Egal ob ihr jetzt den Look des neuesten Wachowski Brothers Films "Speed Racer" nun mögt oder nicht müsst ihr zugeben, dass er einfach Style hat. Sidhe Interactive macht sich diesen Style zu Nutze und bastelt daraus einen frechen F-Zero Klon für Nintendo Wii.
Der neueste Film von den berühmten Matrix-Regisseuren ist voller psychodelischer Pastellfarben, flickernd-flashigen Effekten, wahnwitzigen Drifts und todesmutigen Sprüngen (irgendwo soll sich gerüchtehalber sogar eine Story verstecken). Die visuelle Präsentation ist dermassen "CGI", dass Movie-Kritiker den Streifen bereits als "Videospiel in Filmform" bezeichnen und so erstaunt es nicht, dass Warner Bros Interactive rechtzeitig zum Kino-Start mit einem echten Game aufwartet.
Filmumsetzungen sind ja erfahrungsgemäss eher von minderer Qualität (da die Film-Lizenz mehr Kohle verschlingt als die eigentliche Entwicklung des Spiels), aber Speed Racer beweist, dass es ab und zu auch anders geht. Das Flair und der spezielle Style der Filmvorlage wurden in ein paar spassbringende Gameplaymechaniken eingebettet. Das Resultat ist besser als erwartet, jedoch nicht perfekt, dank schwacher Gegner KI und repetitivem Kurs-Design. Ihr fetzt mit 300 km/h und zusammen mit 19 Gegnern über die schwer einzuschätzenden, wahnwitzig angelegten Rennstrecken mit ihren Loop-de-Loops, Corkscrews und Mega-Sprüngen.
Die überzeichnete, comichafte Präsentation entspricht exakt der Filmvorlage. Das Endresultat ist ein überschneller Wii-Racer im Stile eines Wipeout, der stellenweise die Lichtgeschwindigkeit eines F-Zero GX erreicht. Die Action läuft flüssig in 480p und im 16:9 Format, was Besitzer eines HD-TVs freuen wird. Die Kontrollen in Speed Racer sind denkbar einfach und wie in jedem anderen Wii-Racer auch: Ihr haltet die Wiimote seitwärts, wie in Mario Kart oder Excite Trucks. Im Tutorial empfiehlt man euch sogar die Verwendung des neuen Wii-Wheels. High-Speed Rennspiele mit der Wiimote zu steuern ist nach meiner Erfahrung nicht die beste Methode, da die Accelerometer-Eingabe gegenüber des Analog-Sticks weniger genau und etwas zeitverzögert ist.
Entwickler Sidhe hat diesem Umstand jedoch Rechnung getragen und das Strecken-Design bzw. Wagen-Handling entsprechend angepasst. Eure Wagen lenken automatisch in Kurven ein. Viele von euch werden diese Hilfe aber nicht merken. Sie wurde perfekt implementiert und stört das Fahrgefühl nicht im geringsten. Wie im Film könnt ihr euch gegen andere Gegner auf der Strecke zur Wehr setzen. Dies mit dem sogenannten "Car-Fu", sprich Rempler, Spin-Outs, Hyper-Spins, Smack Downs und so weiter und so fort. Während ihr fehlerfrei über die Strecke braust und springt, lädt sich eure 4-stufige Boost-Power auf. Drückt ihr direkt hinter einem Gegner auf den Boost-Button, rammt ihr diesen in einer coolen Slow-Motion Szene von der Strecke. Solltet ihr geduldig sein und alle 4 Boost-Kammern laden und dann auf einmal zünden, bekommt ihr eine tolle Light-Show zu Gesicht, die wohl so manchen Epileptiker ins Frühkoma werfen wird. Ihr könnt dem Gegner auch aufs Dach springen, was ihn drehend von der Strecke haut. Sogar "Strafe"-Manöver sind möglich (Shunts), welche die Boost Power schneller aufladen.
Die Shunts werden durch Rütteln der Wiimote ausgeführt. Unter dem Strich spielt sich Speed Racer sehr anständig. Das Spiel hat aber auch seine Fehler. Im Film spielt beispielsweise das Driften eine wichtige Rolle, nicht so im Game. Driften im Spiel sieht zwar super aus, bremst aber ab. WTF!? Die Framerate liegt zudem "nur" bei 30 Frames und nicht wie beim Genre-Kollegen F-Zero GX bei 60. Das ist zwar nicht weiter schlimm, nimmt aber etwas vom Speedfeeling.
Die grössten Mankos sind aber die mangelnde Abwechslung, da zu wenig Rennstrecken und die äusserst kurze Spieldauer. Der Single-Player Modus mit seinen 3 Geschwindigkeits-Klassen ist im Nu vorbei. Man sollte meinen, dass beim Durchspielen der einzelnen Klassen neue Strecken freigeschalten werden. Fehlanzeige. Ihr seht die gleichen Tracks immer und immer wieder, was der Motivation vorwärts zu kommen weniger zuträglich ist. Und dann wäre da noch die Gegner-KI, die sich wohl eine Scheibe von Mario Kart abgeschnitten hat, Stichwort "Rubberbanding". Egal wie gut ihr spielt, egal ob ihr 4 Boosts nacheinander zündet und für 30 Sekunden im Höllentempo über die Bahn fetzt, am Ende kleben euch die Gegner trotzdem wieder am Arsch. Schlimmstenfalls werdet ihr dann gleich von der Strecke gerammt. Ein Rückspiegel oder eine Anzeige, wo sich die Gegner hinter euch befinden, fehlt nämlich und gerade das wäre in solchen Situation sehr hilfreich. Apropos "fehlt": Online-Modi gibt es keine. Ihr dürft aber zumindest mit einem Freund im Split-Screen Modus ran.
Fazit:
Abseits des "Car-Fu" versucht Speed Racer nichts neues. Speed und Racing heisst die Devise, nicht mehr und nicht weniger. Das ist soweit auch okay und macht stellenweise sogar richtig Spass. Die Präsentation stimmt, die Grafik ist mehr oder weniger okay, so wie auch die Kontrollen. Mangels Abwechslung, Unlockables und dank nervigem Rubberbanding schafft es Speed Racer jedoch nicht in die Oberliga der Wii-Rennspiele. Fans des Films oder der Comic-Vorlage schauen mal rein, alle anderen werden wohl sagen: "Nice try, but try again..."
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