Multistory Option zum mehrmaligen Komplettieren einlädt. Neuzugängen empfehlen wir den seichten Story Mode, für Veteranen bietet der Dark Mode dank schnelleren Gegneranimationen und erheblich mehr Schaden eine bessere Herausforderung.
Fazit:
Man muss aufpassen, was man sich wünscht. Vor ein paar Jahren bin ich noch jedem Dark Souls Klon nachgehechelt und konnte nicht genug kriegen. Doch 2022 zeigen sich langsam deutliche Abnutzungserscheinungen. Anzeichen einer Soulskrise? Da mittlerweile jeder und seine Hauskatze auf den lukrativen Zug aufgesprungen sind, wird das Genre mit schäbigen bis mittelmässigen Titeln zugemüllt. The Last Oricru fällt leider ebenfalls in letztere Kategorie. Anfänglich war ich noch guten Mutes, musste aber schnell erkennen, das hier mehr Fassade als Substanz vorliegt. Bis auf das aufgeräumte Inventarmenu und die Multistory Option blieb nicht viel hängen. Ich bin nicht mal sicher, ob jemand das Spiel auf Herz und Nieren getestet hat, bevor die finale Version raus ging. Denn ich hatte die ganze Bandbreite an Bugs, von Hängenbleiben in der Architektur, katastrophalen Hitboxen, aussetzender KI, Grafikglitches, gelegentlichen Rucklern und versetzem Nachladen der Grafik, abgeschmeckt mit einem Softwareabsturz.
Dies ist nur die technische Seite, im spielerischen Bereich sieht es nicht besser aus. Warum liegt meine Staminabar mittig im unteren Drittel des Bildschirms? Eine völlig sinnfreie, wie auch unschöne Entscheidung. Einige Waffen verfügen - wie schon erwähnt - über elementare Zusätze. Leider hat die Grafikabteilung viel zu tief in den Effekttopf gegriffen. Das Ergebnis ist ein nervendes FX-Gewitter, welches die Übersicht in den Kämpfen extrem erschwert. Ich habe aus diesem Grund komplett auf die Buffs verzichtet. Dann die lieblose Präsentation der Bosse. Kündigt sich einer der Kanzler an, erscheint direkt über der Staminabar ein fetter, roter Endgegnerbalken, der direkt aus MS Paint stammen könnte. Extrem billig und vollkommen deplaziert! Genauso lahm wie die stets namenlose Boss Healthbar sind auch deren Attacken. Auch wenn sich mein Charakter animationstechnisch wie ein Schildkröte durch die Pampa schnetzelt, die Gegner sind zu 90% noch langsamer. Da wirkt selbst das erste Dark Souls wie auf Speed. Einige Obermotze konnte ich im ersten Durchgang ohne Gegenwehr auf die Matte legen. Soll ich mich noch über die lächerlichen und sehr limitierten Missionsbeschreibungen auslassen, die im Optionsmenu so klein geschrieben sind, dass ich mich bei meinem 55” TV bis auf 10cm nähern muss, damit ich die Minifonts überhaupt lesen kann? Eins muss ich aber doch noch los werden; Ich habe dieses Jahr noch kein so kaputtes und unfaires Endbosslevel gesehen. Hier vereint sich schwabbelige Programmierung mit unfairen Gegnern, Glitches und fragwürdigem Ablauf zum absoluten Desasterfinale.
Wir haben The Last Oricru auf PS5 getestet. Das Spiel ist auch für PS4, PC, Xbox One und Xbox Series erhältlich. Das Test-Muster stammt von Plaion, wofür wir uns herzlich bedanken!
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