Civilization; ein Name der sich in die Annalen der Computerspiele-History gebrannt hat, wie kaum eine andere Spiele-Serie der vergangenen Jahrzehnte. Der nunmehr (offiziell) sechste Teil steht sowohl beim Händler wie auch auf Steam zum Kauf bereit – ob sich der Kauf für Fans des Vorgängers lohnt?
Sid Meiers Civilization, mit Sicherheit ein Titel, der mich zu Schulzeiten die eine oder andere bessere Note gekostet hat. Mittags sollten die eigenen Städte noch mit Kornspeichern versehen werden, bevor es Nachmittags wieder zur Schule ging; selbstverständlich wurde es zeitlich immer knapp, dank der „nur-noch-diese-eine-Runde“ Mentalität, die Civ wie kein anderes Spiel vermittelt. Spät abends sollten die forschen und unangenehmen Russen mit den eigenen Panzern Bekanntschaft machen, selbst schuld, wenn uns Stalin kurzerhand den Krieg erklären musste. Und wieder sollte ein Tag mit deutlich zu wenig Schlaf folgen, da das Kriegstreiben doch länger dauerte, als man das geplant hat.
Die unterschiedlichen Civ-Versionen haben alle immer wieder zu Veränderungen, grösstenteils zu Verbesserungen des Spielprinzips geführt. Der direkte Vorgänger sorgte mit sechs-eckigen Feldern für Aufsehen bei den Fans, vorbei das gemütliche Städte-Bauen auf quadratischen Feldern – wie sich herausstellen sollte eine gelungene Veränderung. Teil sechs beunruhigte den einen oder anderen Serien-Anhänger im Vorfeld durch die Comic-Grafiken. Keiner wollte ein abgespecktes Civ-Revolution erhalten, wie das Konsolen-only Spieler in der vergangenen Generation zu Gesicht bekamen. Diese Angst war letztendlich unbegründet: Civ 6 ist nicht nur genau so komplex wie Teil fünf, es bietet gar noch mehr Raum, die eigenen Entwicklungen und Gebäude zu überdenken und hinterfragen.
Denn die Städte-Planung beansprucht deutlich mehr eigene (voraus) Planung, als das zuvor der Fall war. Nicht in jeder Stadt können alle Gebäude gebaut werden, bzw. nicht in jeder Stadt machen alle Gebäude Sinn. Ganz nach der landschaftlichen Umgebung der Stadt oder der bereits gebauten Verbesserungen, wird weiter gebaut. Zudem benötigen die Bauwerke begrenzt zur Verfügung stehende Städte-Felder, selbstverständlich beanspruchen auch Weltwunder eines der wertvollen Umgebungs-Felder. So überlegt man sich besser zweimal, wo was denn nun hingestellt werden soll und ob München denn nun wirklich eine Bibliothek oder die Hängenden Gärten benötigt.
Erfreulicherweise darf der expandier-freudige Herrscher wieder mit weniger Komplikationen gekoppelt das eigene Reich erweitern. Viele Städte führen nicht mehr im gleichen Masse zu Unzufriedenheit im Volk, wie das im Vorgänger bereits bei mittel grossen Staaten zu sehen war. Jede Stadt weist wieder ihre eigene Bevölkerungs-(Un-)Zufriedenheit aus; und das ist gut so. Immer noch erwarten die Bürger aber viel Kulturanteil oder verschiedene Luxusgüter in der Stadt; ansonsten treffen schon bald unzufriedene Barbaren in Stadtnähe auf. Die Info, dass die Stadt auf nahegelegene Einheiten feuern kann, wird übrigens weniger auffällig mittgeteilt, wodurch diese wichtige Option gerne mal vergessen gehen kann, wenn nebenher noch Krieg geführt wird.
Insgesamt bietet Civ 6 effektiv noch mehr Tiefgang und fordert ein Plus an Taktik. Und das, obschon die KI genau das Gegenteil vermuten lässt. Jene ist nämlich, auch nach erfolgtem Winter-Patch, nach wie vor wenig klug. Speziell im Umgang mit der eigenen Kriegsmaschinerie scheint die künstliche Intelligenz regelmässig überfordert. Einheiten werden oft nicht erneuert, ein erfolgsversprechender Zwei-Fronten-Krieg wird nicht geführt, weil sich die eine Nation schlicht nicht an die zuvor erklärte Kriegserklärung zu erinnern scheint und dargebotene Friedensverträge nach lange dauerndem Krieg werden kurz vor Einnahme der eigenen Stadt oft ohne Zögern angenommen. Auf höheren Schwierigkeitsgraden profitiert der Feind seit jeher von Rohstoff-Boni, das tut er auch im neusten Teil und wird dadurch speziell im Forschungs-Wettstreit zum unerbittlichen Gegner.
Selbstredend darf auch Civ 6 im Multiplayer Modus gespielt werden. Die selten kurzen Partien dürfen zwischengespeichert und wieder geladen werden, ansonsten wären die Mehrspieler-Besiedlungen auch kaum zu bewerkstelligen.
Fazit:
Zugegeben, es hat mich einige Zeit gekostet, mit Civ6 warm zu werden. Speziell die weitreichend anders zu behandelnden Stadtentwicklungen benötigen eine gewisse Einspiel-Zeit. Aber auch viele angepasste Kleinigkeiten ergeben im grossen Ganzen ein ungewohntes Spielgefühl, am Ende des Tages aber ein erfrischendes, positiveres Spielerlebnis. Firaxis hat an den Details gefeilt und das Spiel noch besser, möglicherweise sogar zum besten Runden-Strategie Spiel der letzten Jahre gemacht. Die Comic-Grafik ist Geschmackssache, aber überzeugt; zumal die Städte auf der Karte wieder deutlich an Detailreichtum gewonnen haben. Die Musik ist gar hervorragend und das Spielgefühl ist und bleibt so, wie man es von Civilization erwartet: Grossartig. Der einzige Wermutstropfen ist die schwache KI, die hoffentlich im nächsten grösseren Patch einen Intelligenz-Schub zugesprochen erhält.
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