Tales of Kenzera: ZAU ist inspiriert von der persönlichen Reise des Gründers der Surgent Studios und BAFTA-nominierten Schauspielers Abubakar Salim, der sich mit dem Verlust seines Vaters und ihrer tiefen gemeinsamen Verbundenheit durch Videospiele auseinandersetzt. Es ist aber durchaus mehr als nur eine Hommage an seinen Vater, sondern auch ein richtig gutes Metroidvania.
Wir beginnen unsere Reise mit Zuberi, einem jungen Mann in einer afrofuturistischen Stadt, der gerade die Geschichte des Schamanen Zau in einem Buch liest, das sein Vater ihm nach seinem Tod hinterlassen hat. Wenige Augenblicke später werden wir in die mythische Vergangenheit transportiert und beobachten, wie Zau vom Gott des Todes Kalunga verlangt, seinen gefallenen Vater wieder zum Leben zu erwecken. Kalunga ist aber nicht ein gewöhnlicher Sensenmann. Vielmehr ist er ein nüchterner älterer Herr, der Zau damit beauftragt, drei grossen Geister zur Ruhe zu bringen, um sich erst würdig zu erweisen. Dann würde er möglicherweise seinen Vater zurückbekommen. Also reisen wir mit Zau durch fantastische Biome, die von Wüsten über Dschungel, verlassene Minen bis hin zu Vulkanen reichen, während er und Gott Kalunga über den Sinn von Leben und Tod argumentieren.
Die Geschichte steht hier klar im Fokus. Es ist eine Reise der spirituellen Heilung und eine Lektion über die Macht, die einem unbeschreiblichen Verlust inne wohnt. Gesprochen wird Zau von Studio-Gründer Abubakar Salim persönlich, dessen Stimme ihr möglicherweise bereits aus der englischen Fassung von Assassin’s Creed Origins kennt. Das Spiel fängt Salims kenianische Wurzeln ein, wirft ein Licht auf die Bantu-Kultur und ist optional sogar komplett in Suaheli spielbar, der Sprache, die in weiten Teilen Ostafrikas gesprochen wird.
Dass hier moderne Metroidvanias wie Ori and the Will of the Wisps, oder genauer gesagt das neue Prince of Persia als Inspiration dienten, ist unverkennbar. Es hat die typischen weitläufigen Level, in die wir später auch zurückkehren, um weitere Geheimnisse zu entdecken, sobald wir neue Fähigkeiten freigeschaltet haben. Und es spielt sich ebenso rasant wie seine Vorlagen. Auch der Soundtrack ist speziell und wird vielerorts vom Original-Chor aus den Black Panther Filmen begleitet. So überrascht es nicht, dass selbst die Gegner einen kulturellen Hintergrund haben.
Tales of Kenzera: ZAU führt uns durch tückische, aber wunderschöne Ländereien, reich an Überlieferungen, Erinnerungen an uralte Bantu-Rituale, heiligen Geistern und faszinierenden Kreaturen. Es ist ein wildes und fesselndes Ökosystem mit vielen trickreichen Jump-n-Run Einlagen. Zum Glück geben die Masken der Sonne und des Mondes unserem Helden die nötige Agilität und Kraft, um die vielen Kampf- und Plattforming-Einlagen zu meistern. Wollen wir schnell unterwegs sein und die Gegner auf Distanz halten, kommt die Mond-Maske zum Einsatz. Mit ihr reflektieren wir feindliche Geschosse und schiessen selbst in alle Himmelsrichtungen. Die Sonnen-Maske hingegen steht für schwere Nahkampfangriffe und Combos. Der geschickte Wechsel beider Masken ist das primäre Gameplay-Element und wird nicht nur bei Bossen, sondern auch bei vereinzelten Standard-Gegnern zur Pflicht.
Genre-typisch gibt’s auch in Tales of Kenzera einen Skill-Tree, der jedoch nicht allzu umfangreich ausfällt. Sowohl der Sonnen- als auch der Mond-Pfad bieten je acht Fähigkeiten, für die man Schamanenpunkte benötigt, die wir im Normalfall durch das Verprügeln der Bösewichte erhalten oder in Orb-Form an versteckten Orten finden. Während der Kämpfe sammeln wir stets Ulogi-Energie, mit der wir uns auf Knopfdruck heilen oder gewaltige Spirit-Attacks vom Stapel lassen. Die „Supernova“ der Sonne beschwört einen Feuertornado herauf, während der „Lunar Blast“ des Mondes einen flächendeckenden Laser über den Bildschirm schickt, als wären wir Iron-Man persönlich.
