Wie weit darf ein Spiel gehen? Ist es für den Spielspass nötig, abgetrennte Körperteile zu zeigen? Ist es nötig, dass man einem bereits toten Gegner noch Arme und Beine abschiessen kann? Wir gehen der Sache in diesem Review auf den Grund.
In der Zeit der „Killerspiele“-Debatte ist es schon fragwürdig, wenn ein Publisher ein Spiel auf den Markt bringt, das die politischen Hypothesen unterstreicht statt widerlegt. Andererseits muss man sagen, wer keine abgetrennten Körperteile mag, muss sich Soldier of Fortune Payback auch nicht kaufen. Soldier of Fortune (SoF) 3 ist ein geradliniger, grafisch schöner, gewaltverherrlichender Ego-Shooter. Punkt. Ja aber, Moment! SoF hatte mit Teil eins und zwei doch grossen Erfolg? Ja, das stimmt. Allerdings wurden diese beiden Teile auch von RavenSoftware entwickelt (Jedi Knight, Hexen, Quake 4, Ghost Recon MP-Titel), was bei Payback nicht mehr der Fall ist (obwohl man munkelt, dass RavenSoftware anfänglich auch an SoF 3 mitgearbeitet hat).
Die slowakische Firma Cauldron hat sich der SoF Franchise angenommen. Keine schlechte Wahl, denn mit dem im März 2003 veröffentlichten Shooter Chaser ist Cauldron ein tolles Spiel gelungen, das auch von der Fachpresse gelobt wurde. Warum SoF 3 dennoch ein Griff in die Latrine ist, versuchen wir in diesem Review zu klären. Wo ist John Mullins? Über den Verbleib des mehr oder weniger sympathischen Söldners aus den alten SoF-Teilen ist nichts bekannt. Sein Nachfolger heisst John Mason. Er und sein Kollege Miller sollen einen Botschafter beschützen. Wie in jedem halbwegs spannenden Action-Film ist jedoch ein Überläufer im Team. Was genau passiert, wollen wir hier nicht verraten, obwohl die seichte Story sowieso nicht allzu viel Spielraum zum Spoilern lässt. Denn im Gegensatz zu den Vorgängern SoF 1 und SoF 2, hat SoF 3 eine wirklich uninteressante Geschichte in petto. Masons Charakter besitzt keinerlei Tiefgang und kann sowieso mit seiner übertriebenen Coolness nicht recht ernst genommen werden.
Charaktere ohne Tiefgang und nicht wirklich gute Story sind aber noch lange kein Grund, ein Spiel nicht zu mögen. Es gibt noch mehr, dass an Payback wirklich stört. Zum einen ist das Gameplay sehr linear und anspruchslos. Zum anderen ist da die KI. Es ist lange her, dass ich wirklich so blöde Gegner vor die Flinte bekommen hab. Sie stürmen vor, werden erschossen und die Kollegen in unmittelbarer Nähe bekommen davon nichts mit. Der einzige Lichtblick; Werft ihr eine Granate in die Richtung einer Schar Bösewichte, versuchen sie sich hinter Fässern zu verstecken... unglücklicherweise auch hinter explosiven Fässern. Nicht gerade die beste Wahl. Naja – vielleicht sind die Fässer etwas ungünstig gekennzeichnet. Ebenso nerven mich Gegner, auf die ich ein ganzes Magazin aus nächster Nähe verballere, ohne das etwas passiert. So etwas darf in einem aktuellen Spiel einfach nicht passieren. Hier hat die Qualitätssicherung eindeutig versagt.
Für viele wohl der wichtigste Punkt in einem SoF Game: Die Körpertrefferzonen. Ja, sie sind noch etwas detaillierter als in den Vorgängern. Den Kontrahenten können Arme, Beine und Köpfe (selbst mit schwachen Pistolen) weggeschossen werden, worauf die Getroffenen unter Schmerzenschreien in einer einzigen übermässigen Blutfontäne zu Boden stürzen. SoF 3 ist übermässig brutal und gehört auf keinen Fall in die Hände von Minderjährigen. Um das Ganze etwas zu rechtfertigen, hat man sich bei Gegnern die aktuell sehr beliebte „Terroristen-aus-dem-Osten“-Thematik zu Nutzen gemacht.
Dafür überrascht Soldier of Fortune – Payback mit einer tollen Optik. Klar, kommt auch SoF3 nicht an die Qualität eines Crysis heran, aber die Models und die Maps sehen wirklich toll aus. Leider trüben zuweilen derbe Ruckler und massig Tearing den guten optischen Eindruck. Die musikalische Untermalung ist auch nur mittelmässig. Wenn ihr aber aus einer AK ein paar Salven abgebt und über ein gutes Soundsystem verfügt, hat man schnell das Gefühl, sich auf einem Schiessstand zu befinden. In Sachen Sound-Effekte hat Cauldron wirklich gute Arbeit geleistet. Überhaupt haben mir die Realisierung der über 30 verschiedenen Wummen mitsamt "customizing" Option sehr gut gefallen.
Fazit:
Schade, schade. Die Optik ist zwar hübsch, aber ruckelt stark. Die Story ist zu seicht (und dank der Thematik zu Pro-amerikanisch), das Gameplay zu lasch. Selbst das Splatter-Ziel-Publikum wird so an SoF 3 wohl auch keine Freude haben. Und dann wären da noch die dümmlichen KI-Gegner, die sich gut und gerne mit dutzenden Kugeln vollpumpen lassen, bevor sie unter einem Regen von Blut das Zeitliche segnen. Absolute Shooter-Nerds können sich das Gemetzel mal ansehen. Allen anderen rate ich aber von einem Kauf ab.
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