Vor rund zwei Jahren haben wir uns schon einmal nach Hong Kong begeben, um dem lokalen Mafia-Gesindel - oder sollte ich besser sagen den 'Triaden' - das Handwerk zu legen. Jetzt tun wir dies ein weiteres Mal. Dieses Mal jedoch in 'scharf und HD'. Lohnt sich die Anschaffung erneut?
Wer es noch nicht getan hat, sollte sich zuerst unseren Testbericht der Xbox 360 Version von Sleeping Dogs zu Gemüte führen. Dort erfahrt ihr alles zur Story und den anderen, grundlegenden Dingen, auf die ich hier nicht mehr eingehen werde. Im Gegensatz zu 'Tomb Raider: Definitive Edition' wurde bei 'Sleeping Dogs Definitive Edition' nicht wirklich viel an der Optik gedreht. Natürlich sind Dinge wie Texturen, Auflösung, Licht- und Wettereffekte und dergleichen aufgehübscht worden, der Gesamteindruck ist aber nur geringfügig besser als vor zwei Jahren. Lara hat eine weitaus effektivere Schönheits-OP erhalten.
Wirklich glänzen kann Sleepings Dogs durch sein ungewöhnliches Setting. Hong Kong ist im Bereich Videospiele ein noch recht unverbrauchtes Szenario. Die Vielseitigkeit der Stadt, ihre besondere Atmosphäre und Scharm, die vielen unterschiedlichen Gegenden, seien es nun die mit dutzenden Neonschildern beleuchteten Märkte, hochmoderne Geschäftsviertel, dreckige Gassen mit zweideutigen 'Massage'-Angeboten oder traditionelle Tempelanlagen, das alles zieht mich persönlich sehr in seinen Bann. Kein Vergleich zu den US-Metropolen anderer Open World Games.
Eine weitere Stärke, die aus dem Original erhalten blieb, ist die Vielseitigkeit im Gameplay. So ist Wei Shen quasi eine Kopie von Bruce Lee und beherrscht Martial Arts wie kein Anderer. Das gelungene Kampfsystem erinnert an Batman, ist nur einiges brutaler. Wie zuvor sind einige der Angriffe, die man in Kombination mit der Umgebung ausführt, unverhältnismäßig brutal und blutig, was gerade für die Hauptfigur als Undercover Cop merkwürdig wirkt. Da werden Gegner schon mal an Fleischerhaken aufgehängt, in Brennöfen geworfen oder Gesicht voran in Ventilatoren gerammt. Zugleich sind die typischen Third Person Shooter-Anteile im Spiel nicht weniger brutal, glänzen aber immerhin durch eine sehr elegante Bullet Time-Mechanik. Die verschiedenen Gameplay Elemente wie Fahren, Kämpfen und Schiessen wechseln sich gut ab, was zusammen mit der motivierenden Geschichte tatsächlich dafür sorgt, dass weder die Nebenaktivitäten noch die Story Missionen schnell langweilig werden. Auch abseits des Hauptquests gibt es nämlich einiges zu tun: Polizeieinsätze, Autorennen, Fight Clubs und Glücksspiel zum Beispiel.
Sleeping Dogs bekam im ersten Jahr nach Erscheinen eine Fülle an DLC. Neben haufenweise Kostümen, die Wei Shen's Fähigkeiten in der einen oder anderen Weise verbesserten, sind vor allem die neuen Story-DLCs erwähnenswert. In 'Year of the Snake' gehen wir als Polizist auf Verbrecherjagd, was dem Hauptspiel sehr ähnlich ist. Im DLC 'Nightmare in North Point' versuchen wir eine Zombie-Apokalypse abzuwenden, was eine komplett neue Spielerfahrung ist, vor allem auch optisch. Alle diese DLCs sind jetzt in der Definitive Edition enthalten. Der Umfang dieses Komplettpakets ist dementsprechend enorm und hält euch locker 50 Stunden bei Laune.
Die vielen Pluspunkte sind also geblieben, leider aber auch die Minuspunkte. Weiterhin sind Amokläufe durch die Stadt quasi konsequenzlos und das obwohl die Polizei durchaus gewillt ist Shen für seine Verbrechen zu verfolgen - wenn sie dies denn überhaupt mal mitkriegen. Amokläufe auf dem Bürgersteig werden erst sehr spät von der Polizei geahndet, was bei einem ernsthaften Undercover Cop Drama unpassend wirkt. In direkten Missionen wird Wei Shen übrigens auch mit Abzügen an Cop Erfahrungspunkten bestraft falls er Unschuldige verletzt, außerhalb davon ist diese Regel aber aufgehoben. Darüber hinaus ist es unglaublich einfach der Polizei auch wieder zu entkommen. Ähnlich schlecht ist die künstliche Intelligenz der Bewohner. Selbst wenn man hintereinander fünf oder sechs Menschen mit der Pistole niederstreckt, stehen immer noch NPCs in Sichtweite in der Gegend herum als ob nichts passiert wäre.
Fazit:
Tolle Spiele die niemand gespielt hat; Sleeping Dogs gehörte schon vor zwei Jahren zu dieser Kategorie und das wird wohl auch in dieser Generation nicht anders, denn es erscheint wieder kurz vor dem Platzhirschen GTA. Das ist schade, denn Wei Shens Abenteuer gehört heute wie damals zu meinen liebsten Open World Games. Grund dafür ist zum Einen das unverbrauchte Setting. Hong Kong ist einfach eine wunderbare, scharmante Kulisse, die im Spiel toll umgesetzt wurde. Zum Anderen sagt mir das Kampfsystem zu. Hier wird nur selten geballert, dafür umso mehr gekämpft. Man fühlt sich wie Bruce Lee auf einem Rachefeldzug. Die 'Definitive Edition' bietet zudem sämtliche DLC Inhalte, hat somit einen enormen Umfang. Wer Sleeping Dogs verpasst hat, sollte es sich gönnen, auch wenn die optischen Verbesserung zum Original nur marginal sind.
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