Bereits auf Dreamcast konnte "MSR" dank dem neuartigen Spiel-Element der "Kudos" eine grosse Fangemeinde verzeichnen. Aber auch die über 200 Kurse in über 4 realen Grossstädten waren damals - wie heute - etwas ganz besonderes. Microsoft hat sich jetzt die vielversprechende Lizenz von Bizzare Creations unter den Nagel gerissen.
Stolz prangert daher - neben einem im Wasser slidenden Ferrari F50 - auch das "On XBOX Only"-Logo auf der Schachtel. Project Gotham Racing will ein System-Seller sein und legt sich jetzt ganz offensichtlich mit dem Genre-König Gran Turismo 3 an. Dann muss es sich aber auch einen Vergleich mit selbigem gefallen lassen, obwohl das Gameplay dank der Kudos eigentlich einen ganz eigenen Weg geht.
Das Kudos-System belohnt nicht nur schnelle Fahrten, sondern berücksichtigt zusätzlich Skill und Style des Fahrers. Tolle Slides, Sprünge oder waghalsige Überholmaneuver bringen viele Kudos-Punkte ein. Ein Rennen zu gewinnen bedeutet nicht automatisch die Gold-Medaille, nur wer Schnelligkeit und Geschicklichkeit kombiniert kommt an das Edelmetall heran! Diese innovative Idee gefiel mir schon bei MSR ziemlich gut, weil es die billige zu Hilfenahme der Banden für schnelle Rundenzeiten verhindert und echtes Training voraussetzt, was viel der Motivation des Titels ausmacht. Die Kudos-Punkte werden einem Driver-Konto gutgeschrieben und bei genügend Punkten werden neue Wagen und Strecken freigeschaltet.
Die wunderschön modellierten Wagen in Project Gotham sind zwar nicht so zahlreich wie in GT3, aber mit Modellen wie Ferrari F50, F355, F355F1, Spider und Modena, oder namhaften Modellen von Porsche, BMW, Opel und Mercedes genügend umfassend, um Freude zu bereiten (ich sage nur: geheime Bonus-Wagen!). Natürlich darf auch in Project Gotham das geliebte Environment-Mapping auf den Wagen nicht fehlen, die die ganze Umgebung im Lack widerspiegelt. Besonders mit einer chrom-Lackierung kommt dieser Effekt super zur Geltung und ist in dieser Perfektion bisher nur auf der XBOX zu bewundern. Das neue Schadensmodell stellt zudem Kampfspuren wie Kratzer, Beulen, kaputte Lichter oder abgerissene Rückspiegel recht realistisch dar. Die Kurse in Tokyo, New York, San Francisco und London erstrahlen dank flüssigen 60 Bildern pro Sekunde und der geballten, fotorealistischen Texturpower der XBOX in neuem Glanz. Trotzdem fehlen immernoch "lebendige" Elemente wie sich bewegende Bäume oder Zuschauer/Fussgänger. Die paar Leuchtreklamen und Lensflares erwecken die Städte nicht wirklich zum Leben, alles wirkt - wie auf Dreamcast - immernoch ziemlich "tot" (vergleichbar mit der Ridge Racer Serie).
Ansonsten gibts bei der Umsetzung der vielen und doch recht monumentalen Landmarks nichts zu meckern. Vorallem nachts und bei Regen wird die Grafik zur Augenweide, wenn sich die Wagen und die Backgrounds nicht nur auf dem Lack, sondern auch im nassen Asphalt spiegeln. Der Effekt ist geklaut, kommt auf der XBOX dank strömenden Regens und höherer Auflösung wesentlich besser zur Geltung. Besonders cool fand ich, dass ich sogar bei einer heissen Verfolgungsjagd meinen eigenen Wagen im verchromten Ferrari-Rössl des Vordermannes sehen konnte - oder der Motorblock, der mir unter dem Plexiglas-Verdeck des Modena in fotorealistischer Qualität entgegen lächelte.
Damit der Racing-Fan genügend lange bei der Stange gehalten wird, stellt Project Gotham viele neue Renn-Modi zur Verfügung: One-on-One, Overtake-Challenge, Street-Race, Time-Run und Top-Speed-Challenge stehen neben den bekannten Quick-Race, Arcade, Kudos-Challenge und Multiplayer mit 4-Player-Split-Screen zur Verfügung. Genügend Abwechslung für jeden. Das Fehlen eines Simulation-Mode oder des Setups der Wagen macht deutlich; Project Gotham ist ein Arcade-Racer, dafür ein ziemlich guter.
Die Steuerung ist schnell erlernt und die spürbaren Unterschiede im Lenk- und Driftverhalten der einzelnen Modelle kommen gut zur Geltung (Force Feedback inklusive!). Mit 6 Kameraperspektiven und mehreren Lens-Effekten wie Fisch-Auge, Wide, Real oder sogar 16:9 findet jeder Pilot eine passende Ansicht mit genügend Speed-Gefühl. Zwar fehlt es den Autos an einer individuellen Cockpitperspektive, dafür kann man die Fahrer und den Innenraum jedes Wagens ausführlich in den gelungenen Replays bestaunen (mit Bild-für-Bild-Feature!) und auf Wunsch absaven.
Der zeitgemässe Soundtrack bietet von Hip-Hop über Rock bis hin zu Pop für jeden Geschmack was passendes und wenn nicht, darf der Spieler eine eigene CD auf die XBOX interne Harddisk rippen und zu heimischen Klängen um die Kurven driften. Was will man mehr? Vielleicht kernige Motoren-FX? Kein Problem, auch hier kann Project Gotham dank Dolby Surround Sound und glasklaren original-Samples überzeugen, obwohl nicht alle Wagen einen schönen Sound haben.
Fazit:
Spassiges Arcade-Racing Game mit "echten" Autos, namhaften Lizenzen, gutem Schadensmodell und realistisch nachmodellierten Städten. Steuerung, Geschwindigkeitsgefühl und Grafik lassen kaum zu wünschen übrig und die neuen, motivierenden Game-Modes auf über 200 Kursen halten auch Single-Player ziemlich lange vor dem Bildschirm. Ein extra "Respect" für das geile Kudos-System, an welchem sich vorallem Techniker lange erfreuen! Schade, dass alles immernoch so leblos wirkt.
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