Zau trägt zudem ein Amulet mit sich, das zu Beginn über nur einen Slot für sogenannte Trinkets verfügt. Diese erhalten wir nach erfolgreichem Abschluss der versteckten Jump-n-Run Challenges und bieten permanente Boosts wie z.B. Schutz gegen Projektile, verstärkte Angriffskraft und vieles mehr. Trinkets lassen sich aber nur an Workbenches ausrüsten oder wechseln. An speziellen Schreinen lernen wir neue Traversal- und Kampffähigkeiten, die den Standard Double-Jump und Dash ergänzen. Der grosse Speer beispielsweise ist nicht nur während der Kämpfe nützlich, sondern aktiviert auch entfernte Schalter, während die Zawadi-Hook uns via Ankerpunkten über Abgründe und Hindernisse katapultiert. Nur wer alle Schreine findet und damit alle geheimen Tools freischaltet, kann die weitläufen Levels zu 100% erkunden.
Jeder der vier Akte des Spiels steht für eine bestimmte Gefühlslage und wir treffen jeweils auf eine bestimmte Person, die diese Gefühlslage repräsentiert. Das kann ein junges Mädchen sein, das hofft, die Seele ihrer Mutter zu erlösen, ein erschöpfter Krieger, der versucht, seinen vermissten Sohn zu finden, oder eine kränkelte Schamanin, die vergeblich nach den Zutaten für ein heilendes Tonikum sucht. Natürlich helfen wir diesen Menschen, was stets in einem eindrucksvollen Bosskampf endet. Auf seiner Reise steht Zau dabei immer wieder im Clinch mit Todesgott Kalunga und widersetzt sich seinen Weisheiten. Er versucht stets die Dinge auf seine Weise zu erledigen, was zwar oft funktioniert, aber selten so, wie man es erwartet. Viele humorvolle Dialoge sind das Resultat.
Technisch ist Zau gelungen. Die von mir gespielte Xbox Series X Version lief mit konstanten 60 fps im Performance Mode und sah im 30 fps Quality-Mode stellenweise fantastisch aus. Ein Kritikpunkt ist die etwas ungenaue Kollisionsabfrage. Ich bin an den vielen One-Hit-Kill Stacheln tausend Tode gestorben und hatte stets das Gefühl, diese gar nicht berührt zu haben. Schwer ist das Spiel aber nicht, dank des optionalen "Relaxed-Mode". Spätestens zum Schluss wird das ansonsten faire Checkpoint-System aber gerne fragwürdig, was mich ebenfalls einige Nerven gekostet hat. Nach rund 8 Stunden ist die Main-Quest dann erledigt. Dank der eher kurzen Spieldauer wurde es dafür nie langweilig. Im Endgame darf dann noch nach Secrets und Sammelkram gesucht werden, was die Spielzeit nochmal um 1-2 Stunden verlängert.
Fazit:
Tales of Kenzera: Zau ist eines der wenigen Spiele, die ein gelungenes Gleichgewicht zwischen exzellentem Gameplay und einer packenden Erzählung finden. Bei den meisten Videospielen dieser Art ist die Story mehr Mittel zum Zweck. Ein Zusatz, der im Wesentlichen unwichtig erscheint. Hier hat mich die Geschichte besonders gefesselt und dazu gebracht, über Dinge wie die Last des Lebens und des Todes oder den Verlust eines geliebten Menschen nachzudenken. Es war eine emotionale Reise, da auch ich vor nicht allzu langer Zeit meinen Vater verloren habe. So hat mich das Spiel auf eine sehr persönliche und denkwürdige Art und Weise abgeholt. Und auch wenn das Gameplay fetzt und die Grafik gefällt, ist es lange nicht so innovativ wie andere Metroidvanias. Trotzdem werde ich mich gerade der Geschichte wegen wohl noch lange an dieses Spiel erinnern.
Tales of Kenzera: TAU gibt's als Download für PlayStation 5, Xbox Series X|S, Nintendo Switch und PC über Steam, den Epic Games Store. Wir haben uns das Spiel auf der Xbox Series X angesehen. Das Test-Muster stammt von EA, wofür wir uns herzlich bedanken!
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