Pokémons Remake der 4. Generation bringt uns zurück in die Sinnoh-Region. Doch zum ersten Mal in der Geschichte steckt nicht Gamefreak selbst hinter dem Spiel, sondern ein relativ unbekanntes Studio: ILCA. Das hat uns natürlich skeptisch gestimmt, weshalb wir das Game auf Herz und Nieren getestet haben.
Die Skepsis verflog schnell, als ich die ersten Bilder sah. ILCA versteht es wirklich, die umfassenden Landschaften Sinnohs grafisch hervorzuheben. Dank gekonntem Licht- und Kontrastspiel sieht die Umgebung schön aus wie noch nie. Ich spreche hier von der Beleuchtung der Häuser bei Tag und Nacht, vom reflektierenden Wasser und davon, dass alles in der Weite leicht verschwommen wirkt.
Definitiv nicht zu den grafischen Highlights gehört jedoch dieser Chibi-Art-Style der Charaktere. In Close-Ups sehen sie schlicht emotionslos aus. Da haben "Let’s Go" wie auch "Schwert und Schild" klar besser performt. Ein ähnliches Bild auch bei den Anpassungen, wenn auch nicht ganz so schlimm. Ich bin es halt mittlerweile gewohnt, Frisuren und Kleider meiner Helden zu ändern. Das können wir in diesem Remake nicht. Im Gegensatz dazu werden uns vorgefertigte Outfits aufgetischt. Ich muss aber zugeben: Die sind zum Teil echt stylisch. Ebenso stylisch sind auch die Sticker, die ich auf meine Pokébälle montieren darf, damit meine Lieblinge mit entzückenden Grafik-Effekten aus ihren Kugeln springen. Die Pokémon folgen dem Spieler übrigens wieder, was bei mir klar zum Hype geführt hat!
Da und dort zeigt dieses Remake also sicher Verbesserungen gegenüber seinen Vorgängern. Bei der Story ist dem nicht so: ILCA hat das Bestehende aus "Diamant und Perle" einfach 1 zu 1 übertragen. Das bedeutet auch, dass auf uns kein Abenteuer in der Zerrwelt aus Platin wartet. Da hätte ich mir schon ein wenig mehr Kreativität gewünscht, vor allem nach der Delta-Episode aus "Omega Rubin" und "Alpha Saphir". Nichtsdestotrotz bleibt die Geschichte von damals auch heute noch charmant und das Remake bietet zudem Unmengen an Inhalten nach der Hauptstory.
Als damals "ORAS" auf den Markt kam, war die Mega-Entwicklung die Neuheit im Pokémon-Universum und ich feierte den Fakt, dass dieses Phänomen auch in andere Remakes eingebaut wurde. Mittlerweile gibt es auch Z-Attacken und Dynamax. Es wird langsam viel und deshalb ist es umso mehr willkommen, dass diese Dinge nicht im neuen Spiel zu finden sind. Wir fangen Pokémon, trainieren mit ihnen und kämpfen. Keine Extras. Das ist echt erfrischend und übrigens auch sehr einsteigerfreundlich. Ich kann mein Team also wieder ganz nach meinem Gusto bauen, ohne das ein Pokémon wegen fehlender Mega-Entwicklung oder Ähnlichem diskriminiert wird. An einer breiten Auswahl von Partnern fehlt es ebenfalls nicht.
Damals wurde der Sinnoh-Dex wegen seines kleinen Umfangs kritisiert. Die Entwickler des Remakes steuerten dem erfolgreich entgegen und schufen ein ganz neues Gebiet: Die Untergrundhöhlen. Diese erinnern stark an die Naturzone aus "Schwert und Schild". Denn auch hier laufen die Pokémon sichtbar auf der Oberfläche herum, statt sich im hohen Gras zu verstecken. Jede Höhle – und es gibt unzählige davon – ist bestimmten Typen gewidmet und erweitert ihr eigenes Habitat je nach Fortschritt im Game. Im Untergrund können wir weiter eine Geheimbasis errichten und diese mit Pokémon-Statuen dekorieren. Sehr cool: Die Statuen beeinflussen welchen Monstern wir begegnen. Wir treffen also immer wieder auf neue Pokémon, darunter auf andere Starter oder Exemplare mit Ei-Attacken. Das alles ergibt so viele Möglichkeiten, dass sich schnell Suchtgefahr einstellt.
