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The(G)net Review: South of Midnight

Aktualisiert: vor 3 Tagen

South of Midnight reiht sich in eine kleine, aber markante Werkschau von Compulsion Games ein – einem Studio, das sich seit jeher durch künstlerischen Mut und unkonventionelle Spielideen auszeichnet. Mit dem vorliegenden Action-Adventure bleiben sie ihrer Linie treu.


South of Midnight Test, Review, Testbericht für Xbox Series X.

Ihr Debut feierte das kanadische Team 2013 mit dem charmanten Puzzle-Platformer Contrast, der mit Licht- und Schattenmechaniken sowie einem 1920er Jahre Art-Déco-Stil begeisterte. Spielerisch war das noch eher simpel, zeigte aber schon früh den Hang des Studios zu visuellem Stilbewusstsein. 2018 erregte Compulsion mit We Happy Few schon mehr Aufmerksamkeit. Die Mischung aus Survival-Mechaniken, bizarrer Gesellschaftskritik und einem sehr speziellen Art-Design war gleichermassen faszinierend wie polarisierend. Mit South of Midnight zeigen die Entwickler nun, dass sie ihren unverkennbaren Stil weiterentwickelt haben – weg von experimentellen Systemen, hin zu einem fokussierteren Erlebnis, das dennoch ihre kreative DNA trägt.


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In South of Midnight schlüpfen wir in die Rolle von Hazel Flood, einer jungen Frau, deren Leben sich nach einem zerstörerischen Hurrikan radikal verändert. Auf der Suche nach ihrer vermissten Mutter wird Hazel in eine surreale, mystische Version der amerikanischen Südstaaten katapultiert. Diese Parallelwelt ist durchzogen von alten Mythen, lebenden Schatten und Kreaturen aus der lokalen Folklore – etwa dem legendären Two-Toed Tom oder die geisterhafte Huggin’ Molly.


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Die Geschichte bewegt sich fernab von typischen Heldenreisen. Hazel entdeckt, dass sie eine "Weaver" ist – eine Art spirituelle Heilerin, die in der Lage ist, sogenannte "Stigmas" zu bereinigen, Manifestationen psychischer Traumata und kultureller Narben. Oft sind das Metaphern für Themen wie familiäre Schuld, Verlust und das Erbe einer von Leid geprägten Gesellschaft. Entsprechend surreal sind das Gegner-Design und die Spielewelt. Die introspektive Story greift gern und mutig immer wieder gesellschaftskritische Themen auf, die zum Nachdenken anregen sollen, was mitunter auch gelingt.


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Als Weaver hat Hazel eine ganz besondere Fähigkeit. Sie kann verlorene, verschwundene oder zerstörte Gegenstände zurückbringen. Das hat natürlich direkten Einfluss auf die Art und Weise, wie wir uns durch die Spielewelt bewegen. Es wird Situationen geben, in denen wir nicht auf natürliche Weise an unser Ziel gelangen. Dann erschaffen wir mit unseren Kräften Elemente wie Schubkarren, mit deren Hilfe wir unerreichbare Höhen erklimmen, oder wir bauen Brücken wieder auf, die zuvor zerstört wurden. Schade, dass man aus dieser Prämisse nicht mehr gemacht hat. Die Puzzles benötigen keinerlei Grips und die Lösungen werden einem stets auf dem Silbertablett serviert. Das ist zwar sehr zugänglich, aber eben auch nicht besonders interessant.


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Der eindrucksvollste Aspekt von South of Midnight ist die visuelle Gestaltung. Compulsion Games hat sich für einen ungewöhnlichen und sehr markanten Stil entschieden, der irgendwo zwischen Stop-Motion-Animation und Comic-Ästhetik liegt. Figuren bewegen sich mit einer leicht hakeligen, absichtlich "unperfekten" Animation, was ihnen eine puppenhafte Aura verleiht – ganz im Stil von Tim Burton. Die Spielwelt selbst erinnert visuell an die amerikanischen Südstaaten: verfallene Holzvillen, neblige Bayous, staubige Kleinstädte und verlassene Friedhöfe verschmelzen mit surrealen Elementen zu einer Welt, die gleichzeitig einladend und verstörend wirkt. Begleitet wird das Ganze von einem passenden Soundtrack aus Blues, Folk und Southern Gothic.


