Für Radiant Historia zeichnet sich Atlus verantwortlich und bei der Produktion waren viele Leute dabei, die in renommierte Projekte wie die beiden Franchisen „Megami Tensei“ oder „Etrian Odyssey“ involviert gewesen sind. Es durften also durchaus hohe Erwartungen gesteckt werden. Überzeugt das RPG mit starkem Fokus auf Zeitreisen oder darf man ohne schlechtes Gewissen diesen Titel überspringen?
Die Geschichte in Radiant Historia wird in 2 Strängen erzählt: Einerseits gibt es die alternative Geschichte, auf der anderen Seite wird die „wahre“ Geschichte erlebt. Durch das „Historia“-Buch, das Stocke, der Hauptcharakter dieses Spiels, zu Beginn von 2 mysteriösen Zeitwächterinnen übergeben wird, kann er an bestimmten Punkten zwischen den beiden Geschichtsästen hin und her wechseln. Interessanterweise unterliegen die beiden Stränge einer Wechselwirkung, so dass Aktionen in der einen Geschichte einen direkten Einfluss auf die andere haben. Doch dazu später mehr.
2 Hauptparteien stehen sich in diesem Spiel gegenüber: Da ist einerseits Stockes Heimatland, Alistel, das Krieg gegen die Schurken aus Granorg führt, welche unter der Tyrannei einer bösen Königin leiden. Die ganze Welt mit Namen Vainqueur ist von der zunehmenden „desertification“ bedroht, einem Mysterium, das sich in der wortwörtlichen Ver-Wüstung von ganzen Landstrichen manifestiert und somit eine grundlegende Gefahr für alle Einwohner des Landes darstellt. Stocke, mit der Kraft von Historia ausgestattet, obliegt es nun, die Geschichte mit Hilfe dieses Buches und seinen Fähigkeiten so zu verändern und zu gestalten, dass die Bedrohung abgewendet und seine Freunde gerettet werden können. Im Kampf stehen ihm 2 loyale Gefährten und später noch viele andere Mitstreiter bei, so dass man auf der (Zeit)Reise mit vielen Charakteren Bekannt- und Freundschaft schliesst.
A propos Kampf: Einer der vielen innovativen Punkte dieses Spiels ist das Kampfsystem. Obwohl zwar formell rein rundenbasiert, hat sich Atlus einen hochinteressanten Kniff ausgedacht: Die Gegner stehen auf Feldern innerhalb eines Bereichs, der aus 3 mal 3 Feldern besteht. Je nach Position des Gegners teilt er höheren Schaden ein und muss auch härter einstecken. Das Attackenset von Stocke und vieler anderer Mitstreiter erlaubt es nun, die Gegner auf diesen Feldern hin und her zu schieben, so dass sich mit etwas Erfahrung und Überlegen ziemlich gewaltige Kombos aneinanderreihen lassen. Denn es wird noch besser: Statt anzugreifen kann man sich auch in der Attackenreihenfolge verschieben lassen, so dass man zwar vielleicht einem Gegner „den Vortritt lässt“, aber dann umso härter zurückschlagen kann, da sich zwischen seinen Allierten eingereiht hat. Was in der Theorie etwas kompliziert klingt, spielt sich grösstenteils sehr spannend und vor allem neuartig. Es ist Atlus nicht hoch genug anzurechnen, dass sie sich die Mühe gemacht haben, ein gut ausblanciertes und durchdachtes Kampfsystem auszudenken, das sich vom 0815-Einheitsbrei abhebt.
Für die Musik im Spiel zeichnet sich eine der berühmtesten Frauen im Videospielsoundtrack-Komponiergebiet verantwortlich: Yoko Shimomura hat schon für die beiden Spielereihen „Legends of Mana“ und „Kingdom Hearts“ die Stücke komponiert und zeigt auch bei Radiant Historia, dass sie ansprechende, einnehmende und passende Melodien kreieren kann. Dem Reviewexemplar lag auch eine Soundtrack-CD bei, eine tolle und gerechtfertigte Aktion, die unterstreicht, dass der Audio-Bereich sehr ernstgenommen wurde.
Der visuelle Bereich hingegen hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck. Wurde der Stil zwar konsequent durchgezogen und ansprechend gehalten, so hätte man sich doch etwas liebevollere und detailreicher gestaltete Sprites gewünscht. Gerade die Augen sehen ziemlich grotesk aus bei vielen Charakteren.
Fazit:
Radiant Historia ist ein tolles Spiel, das auf neue Weise an das RPG-Genre herangeht und viel Innovation und fordernden Spielspass bietet. Auch wenn man sich teilweise in den Zeitsprüngen verliert und durch die maximale Anzahl von 2 Kämpfern an Stockes Seite die Kombinationsmöglichkeiten schnell einmal erschöpft sind, so ist doch Atlus' Versuch, eine neuartige Rollenspielerfahrung zu kreieren, durchaus gelungen.
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