Rage dürfte den meisten Shooterfans ein Begriff sein, obwohl der Titel damals nicht alle überzeugen konnte. Nun haben sich id Software die Kollegen von Avalanche Studios ins Boot geholt und zusammen an der Fortsetzung gearbeitet.
Auch diesmal gibt es brachiale Endzeit-Action in einer Open World. Das Cover verrät bereits, dass es richtig zur Sache gehen wird und uns ein paar irre Charaktere erwarten. Lange nach dem Asteroideneinschlag aus dem ersten Teil geht es zurück ins postapokalyptische Ödland. Gerade als alles einigermassen gut läuft, taucht „die Obrigkeit“ mit ihrem Führer General Martin Cross auf und lässt mutierte Soldaten auf die Menschheit los. Da kommt unser Held (oder wahlweise unsere Heldin) Walker gerade rechtzeitig, um für Ordnung zu sorgen. Voilà…die Fronten sind also geklärt, viel mehr Story dürft ihr nicht erwarten und gibt es auch nicht.
Um der Übermacht von Mutanten, Punk-Gangs und mutierten Monstern Herr zu werden, findet Walker glücklicherweise einen Hightech Ranger-Anzug, der ihm übermenschliche Kräfte verleiht. Dank diesen Fähigkeiten kann er unter Anderem einen Schutzschild aufbauen, extra hoch Springen, flink Angriffen ausweichen, ein schwarzes Loch erzeugen oder zerstörerische Druckwellen auslösen. Am meisten wird aber mit einer der neun Waffen geballert. Dabei ist natürlich das ganze Standartsortiment von der einfachen Pistole, über die alles zerfetzende Shotgun, bis zum zielsuchenden Multi-Raketenwerfer, plus ein paar ausgefallene Schiessprügel. Die Anzahl erscheint für einen Egoshooter nicht besonders gross, aber man darf nicht vergessen, dass alle über alternative Schuss-Modi verfügen und aufgelevelt werden können. Dann eröffnen sich neue Feuermodi mit noch mehr Power.
Das rasante Gunplay trägt ganz klar die unverwechselbare Handschrift von id Software und ist das Beste an Rage 2 überhaupt. Das Trefferfeedback ist richtig geil! Mit der geladenen Wumme und dem Finger am Abzug die Gegner wegpusten, fühlt sich nicht nur richtig gut an, sondern klingt auch so. Wer das letzte Doom gespielt hat, weiss wovon ich rede. Überhaupt fühlt sich Rage 2 wie eine Mischung aus Doom und Mad Max an. Viele der Feinde sind übrigens gut gepanzert. Mit der richtigen Bewaffnung kann die Panzerung den Gegnern jedoch vom Körper geschossen werden.
Für die Spielewelt zeichnen sich wie eingangs erwähnt die Avalanche-Studios verantwortlich, welche durch die Just Cause-Reihe oder das vorzügliche Mad Max Open World Spiel bekannt wurden. Allerdings bin ich von Avalanche besseres gewohnt. Die Karte muss ja nicht riesig sein (ist sie auch nicht), aber der Begriff Ödland wird in Rage 2 leider nur allzu wörtlich genommen. Dass die Endzeit bunt und abwechslungsreich sein kann, hat vor kurzem die Konkurenz mit FarCry New Dawn bewiesen. Zwar sehen die Feuergefechte mit bombastischen Explosionen und herumfliegenden Körperteilen wirklich gut aus, aber aus der tristen Spielwelt hätte man mehr machen können und müssen. Sie dient mit ihren sechs Regionen und Untergrundlevels als schlichter Schauplatz für die mehr oder weniger abwechslungsreichen Shooter-Aufgaben, wirken meist leer und trostlos.
Die Kampoagne ist kurz: Es gibt nur drei wichtige Questgeber, die uns mir Arbeit versorgen und uns somit auch beim Kampf gegen General Cross helfen. Da wäre Loosum Hagar, John Marshall und Doktor Antonin Kavasir. Zwei davon sollten euch bekannt sein, wenn ihr bereits den Vorgänger gespielt habt. Alle Drei verfolgen ihre eigenen Ziele und belohnen uns für erledigte Aufgaben mit weiteren Spezialfähigkeiten. Nach nur wenigen Aufträgen sind die drei zufrieden und wir stehen auch schon vor dem Endboss. Viel zu schnell für meinen Geschmack. Dafür finden sich in der Spielwelt noch andere verrückte Personen, beispielsweise beim Auto-Rennen oder der TV-Show Mutant Bash TV. Bei den Dialogen wusste ich aber oftmals nicht, ob die NPC’s absichtlich solchen Stuss reden, ober ob die Dialoge einfach nur schlecht geschrieben sind. Zur Spielwelt passen sie aber auf jeden Fall.
