Vietnam-Games scheinen verflucht zu sein. Es gibt sicherlich ein gutes Dutzend, aber keines davon ist wirklich gut. Nun versucht es Eidos und Team Rebellion mit Shellshock 2: Blood Trails ein weiteres mal und langen abermals in die Kloschüssel.
Letzte Woche noch hab ich Killzone 2 gespielt und war im siebten Himmel. Heute muss ich mich mit Shellshock 2 befassen und werde unweigerlich in die tiefsten Tiefen der Videospiel-Hölle gezogen. Der erste Teil - Shellshock Nam '67 - wurde vom damals noch unabhängigen Studio Guerilla Games programmiert, die später von Sony gekauft wurden und sich heute für die Killzone Spiele verantwortlich zeichnen. Shellshock 2 entstand daher bei Rebellion, die anno 99 mit den Aliens VS Predator Spielen Lorbeeren kassierten, sich aber später mit Spielen wie Sniper Elite oder Rogue Trooper nicht gerade mit Ruhm bekleckerten. Wenn ich daran denke, dass laut neuesten Meldungen nächstes Jahr ein Nachfolger von AvP erscheinen soll, der ebenfalls von Rebellion entwicklet wird, halte ich mir schon mal schaudernd die Hand vors Gesicht. Wenn das mal nur gut geht...
Dabei hört sich die Beschreibung von Shellshock 2: Blood Trails eigentlich gut an: Egoshooter Survival-Horror Mix im Setting von Vietnam, der auf psychologischen Horror und Angst setzt und die erschreckenden Bilder eines aussichtslosen Krieges in einer noch nie dagewesenen Brutalität zeigt. Die Story: Ein militärisches Versorgungs-Flugzeug wird über dem Dschungel von Kambodscha abgeschossen. An Bord befindet sich eine neue, streng-geheime, biologische Waffe der Amis names "White-Knight". Ein Spec-Ops Team wird losgeschickt, um die sensitive Ladung zu bergen, bevor "Charlie" (die Viet-Cong) das tun können. Der Bergungstrupp verschwindet jedoch spurlos. Einen Monat später taucht einer der Jungs wieder auf, jedoch merkwürdig verändert, unansprechbar. Irgend etwas hat ihn in den Wahnsinn getrieben und es ist nun die Aufgabe des Spielers herauszufinden was.
Die ersten paar Meter im Spiel sind stimmungsvoll inszeniert. Man erlebt die zahlreichen Zwischensequenzen immer in der Egosicht und wird so nicht aus der Illusion heraus gerissen. Steigt ihr während des Spiel eine Leiter hinauf oder springt ihr über eine Deckung oder durch ein Fenster, seht ihr das ebenfalls immer au der Egosicht inklusive sichtbarer Hände und Beine. Das Spiel mit Licht und Schatten ist schön anzusehen, auch wenn der Rest der Grafik trotz Einsatz der Unreal Engine 3 eher altbacken wirkt. Die Steuerung geht locker von der Hand. Die Sensitivität der Sticks, das Zielen über Kimme und Korn, Sprinten, in Deckung gehen... alles klappt tadellos und erinnert entfernt an Genreprimus Call of Duty.
Die erste Euphorie wird anhand der derben Framerateneinbrüche aber gleich wieder zu nichte gemacht. Sobald ihr eure Taschenlampe einschaltet - und die werdet ihr in den meist dunklen Umgebungen sehr häufig gebrauchen - kommt die Grafik-Engine ins Stocken. Tummeln sich mehr als zwei Gegner auf dem Bildschirm, geht die Framerate noch weiter in den Keller und wenn ihr dann erstmals bei Tageslicht durch den dicht bewachsenen, quietschbunten Dschungel rennt, wird daraus eine Diashow, die genaues Zielen und Schiessen nahezu unmöglich macht.
Dazu kommt ein mehr als fehlerhaftes Sound-Design. Die Stimmen der Protagonisten haben einen unnatürlichen Hall-Effekt und die Schussgeräusche sind eine Farce. Das M16 - die Standardwaffe der GIs zu jener Zeit und eine der am meisten verwendeten Knarren im Spiel - hört man beispielsweise nur auf dem linken Lautsprecher und sowas von leise, dass ein 50 Meter entferntes MG eines Gegners lauter klingt, als das eigene. Das Schussgeräusch der AK-47 wirkt gegen Ende abgehackt und das der fetten M60 klingt, als hätte man Ohrstöpsel montiert. Es macht schlicht und ergreifend einfach keine Freude, irgend eine der Waffen im Spiel abzufeuern und gerade dies ist - neben einer flüssigen Grafik - einer der wichtigsten Punkte in einem Egoshooter. Im Gegensatz dazu sind die Sounds von Explosionen extrem laut und hart, dass es mir fast in den Ohren weh tut. Das Audio-Optionsmenü schafft leider auch keine Abhilfe.
Die Singleplayer-Kampagne ist ein lineares und kurzes Vergnügen. Einen Multiplayer-Part gibt es nicht. Zehn Missionen - pardon: Level-Schläuche - warten auf den passionierten Zombie-Jäger, jede davon nicht länger als knapp 15 Minuten. Die KI der menschlichen Gegenspieler beschränkt sich auf einzelne Positionswechsel wenn sie merken, dass ihr sie angeschossen habt. Sie poppen meist an der immer gleichen Stelle aus der Deckung und so könnt ihr sie problemlos ausknipsen. Dafür sind sie meisterliche Scharfschützen und treffen euch aus fast jedem Winkel und jeder Position, egal wie gut ihr euch in Deckung gebracht habt. Viele davon sind absolute Ninjas und nehmen euch bereits unter Beschuss, noch bevor ihr sie überhaupt sehen könnt. Masochisten kommen voll auf ihre Kosten!
Sadisten übrigens auch. Shellshock 2 ist wieder einmal ein Paradebeispiel eines "Killer-Games", mit fliegenden Hirnen und Gedärmen, abgetrennten Gliedmassen, verstümmelten Leichen und literweise Blut. Eine Schlachtplatte sonderngleichen und ein gefundenes Fressen für die Boulevard-Presse. Lustigerweise ist gerade dieser Punkt noch der beste am Spiel, auch wenn man sich gewünscht hätte, dass ein direkter Treffer mit einer Handgranate eher fliegende Körperteile zur Folge hat, als nur eine durch die Luft fliegende Ragdoll-Puppe. Wenn schon Brutalität, dann doch bitte konsequent.
Fazit:
Ich spiele eigentlich jeden Egoshooter und finde die meisten davon auch irgendwo lustig, selbst wenn sie völlig 08/15 und für viele eher grottig sind. Es ist halt mein Lieblingsgenre und da lass ich vieles durchgehen. Bei Spielen wie Shellshock 2 ist aber auch bei mir Schluss mit Lustig. Ich hätte das Spiel wirklich gerne gemocht. Zombies schlachten? Was kann da schief gehen? Ich weiss jetzt nicht ob Eidos oder Rebellion schuld an dieser Pleite haben, ist aber auch egal. Wichtig für euch ist nur zu wissen, dass ihr euch von diesem Disaster lieber fern haltet. Die Boxart von Shellshock 2 ist übrigens der Brüller und passt zu diesem Spiel wie die Faust aufs Auge, wenn ihr wisst, was ich meine. AAAAAAAH!!
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