Der Besuch in den Höhlen lohnt sich definitiv, denn ein starkes und ausgeglichenes Team ist in diesem Game wichtiger denn je. Lange nicht mehr war ein Pokémon-Spiel so eine Challenge! Ich musste bereits vor dem ersten Orden eine Trainingssession einlegen und das zieht sich über den ganzen Spielverlauf. Und wer denkt, dass er sich nach dem Bestehen der Liga auf seinen Lorbeeren ausruhen kann, liegt falsch. Im Post-Game erwarten uns nämlich noch stärkere Trainer wie auch Rematches gegen Arenaleiter sowie die Top 4. Und die haben es in sich! Cynthia, Champ der Pokémon-Liga, wartet am Ende mit einem Knakrack auf Level 88 auf uns und ist somit eine der stärksten NPCs, die es je gab. Sie könnte es locker mit der Legende «Rot» aufnehmen.
Bemerkenswert ist auch die KI in dieser Edition. Unsere Gegner gingen noch nie so bedacht und strategisch vor wie hier. NPCs nutzen Attackensets, Fähigkeiten und Taktiken, wie wir sie sonst nur vom Competitive Gaming her kennen. An dieser Stelle eine Empfehlung an die Macher: Wenn ihr schon ein so forderndes Spiel erstellt, das über starke Gegner und eine klevere KI verfügt, warum das Spiel dann nicht gleich für offizielle Turniere verwenden? Online-Battles sind ja möglich, das Meta ohne Extras wie Dynamax wäre interessant und das Spiel verleitet Veteranen wie auch Neueinsteiger dazu, sich einfach messen zu wollen. Vielleicht liegt es an dem noch fehlenden Vertrauen von GameFreak in ILCA? Das könnte ich nachvollziehen, denn die neuen Editionen verfügen über einige Glitches. Es gibt beispielsweise diverse Wege seine Pokémon zu klonen. Das Nutzen dieser Vorteile birgt jedoch auch Risiken: Schwarz werdende Bildschirme, schlechte Pokémon-Eier und im schlimmsten Fall Crashes. Nach so viel Erfahrung im Machen von Pokémon-Games wirkt das schon ein wenig peinlich.
Ich möchte aber nicht lange darauf rumreiten, denn ILCA macht ansonsten einen echt guten Job. Viele Neuheiten der letzten Jahre wurden erfolgreich ins Remake integriert und diverse Altlasten sind endlich verschwunden. Ich kann beispielsweise von überall auf PC-Boxen zugreifen und das Spiel speichert automatisch. Die VMs sind zwar zurück, aber ich brauche keine VM-Sklaven wie Bidifas mehr. Sie funktionieren ohne Pokémon, sobald wir den nötigen Orden haben.
Nicht gut umgesetzt dagegen sind die TMs. Ihr Einsatz wurde auf eine gewisse Anzahl beschränkt. Das führte dazu, dass wir bis gegen Ende des Spiels keine einzige genutzt haben. Einfach aus Angst, die TM an ein Pokémon zu verschwenden, das vielleicht nicht im Team bleibt. Dasselbe gilt für den EP-Teiler. Er ist per Default eingeschaltet und kann nicht ausgeschaltet werden. Schlechte Entscheidung bei einem Item, das von den einen zwar geliebt, von anderen aber verachtet wird. Manchmal sollte man die guten Dinge aus älteren Spielen einfach mitnehmen. Und manchmal sollte man die Entscheidungen einfach den Spielern überlassen.
Fazit:
Für ihr erstes Pokémon-Spiel hat ILCA echt gute Arbeit geleistet. Das Remake ist klar gelungen und dadurch, dass es so simpel bleibt – ohne Dynamax, Z-Attacken und Mega-Entwicklungen – ist es einerseits sehr einsteigerfreundlich und andererseits für Veteranen erfrischend. Klar ist da und dort Luft nach oben. Davon abgesehen bringen Pokémon Strahlender Diamant und Leuchtende Perle jedoch zig Stunden Spielspass, eine grosse Auswahl an Pokémon, genügend Anpassungen und eine wunderschöne Grafik mit sich. Das Spiel ist für Fans ein voller Genuss und wenn jemand noch nie einen Pokémon Titel gespielt hat, sind diese neuen Editionen der perfekte Start.
Wir haben Pokémon Strahlender Diamant und Leuchtende Perle auf der Switch getestet, der einzigen Plattform, auf der das Spiel erhältlich ist. Das Test-Muster stammt von Nintendo, wofür sich die Redaktion herzlich bedankt!
Irgendwie pack mich Strahlender Diamant & Leuchtende Perle😊. Das wäre mein zweites Pokémon, nach Pokémon Blaue Edition für den Gameboy 😅😎