64 Fähigkeiten lassen sich freischalten, ziemlich viel. Überhaupt verbringt mal eine Menge Zeit im desaströsen Menü und verteilt irgendwelche Skillpunkte. Weniger ist manchmal mehr. Dann gibt es noch die Archen, die ebenfalls bereits aus dem ersten Teil bekannt sind. Einmal gefunden kann Walker dort neue Fähigkeiten freischalten oder eine durchschlagskräftige Ranger-Waffe finden, die das Standardarsenal erweitert. Richtig zerstörerisch wird es, wenn wir den Overdrive-Modus aktivieren. Die Musik wird schneller, der Bildschirm bunter und Walker richtet in seiner neugefundenen Rage (ha, ein Wortspiel!) noch mehr Schaden an als sonst schon.
Das Mad Max-Feeling kommt gut rüber, speziell wenn Walker sich hinter das Steuer eines Fahrzeugs setzt. Vorzugsweise dem Ranger-Fahrzeug „Phoenix“, das man zu Beginn übernehmen darf und das ebenfalls getunt werden kann. Natürlich ist auch das Fahrzeug mit Waffen ausgerüstet und verfügt über einen Turboboost. Es gibt zwar noch weitere Fahrzeuge im Spiel, aber die sind bis auf eine Ausnahme (Fluggefährt) nur Schrott, fahren sich auch so und lassen sich nicht upgraden. In Neben-Missionen müssen wir dann noch Wachtürme ausschalten, Benzintanks zum Explodieren bringen und Strassensperren aus dem Weg räumen. Das macht anfänglich noch Spass, aber irgendwann reicht es dann auch und es stellt sich Langeweile ein. Dann konzentriert man sich nur noch auf die richtigen Aufträge und folgt strickt dem Handlungsstrang, der nach acht Story-Missionen auch schon wieder vorbei ist. Das Ende kommt überraschend und früher, als einem lieb ist. Während der Kampagne darf man zwar ein paar Entscheidungen treffen, diese haben aber leider keinen Einfluss auf den Verlauf der Geschichte. Schade.
Fazit:
Wenn sich zwei grosse Entwickler für ein Spiel zusammen tun, das auf den Namen Rage 2 hört, erwarte ich automatisch bombastische Shooteraction in einer abwechslungsreichen Open World. Vielleicht sogar mehrere Entscheidungsmöglichkeiten. Die Action bekomme ich hier auf jeden Fall geboten. Wuchtige Waffen, Explosionen und rasantes Gameplay. Jedes Mal, wenn ich wieder in den Overdrive-Modus wechsle und durch die Gegnerscharen pflüge, freue ich mich wie ein kleines Kind. Wenn alle Fieslinge dann erledigt sind, geht es weiter zum nächsten Ziel auf der Karte. Dazwischen gibt es leider nicht viel zu entdecken. Anstatt von spannenden Orten und kleinen Geschichten abgelenkt zu werden, laufe oder fahre ich durch ein ziemlich tristes Ödland, erledige immer gleiche Aufgaben. Vor allem wenn die Hauptkampagne so kurz und die Karte nicht übertrieben gross ist, sollte die Spielewelt einige Geheimnisse für den Spieler bereithalten. Das ist leider nicht der Fall. Dafür sind die Charaktere ganz besonders durchgedreht und passen perfekt in das flippige Endzeitszenario. Rage 2 möchte aber scheinbar mehr als nur ein Egoshooter sein. Fahrzeuge, Waffen und der Held lassen sich wie in einem RPG mit Fähigkeiten und Upgrades verbessern. Hier wirkt das Ganze aber etwas übertrieben. Es gibt so viele Dinge zu sammeln, nur um daraus wieder andere Dinge zu basteln, um mit diesen wiederum irgend etwas anderes zu verbessern. Es ist verwirrend und unnötig und dank dem Desaster-UI einfach nur nervig mit der Zeit. Weniger wäre in diesem Fall mehr gewesen. Vielmehr hätte man sich nur auf einen Bereich konzentrieren sollen, wie es bereits Borderlands oder etwa das neue Doom vorgemacht haben. Spass macht die Endzeitballerei trotzdem. Aber wie schon beim Vorgänger reicht es auch dieses Mal leider nicht ganz, die hohen Erwartungen zu erfüllen.
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