Piratenspiele machen sich rar in der Computer- und Videospiele-Landschaft. Das nicht erst seit gestern, sondern seit Anbeginn des Hobbies. Wieso eigentlich? Karibische Inselbuchten, exotische Schönheiten und blauer Himmel, dazu Seeschlachten und Schatzsuche – perfektes Material für ein Videospiel. So sahen das auch die Jungs und Mädels bei Rare, heraus kam Sea of Thieves.
Tatsächlich warten wir seit langer Zeit auf einen gelungenen Ausflug in die Welt der Piraten und Freibeuter der Meere. Ubisoft hat einen Assassin’s Creed Ableger in eben jene Zeit versetzt, dennoch blieb es trotz See-Schlachten und hübscher Karibik-Grafik bei einem Assassin’s Creed. Wer damit bislang nichts anzufangen wusste, wurde auch mit Black Flag nicht glücklich. Das letzte herausragende Seeräuber-Spiel war tatsächlich von Genre-Grösse Sid Meier und hörte auf den passenden Namen «Pirates!». Dabei und beim Remake Pirates! Gold handelte es um komplexe Simulation des alltäglichen Piraterie-Lebens, von der ersten kleinen Baracke bis hin zur eigenen Fregatten-Armada. Nun endlich – gute 25 Jahre nach Pirates! Gold – stechen wir erneut in See. Sid Meier hat damit nichts zu tun und von der Top Down Ansicht verabschieden wir uns ebenso.
Obschon es sich bei Sea of Thieves um ein komplett anders Spiel handelt, als Pirates! anno dazumal eines war, finden wir doch viele ähnliche Aktivitäten vor. Das liegt wohl letztendlich am Genre – der Piraten-Alltag war sicherlich ein spannendes Abenteuer, so richtig viel getan haben die Seeräuber dann aber doch nicht – ein Grossteil des Lebens fand auf hoher See oder in zwielichtigen Spelunken statt. Letztere gibt Gameplay technisch wenig her, also fokussiert sich Sea of Thieves aufs Geschehen auf dem Wasser.
Letzteres wurde übrigens geradezu grossartig umgesetzt und sieht zusammen mit den bezaubernden Licht- und Schatten-Effekten schlicht atemberaubend aus. Das kühle Nass überzeugt nicht nur optisch, auch die Schiffssteuerung profitiert von der erstklassig gelungenen Wasser-Simulation. Noch nie hat es sich derart realistisch angefühlt, eine Fregatte übers Meer zu Schippern. Die Seewege nehmen wir in Kauf um vergrabene Schätze aus zu buddeln, Handelsware von Insel zu Insel zu schippern oder schlicht andere mal mehr, mal weniger friedfertige Segler zu bedrängen oder mit ihnen zu musizieren.
Hier lieg der Kernpunkt von Sea of Thieves. Die in wunderschöne Comic-Grafik getauchte Karibik wird von mehreren angehenden Piraten bevölkert; und jeder verfolgt seine ganz eigenen Ziele. Zwar ist es möglich NPC Quests alleine anzunehmen und ein kleines Schiff im Alleingang übers Meer zu kutschieren; richtig Spass macht das aber nur für eine sehr kurze Zeit. Rares Vorzeige-Titel legt den Hauptaugenmerk auf Multiplayer-Spass. Das beginnt bereits bei der Bedienung des eigenen Schiffes. Im Idealfall setzt sich das Quartett der Teammitglieder aus Steuermann, Kartenleser, Ausguck und Kanonen/Segel-Zuständigkeit zusammen.
