Nicht zum ersten Mal wirkt die "Resident Evil"-Franchise erfrischend auf den sonst kinderkompatiblen Spielekatalog ein. Ob die beklemmende Atmosphäre auch auf dem Handheld zur Geltung kommt, haben wir uns angesehen.
1996 läutete Capcom für viele Videospieler eine neue Ära ein. Ähnlich wie George A. Romero mit 'Night of the living Dead' im Filmbereich, schockierte der Titel mit purem Horror. Untermalt haben das die Japaner mit diversen, gezielt eingesetzten Schockeffekten, die einem das Blut in den Adern gefrieren liessen. Das Gefühl, völlig auf sich alleine gestellt und in einem blutgetränkten Herrenhaus voller Zombies gefangen zu sein, war einmalig. Stets auf der Suche nach überlebensnotwendiger Munition oder Heilkräutern, immer auf der Lauer vor aus dem Hinterhalt attackierenden Gegnern. Aber die Serie entwickelte sich, lang nicht zur Freude aller Fans, immer mehr in Richtung reinrassiger Action. Speziell Teil vier und fünf haben nur noch wenig mit dem ursprünglichen Grauen gemein.
Dieser Entwicklung wurde mit Revelations entgegengewirkt. Seit langem stellen sich wieder verlorengeglaubte Gefühle beim Spielen von Biohazard ein. Vorsichtig pirschen wir uns vor, suchen die Räume ab um auch ja keinen wichtigen Gegenstand zu übersehen und unser Überleben nachhaltig zu sichern. Eben jenem klaustrophobischen Gefühl spielt das neue, unverbrauchte Setting in die Karten. Die meiste Zeit der Story befinden wir uns auf einem verlassenen Kreuzfahrtschiff. Wären da nicht die neuartigen und uns selbstverständlich feindlich gesinnten Kreaturen, würde uns eine friedliebendere Zeit erwarten. Ebenso wie die altbewährten Zombies scheint deren erklärtes Ziel zu sein, Verursacher unseres Ablebens zu werden. Da sich jene deutlich wandelbarer als schlurfende Untote herausstellen, ergeben sich im Spiel neuartige und vor allem unerwartete Sequenzen.
Über die meiste Spielzeit, also gut ein Dutzend Stunden, stellt uns Capcom einen Verbündeten zur Seite. Durch Dialoge wird so die Geschichte vorangetrieben, für mehr ist der Kumpane aber kaum zu gebrauchen. Zwar stiehlt der Kollege keine wichtigen auffindbaren Utensilien, erkennbaren Schaden fügt er dem feindlichen Ungeziefer aber ebenfalls nicht zu. Somit steht jener zwar immer irgendwo rum, bringt aber eigentlich nichts. Dass wir ab und an aus dem gewohnten Schiffs-Setting rausgerissen werden, andere Charaktere spielen und das Schauerszenario einem mehr actionorientiertem Gameplay weichen muss, darf ebenso in Frage gestellt werden. Ich empfand die gelegentlichen Wechsel als entspannende Abwechslung zum Schocker-Alltag auf hoher See.
Ohne zu viel auf die Story eingehen zu wollen, sollte man sich nicht mehr erwarten, als vorangegangene Serienableger hervorgezaubert haben. Gegen Ende hin werden die Zusammenhänge definitiv nicht besser und es empfiehlt sich, über diesen Missstand hinwegzusehen. Capcom macht uns das einfacher, indem die Optik des Titels alle anderen derzeit erhältlichen 3DS Spiele in den Schatten stellt. Sieht man ansonsten ausschliesslich Jump’n Runs und Zelda-Remakes auf dem Gerät, darf man sich überrascht zeigen. Passend dazu der bemerkenswert gute Sound, der zusammen mit der düsteren Grafik die einzigartige Resident Evil Atmosphäre hervorragend verpackt.
Wie bereits zu Beginn erwähnt, ist Resident Evil Revelations das erste und einzige Nintendo 3DS Spiel, welches nicht für Kinderhände gedacht ist. Der Tod ist allgegenwärtig, die Szenerie keinesfalls freundlich und die Waffen gewohnt durchschlagskräftig. Die Tötungsgeräte dürfen übrigens individuell verbessert werden. Offensichtlich war man besorgt um die Anpassung an die tragbare Konsole. So wurde das gesamte Spiel auf mehrere Kapitel unterteilt. Das macht ein ab und an Spielen deutlich angenehmer. Zumal bei jeder neuer Episode, frei nach US-TV und allseits bekannten Seifenopern, eine kurze Zusammenfassung des bisher Erlebten abläuft. Automatische Quick-Saves ersparen uns derweil langatmige Wiederholungen von bereits Gespieltem.
Die Anpassung macht nicht ausschliesslich bei der Software halt. Revelations darf im Set mit der 3DS Steuerungsergänzung Circle Pad Pro eingekauft werden und schlägt so gut einen Zwanziger mehr zu Buche. Diese Investition lohnt sich bereits für dieses eine Spiel. Einerseits weil der Preis eines Heimkonsolen Titels durchaus gerechtfertigt ist - die Entwicklung steht jenen Programmierungen in nichts nach. Aber auch, weil sich unser Charakter mit zwei Sticks deutlich besser durch die engen Schiffskorridore steuert. Zusätzlich liegt die tragbare Konsole nach kurzer Eingewöhnungszeit besser in den Händen.
Zu guter Letzt spendierte Capcom uns noch einen Multiplayer-Modus. Die Story wird im Gegensatz zu den grossen Brüdern nur alleine gespielt. Dieser Faktor ist dem Gruselfaktor enorm zuträglich und sicher die bessere Entscheidung für das Spielerlebnis. Dennoch lohnt es sich, mit einem Freund die Gegnerhorden zu erledigen, die Dreingabe wirkt keinesfalls aufgesetzt und macht Spass, wenn auch mehr durch Action denn durch gepflegtes Gruseln.
Fazit:
Lange hat es gedauert, bis ich endlich wieder zu einem neuen „richtigen“ Resident Evil herankam. Das Warten hat sich trotz aller Skepsis aber gelohnt: Das Szenario wurde äusserst passend gewählt. Die engen Korridore verleihen dem Gruselfaktor die nötige und lange verlorengeglaubte, angsteinflössende Stimmung. Ebenfalls positiv, dass jene auch auf Nintendos Kleinstem zur Geltung kommt. Die üblichen Schwächen in der Story kennen Serie-Veteranen längst und schauen mit einem weinenden Auge bzw. Punkteabzug darüber hinweg. Also Licht aus und ab in ein hervorragend inszeniertes Abenteuer, das mit einer gelungenen Mischung aus Alt und Neu aufwartet.
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