Als Konami bestätigte, dass Silent Scope ohne irgendwelche zusätzliche Peripherie erscheinen würde, fragte sich alle Welt: “Wie soll das noch Spass machen!?” Gerade das geniale Sniper-Rifle, das mit einem Mini-LCD-Screen im Zielfernrohr aufwartete, war ja der Reiz am Spiel.
Silent Scope für Dreamcast wird ausschliesslich mit dem Joypad gespielt, wobei Ihr mit dem Analog-Stick und den beiden L/R-Triggern agiert. Standardmässig ist das Overlay-Fadenkreuz dauernd aktiviert, kann jedoch durch Drücken der L-Taste ausgeschaltet werden, was ein schnelleres Justieren ermöglicht. Der grosse Zoom-Auschnitt verperrt Euch sonst nämlich die Sicht. Wem der Analog-Stick nicht feinfühlig genug erscheint, kann zusätzlich noch mit dem Digi-Pad die ganz feinen Korrekturen durchführen. Jedoch hat man in der Hitze des Gefechtes käumlich Zeit ständig hin und her zu wechseln.
Mit R wird schliesslich gefeuert. Was soll man sagen, es macht tatsächlich Spass und geht recht flott und präzise von der Hand. Trotzdem vermisse ich irgendwas… Als Scharfschütze einer Spezial-Einheit müsst Ihr den eigenen Truppen unterstützend zur Seite zu stehen. Im Normalfall heisst das zielen, schiessen und verschwinden, bevor Euch jemand bemerkt hat. Wer zu lange fuchtelt wird getroffen und verliert wertvolle Lebensenergie, die man im Spiel durch “Spannen” wieder auffrischen kann. Ihr solltet immer Ausschau nach heissen Bräuten halten, die hinter den zahlreichen Fenstern Aerobic betreiben oder auf verschiedensten Dachterrassen ein Sonnenbad nehmen.
Konami’s eigene Peepshow, könnte man sagen. Allerdings hat man selten Zeit, den schmackhaften Anblick zu geniessen. Geschwindigkeit und Zielgenauigkeit heisst die Devise, was sich durch die hohen und effektvollen Boni bei schnellen, sauberen Kopfschüssen bemerkbar macht. Das bringt mit zum Thema Sex & Violance. Ihr wollt Blut sehen? Im Options-Menü darf der “Sex”- und “Gore”-Faktor nach belieben eingestellt werden (JP-Version). In Silent Scope ist wiedermal die Präsidenten-Tochter entführt worden und die gilt es zurückzubringen. Dieser Auftrag führt Euch durch eine Grossstadt, über den Highway und ein Football-Feld, zum Anwesen eines Gangsterbosses und sogar Nacht- und Air-Missionen sind dabei (Fallschirm, Helikopter).
Manche Level verzweigen sich und dann dürft Ihr Euch für zwei verschiedene Wege entscheiden, was vermutlich der Langzeitmotivation dienlich sein sollte. Allerdings ist das Spiel mit sechs Leveln trotzdem zu kurz geraten. Das Timelimit lässt ausserdem kein gemütliches Vorgehen zu und so werdet Ihr praktisch durch die Level gehetzt und dürft Euch nicht mal richtig an der guten Grafik erfreuen. Silent Scope’s Herkunft – die Spielhalle – merkt man ihm deutlich an, dort geht es nämlich um Zeit und Geld. Zum Glück hat sich Konami für alle DC-Jünger einen Trainings-Modus ausgedacht, wo Ihr auf verschiedenste bewegliche und unbewegliche Zielscheiben, oder Melonen schiessen müsst. Schlussendlich ist es dieser Trainings-Modus, der das Spiel länger am Leben hält. Ich glaube, dass ich diesen Modus fast mehr gespielt habe, als das eigentliche Game.
Tip: Schiesst auf die Waffen und nicht auf die “Menschen” selbst um die meisten Punkte zu machen. Grafisch wird Euch das ganze Qualitäts-Spektrum geboten. Die meisten “Menschen” und Maschinen wie Helikopter oder Flugzeuge gehen ok, während wiederrum diverse Texturen an Häusern oder in Gebäuden gerademal N64-Niveau erreichen. Trotzdem ist die DC-Version grafisch immernoch minim besser als das Original. Da ich erst letztens am Arcade-Treffen in Zürich war, konnte ich nebenbei Silent Scope 2 begutachten und selbst diese Version sieht optisch nicht gerade besser aus. Man kann mit dieser Konvertierung also wirklich zufrieden sein, auch wenn die Grafik keinen Innovationspreis gewinnt. Schlussendlich ist das Spiel schnell und flüssig, und das ist ja bekanntlich das Wichtigste. Vorallem die Endboss-Fights sind extrem gut gelungen und zusammen mit der stimmungsvollen Sound-Kulisse und realistischen Schuss-FX des Sniper-Rifle ist Silent Scope doch noch recht spassig.
Fazit:
Silent Scope ist eines dieser Spiele, die man nach einmaligem Beenden so gut wie gesehen hat. Zwar eine akurate Arcade-Umsetzung, der Story-Mode ist für Heim-Verhältnisse aber zu kurz und der Trainings-Mode zu wenig abwechslungsreich. So kann Konami’s Sniper-Festival, zumindest in der Heim-Version, nicht ganz in der oberen Liga mitspielen. Dazu fehlt einfach die Langzeitmotivation, ein 2-Player Mode, und... die Lightgun. Ohne Lightgun nimmt der Spielspass halt einfach ab. Daran kann auch der cool dreinblickende, schwarz gekleidete Herr mit Sonnenbrille auf dem Cover nichts ändern, der mich irgendwie an einen John Woo Movie erinnert, auf die ich ja normalweise stehe. Nur für absolute “Crosshair”-Fans.
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