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AutorenbildMatthias Schmidlin

The(G)net Review: Rocksmith

Dass das Genre der Musikspiele seit geraumer Zeit nicht mehr wirklich innovativ ist, ist hinlänglich bekannt. Lange hat man versucht, mit immer neuen Plastik-Instrumenten begeisterte Luftgitarrenschrammler oder Hobbyschlagzeuger vor den heimischen Fernseher zu ködern. Doch dann stagnierten die Verkäufe.


Rocksmith Test, Review, Testbericht.

Ein neues Rockband oder ein Guitar Hero kann wohl nur noch eingefleischte Fans hinter dem Ofen hervorlocken – und abgesehen von der Songauswahl warten die jeweils neuen Versionen meist nicht mit einer bahnbrechenden Neuerung auf. Ob jetzt die fünf Knöpfe unten oder oben am Hals sind, macht den Braten auch nicht wirklich besser. Und genau da wo andere aufgehört haben setzt Rocksmith an.


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Entgegen den Genrekönigen Guitar Hero und Rockband spielt man Rocksmith mit einer echten Gitarre. Man stöpselt seine Klampfe an den mitgelieferten Jack 6,3mm Adapter an – steckt den Adapter am USB-Port ein und könnte (theoretisch) losrocken. Und genau ab dem Moment teilen sich die Eindrücke, welche Rocksmith hinterlässt.


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Beim ersten Spielstart wird relativ langsam und ausführlich erklärt, wie man eine Gitarre hält, wie die einzelnen Elemente einer Gitarre genannt werden, was Bünde sind u.s.w. Für jemanden der bereits Gitarre spielt oder zumindest die Grundkenntnisse einer Klampfe intus hat geht’s zu lang, für jemanden OHNE jegliche Kenntnisse geht’s zu schnell. Dieses Element zieht sich bei Rocksmith leider wie ein roter Faden durch den gesamtem Spielverlauf. Der nicht regelbare Schwierigkeitsgrad bei Rocksmith tut sein übriges. Und damit rede ich nicht nur von den Songs und wie viele Noten auf einmal ihr spielen müsst. Rocksmith weiss nicht genau was es sein möchte. Ein Spiel für Anfänger? Nein – dafür geht’s wohl sichtlich zu schnell – ein Spiel für Amateure? Nein – dafür ist der Einstieg zu langatmig und der automatisch steigende Schwierigkeitsgrad zu rasant. Ein Spiel für Profis? Nein – dafür ist die Songauswahl zu klein und die Latenzen zu gross. Doch gehen wir langsam auf die hier angesprochenen Punkte einzeln ein:


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Vor jedem Song muss die Gitarre auf das Standart-Tuning EADGBE gestimmt werden. Ist das erledigt, geht’s los. Im Grunde unterscheidet sich Rocksmith von der Spielmechanik her nicht von seinen Vorbildern. Statt das aber jetzt einfach im Takt fünf verschiedenfarbige Klötzchen auf euch zukommen, konfrontiert euch das Spiel mit Bundzahlen und mit sechs verschiedenfarbigen Saiten. Die Saiten sind dabei in von oben nach unten auf dem unteren Rand des Bildschirms dargestellt, so dass ihr immer wisst, welche Saite ihr wann in welchem Bund drücken müsst. Im korrekten Timing zum im Hintergrund abgespielten Song, fahren die Noten, markiert auf dem richtigen Bund mit der korrekten Saitenfarbe und – ab einem mittleren Schwierigkeitsgrad - mit der richtigen Anschlagtechnik auf euch zu. Eure Aufgabe ist es nun, die Noten zu erwischen und so den Song nach und nach komplett nachzuspielen. Sind es anfänglich nur die Grundtöne, die lange ausgehalten werden müssen, kommen nach den ersten 10 Takten schon eher die richtigen Patterns des Songs.


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Je besser gespielt wird, desto mehr Noten kommen reingefahren. Klingt eingentlich ganz gut, ist aber unglaublich nervtötend. Ein Anfänger der nach unzähligen Stunden die Grundtöne von House of the rising Sun (The Animals) beherrscht, kann sich nicht lange genug darüber freuen. Da er nämlich jetzt alle angezeigten Noten getroffen hat, hat Rocksmith das Gefühl, den Spieler sofort vor eine neue Herausforderung stellen zu müssen und stellt mitten im Song den Schwierigkeitsgrad um. Erfolgserlebnis = 0! Dem Amateur geht’s da genau gleich – obschon er die Grundtöne ohne Probleme geschafft hat, heisst das noch lange nicht, dass er andere Techniken auch beherrscht – zumal die mitten im Song - ohne Ankündigung einfach dazukommen. Ein Refrain der in den ersten zwei Minuten nur aus drei Akkorden bestanden hat, wird bei „gutem“ Spielen doch schnell mal ein Refrain mit 6 Akkorden plus jeweils zwischengeschobenen Einzelnoten. Frustrierend!


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Um dem entgegenzuwirken hat Ubisoft dem Spiel einen Lernmodus spendiert in welchem die Songs Part für Part geübt werden können – oder man es können sollte. Denn hier kommt der nächste Patzer: Im Übungsmodus kann man weder die Geschwindigkeit manuell einstellen – sie wird automatisch je nach euren Fähigkeiten angepasst - noch kann man den Part so oft durchspielen wie man möchte. Warum nicht? Weil der Übungsmodus mit „Leben“ belegt ist – schafft man einen Durchgang nicht so wie es das Spiel will, wird euch eins von 30 Leben abgezogen. Entspanntes Üben sieht anders aus. Hierbei sie übrigens erwähnt, dass die US Version vor dem Patch mit weitaus weniger Leben auskommen musste – die EU Version ist bereits auf dem Stand der aktuellen US-Version.