Das Schiff legt erst los, wenn der Anker eingeholt wurde. Dann sollte tunlichst jemand am Steuer sein – bewegt sich der eigene Kahn zu nah ans Festland oder an herausstehende Felsen findet sich das Gefährt schnell unter der Meeresoberfläche wieder. Zudem will das Segel gehievt und die Karte gelesen werden. Bei feindlichen Aufeinandertreffen mit anderen Seeräubern werden die Kanonen manuell geladen und abgefeuert und etwaige Schäden am eigenen Schiff mit Brettern repariert. Auch bei Landgängen und Schatzsuchen lohnt es sich, nicht alleine unterwegs zu sein. Oft warten hinterhältige Skelette auf den angehenden Schatz-Gräber; zu zweit oder dritt kümmert sich einer mittels Schaufel um die Ausgrabung, die anderen erledigen heranstürmende Fieslinge. Hier wird ersichtlich: Wer denkt, im Einmann-Betrieb die Karibik erobern zu können, dürfte schnell eines Besseren belehrt werden.
Bis hierhin liest sich das nicht nur nach viel Spass, es ist tatsächlich extrem unterhaltsam in einem kleinen Team über die Karibik zu segeln, immer auf der Suche nach einem neuen Schatz oder Handelsgut. Schnell holt die Seemänner aber das Hauptproblem der Piraterie ein: Langatmigkeit. Die Wege auf See sind oft länger und vor allem eines: Immer gleich. Auch die auf den vielen (ähnlichen) Inseln abzugreifenden Quests laufen nach demselben Prinzip ab. Finde Schatztruhe X auf Insel Y. In den Kopfgeld Missionen säubert die Praiten-Crew eine Insel von etwas stärkeren Skeletten und erbeutet letztendlich einen glänzenden Stein vom Ober-Skelett; welcher wiederum Kohle bringt.
Die Handelsleute bedienen wir mittels Transport von Hühnern, Schiesspulver oder anderen nutzbringenden Dingen. Klar sollen jene erst eingesammelt werden – repetitiv wird die Sache dennoch schnell. Dank anderer Piraten und der Interaktion mit diesen lockern sich die stets bekannten Aufträge in unvorhersehbarem Ausmass auf. Wartet auf der angesteuerten Insel bereits ein feindliches Schiff auf uns oder nähert sich jenes erst, wenn wir bereits mit den Ausgrabungen beschäftig sind und beschiessen gar unser so schutzloses Schiff? Möglicherweise sind sie gar nicht feindselig und helfen gar bei der aktiven Quest?
Dennoch, es fehlt an Weiterentwicklung. Mit dem Geld der Händler oder Gold der erbeuteten Truhen verändern wir die Optik des eigenen Seemannes, Frisur, Klamotten und frisches Inventar steht zur Verfügung. Ob das letztendlich zur andauernden Spiel-Motivation ausreicht, bleibt abzuwarten. Schliesslich soll Sea of Thieves dauernd weiterentwickelt werden – wir sind gespannt.
Fazit:
In den ersten Spielstunden blendet Sea of Thieves mit dem schönsten virtuellen Wasser aller Zeiten. Zudem macht das kooperative Steuern des eigenen Schiffes Spass und fordert Team-Play. Das funktioniert im Spiel mit Freunden normalerweise sehr gut. Kritisch wird es, wenn ein zufälliger Spieler mit ins Boot geholt wird, nicht immer tanzt dieser nach unserer Pfeife. Sicherlich haben wir noch nicht alles gesehen, die in Videos oft gezeigte Krake beispielsweise haben wir trotz ausgiebigem Segeln noch nicht nicht entdeckt. Dennoch bezweifeln wir, dass Sea of Thieves das neue PUBG wird, was die schier endlos erscheinende Spiel-Motivation betrifft. Wir hoffen, Rare überrascht mit noch so einigen frischen Dingen in der Karibik und machen uns jetzt erst mal auf die Suche nach dem nächsten Schatz. Speziell wer entspannte Multiplayer Spiele schätzt, sich im Piraten-Alltag wohl fühlt und einige Freunde zur Hand hat, macht mit dem Kauf nichts falsch. Übrigens gibt es den Titel für Lau im Xbox Game Pass, und dieser wiederum ist in der zwei Wochen Probier-Phase kostenfrei. Also beim Klabautermann, hiesst die Flagge und stecht in See!
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