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Bei der Steuerung gibt sich South of Midnight funktional. Hazel lässt sich flüssig durch die Spielwelt bewegen, sei es zu Fuss, beim Klettern oder im Kampf. Das Gameplay setzt auf eine Mischung aus leichter Erkundung, noch leichteren Puzzles und nicht viel schwereren Scharmützeln, bei denen Hazels Fähigkeiten als Weaver eine zentrale Rolle spielen. In den Kämpfen lassen sich leichte und schwere Angriffe, Ausweichrollen, sowie die magischen Fähigkeiten intuitiv kombinieren, was öfters Raum für taktische Experimente lässt. Allerdings fehlt es dem Kampfsystem an Tiefe – wer einmal das Prinzip verstanden hat, wird selten überrascht oder wirklich herausgefordert.


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Neben dem Kanonenfutter sind es vor allem die Bosse, die einem in Erinnerung bleiben, auch wenn es davon nur wenige gibt. In jedem der 14 Kapitel durchläuft Hazel einzelne Zonen, die langsam die Geschichte eines Endbosses aufdecken. Dadurch kommt es vor dem grossen Showdown mit dem Obermotz stets zu einer emotionalen Bindung. Ist es dann soweit, wird nicht einfach wild draufgehauen, bis die Lebensleiste verschwunden ist. Stattdessen muss Hazel verheerende Schläge vermeiden, in engen Räumen arbeiten und einzigartige Mechaniken auslösen, um dann mit dem Austeilen zu beginnen. Es ist zwar kein neuer, aber ein willkommener Ansatz, der Stil und Substanz vereint.


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Ein besonderes Lob verdient die Audioperformance: Der Soundtrack, die räumliche Klanggestaltung und die Sprachausgabe – insbesondere Hazels Voice Acting – tragen erheblich zur Stimmung bei. Die Musik passt sich oft dynamisch dem Spielgeschehen an und unterstreicht emotionale Momente, wie eben Bosskämpfe, mit viel Fingerspitzengefühl.


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South of Midnight läuft auf der Xbox Series X weitgehend flüssig und zeigt, dass Compulsion Games neben dem Artstyle diesmal auch viel Wert auf den technischen Aspekt gelegt hat. Selbst in grafisch opulenten Szenen mit vielen Partikeleffekten oder hohem Gegneraufkommen bleibt das Spiel stabil bei 60 FPS. Ladezeiten sind angenehm kurz, vor allem wenn man die Schnellreisen oder Rücksetzpunkte nutzt. Kleine Schwächen zeigen sich gelegentlich bei der Kollisionsabfrage oder beim Streaming von Texturen. Insbesondere in weitläufigeren Gebieten kann es zu kurzen Nachladepausen oder flackernden Details kommen. Nichts davon ist allerdings gravierend. Die Kamera arbeitet grösstenteils zuverlässig, aber gelegentlich – vor allem in engen Räumen – gibt es kleinere Probleme mit der Übersicht.



Fazit:

Im Grunde ist South of Midnight ein klassisches Action-Abenteuer, wie man es heute fast nicht mehr zu sehen bekommt. Linear, oft vorhersehbar und mit seinen 10 Stunden Laufzeit durchaus überschaubar. Was es hingegen nicht ist, ist ein typisches Action-Adventure. Oft wirkt es eher wie ein Kunstprojekt mit erzählerischem Anspruch. Ich kann gar nicht genug betonen, wie gut das Spiel in Bewegung aussieht. Die Mischung aus emotionaler Story, aussergewöhnlichem Artstyle und einer atmosphärisch dichten Spielwelt machen es zu einem echten Erlebnis, das man so schnell nicht vergisst. Und das, obwohl spielerisch absolut keine Innovationen oder gar Anspruch geboten werden. Hätte man dem Gameplay genauso viel Aufmerksamkeit geschenkt, wie der grafischen Inszenierung und würden die Lösungen der Puzzles einem nicht stets auf dem Silbertablett serviert, wäre die Wertung höher ausgefallen. Trotzdem erklärt es sich von selbst, dass sich jeder Game Pass-Besitzer das Spiel auf seine HD holen sollte. Wenn es einen guten Grund für den Game Pass gibt, dann sind es genau solche Spiele wie South of Midnight.


South of Midnight Test, Review, Testbericht für Xbox Series X.

South of Midnight ist für PC und die Xbox Series X|S erschienen. Wir haben das Spiel auf der Xbox Series X gespielt. Ein Test-Muster haben wir zwar keines bekommen, aber das war dank Game Pass auch nicht nötig.


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