Und zu guter Letzt das fast heftigste Manko von Rocksmith – zumindest aus der Sicht eines Gitarrenspielers. Die Latenzen, also die Verzögerung vom Anschlag der Saite bis der verstärkte Ton wieder zu hören ist, sind selbst bei der empfohlenen Konfiguration relativ hoch. Bis zu 10ms vergehen, bis der angeschlagene Ton in der verstärkten/verzerrten Version aus euren Lautsprechern schallt. Und wer schon einmal eine Gitarre eingespielt hat, der weiss, was 10ms ausmachen können. Grundsätzlich ist es NICHT empfehlenswert, das Spiel nur per HDMI -> Fernseher Anschlussart zu spielen. Vielmehr solltet ihr euch das Bild des Spiels über HDMI an den Fernseher geben lassen, den Ton aber über ein Komponentenkabel mit Cinch-Adapter direkt an die 5:1 Anlage, Stereoanlage oder Computerboxen anschliessen. Um hier aber nicht allzu sehr ins Detail zu gehen, achtet bitte auf das IMPORTANT! Zettelchen welches jeder Rocksmith Version beliegt, das euch zeigt, wie ihr eure Konsole optimal anschliesst um die Latenzen zu verringern.


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Nun aber zurück zum Spiel; Habt ihr euch mit den ganzen Punkten oben angefreundet und/oder abgefunden, steht einem trotz aller Kritik ein ordentliches – und insbesondere – originelles Musikspiel ins Haus. Die Songlist umfasst ca 50 Titel von aktuellen bis zu klassischen Rock-Hits und über DLC sind auch weitere Songs (Megadeath, Blink182, Evanescence u.s.w) nachkaufbar. Habt ihr die Songs mal richtig drinnen, machen Sie auch ordentlich Spass und bei (sehr viel!) Nerven und Geduld hat man irgendwann das Gefühl, wirklich was geschafft und gelernt zu haben.


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Auch die Spielmodi gehen komplett in Ordnung. Ihr könnt Songs üben und danach als Set live spielen um RP (Rocksmith Points) zu sammeln, ihr dürft euch in dem eigens dafür vorgesehenen Ampsimulator euer eigenes Rack an Pedals, Cabinets und Amps zusammenstellen, ihr könnt jeden Song einfach hoch und runterspielen bis ihr nicht mehr könnt und und und. In dem Punkt gibt’s an Rocksmith nichts auszusetzen. Habt ihr dann nämlich die Gitarrenkampagne erfolgreich gemeistert, gibt’s das selbe nochmal in Grün, diesmal aber mit einem Bass. Auch wieder ein hervorzuhebener Vorteil der EU-Version, welche die Bass-Extension bereits von Grund auf dabei hat. Besitzer der US-Version mussten diese noch per DLC nachkaufen.


Für fingerlahme Menschen hat Rocksmith auch noch einiges parat. Minispiele wie Spaceinvaders, bei welchem ihr im richtigen Moment die richtige Saite drücken müsst um ein Alien – bei Rocksmith sind es dann Rockducks – zu erwischen. Ganz nett und unterhaltsam für einen kurzen Moment und als Fingerübung sicherlich nicht verkehrt. Nebst Geschwindigkeit lernt man relativ schnell, wo ungefähr sich auf dem Griffbrett welcher Bund befindet.


Zur Grafik muss grundsätzlich nicht viel gesagt werden. Sie tut was sie tun muss – nicht mehr und nicht weniger. Und glaubt mir – ob das Publikum im „Auftritts“-Modus jetzt gut animiert ist oder nicht – wenn ihr am Spielen seid, merkt ihr das nicht, da ihr euch dermassen auf die Noten und auf euer Griffbrett konzentrieren müsst, dass für gar nichts anderes Zeit bleibt. Zum Thema Sound kann man nur sagen, dass die Songs in guter Qualität auf der Disc vorhanden sind (sogar die Original-Versionen). Über den Klang der Verzerrer, die euch Rocksmith zur Verfügung stellt lässt sich streiten. Für Anfänger mögen die komplett in Ordnung sein – für etwas erfahrene Gitarrenzupfer sind die Amps aber eindeutig zu blechig und zu dünn. Einen richtig druckvollen Sound gibt’s nicht. Leider! Daran ändern auch die per DLC zusätzlich kaufbaren Cabinets nichts und somit ist der angepriesene Jam-Modus praktisch unbrauchbar.



Fazit:

Rocksmith weiss nicht was es sein will. Ein Spiel? Eine Lernhilfe? Beides? Im Grunde genommen gibt es genug Argumente, Rocksmith nicht zu kaufen und auf Rocksmith 2 zu warten, welches – wie ich stark hoffe – die meisten der angesprochen Punkte behoben haben wird. Trotzdem ist es für jeden Gitarrenspieler einen Blick wert – schaut es euch beim Händler eures Vertrauens an – spielt es bei einem Kumpel. Was mich am allermeisten gefreut hat ist die Tatsache, dass das Genre der Musikspiele in die richtige Richtung geht! Die Technik der Tonerkennung funktioniert überraschend gut – sofern man keine aktiven Pickups hat – und die Ansätze sind alle korrekt. Auf Ubisoft! Ich hoffe auf Rocksmith 2!


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