Alle von uns mögen sich an ihre Schulzeit erinnern. Für die meisten war es sicher eine seltsame Phase. Erste Annäherungsversuche ans andere Geschlecht, langweiliger Mensa Frass und eine Menge Fragezeichen an Prüfungen. Persona 5 möchte euch diese Erinnerungen vergessen lassen und sie mit unglaublich Coolen, Stylischen und Besseren ersetzen.
Nach einer knapp dreistelligen Stundenanzeige im neuen "Sozialsimulationsrollenspiel" von Atlus habe ich noch immer nicht genug. Persona 5 ist ein dicker Videospiel Schokokuchen, voller Dekadenz, mit Style übergossen, kein Wunder musste ich jeden Abend davon naschen. Tage wurden zu Wochen und meine Freizeit verwandelte sich in einen Schwall von Anime Girls, sexy Dämonen und Gitarrenriffs.
Persona 5 tritt in die Fussstapfen seiner Vorgänger, die Serie läuft in Japan seit Jahrzenten erfolgreich. Die Erwartungen an den fünften Teil waren riesig, nach fast einer Dekade Wartezeit und dem unglaublich populären vierten Ableger. Dabei scheint zu Beginn vieles beim Alten geblieben zu sein. Einmal mehr übernehmt ihr die Rolle eines zurückhaltenden japanischen Schülers. Einmal mehr gilt es dunkle und mysteriöse Machenschaften aufzudecken und einmal mehr werden diese Abenteuer von einem Tross an kuriosen und schrulligen Mitstreiter bewältigt. Natürlich gibt’s einige nennenswerte Neuerungen aber diese Formel dürfte eingefleischten Persona Fans bekannt vorkommen.
Theoretisch spielen alle Persona Titel im selben Universum. Aber wie seine Vorgänger ist Persona 5 mit einer eigenständigen Story ausgestattet und setzt auch auf Gameplay Neuerungen. Wie immer lauern dämonische Schatten in einem parallelen Universum, direkt neben uns und die Guten müssen diese natürlich beseitigen. Dazu beschwören sie die namensgebenden Personas. Diese abgedrehten Figuren nehmen die unterschiedlichsten Gestalten an und haben ihre Inspiration von den unterschiedlichsten Quellen. Von der japanischen Folklore bis zur Pop-Kultur, kein Vorbild war tabu um den Personas ihre Manifestierung zu geben. Dabei sollten diese wiederum Abbilder unserer „maskierten“ Persönlichkeiten sein, die wir in der Öffentlichkeit nie ablegen können. Eine löbliche Metapher, die jedoch in der Hitze des Gefechts bald untergeht. Schliesslich können die Personas Monster mit Blitzen beschiessen, das ist was zählt.
Wichtiges Zeitmanagement ist elementar, keine Angst, es ist spannender als es sich anhört. Tagsüber nehmt ihr am Unterricht teil, nach der Schule habt ihr die Wahl. Ab in den Blumenladen und jobben oder ins parallel Universum um zu kämpfen? Vielleicht auch einfach mit dem Wahrsager Mädchen rumhängen? Welche Aktivität bietet die meisten Vorzüge, ihr entscheidet. Was sich im ersten Moment wahnsinnig banal und schon fast langweilig anhört funktioniert erstaunlich gut. Habe ich mich dafür entschlossen nach der Schule meinen Baseball Abschlag zu üben, habe ich ein Date verpasst. Oder als ich statt zu pauken lieber in einen der Dungeons abgetaucht bin, war mein Alter Ego so erschöpft, dass er nur noch schlafen konnte am Abend.
Mit jedem verstrichenen Tag springt der Kalender des Spiels weiter und somit dem Ende entgegen. Ihr kriegt ein paar hundert Tage, die ihr verbringen könnt wie ihr möchtet. Das führt unweigerlich dazu, dass Persona 5 durch eine seltsame Art von restriktiver Freiheit definiert wird. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten innerhalb einer fein definierten Struktur. Diese Mischung sorgt für eine Befreiung und doch tickt im Hintergrund immer die Uhr. Das Schicksal der Welt steht auf dem Spiel, aber der Nebenjob darf nicht vernachlässigt werden.
Schere, Stein, Papier. So lässt sich das Kampfsystem am ehesten beschreiben. Oder besser gesagt, Schere, Stein, Papier, Nuke, Psy, Curse. Jede Attacke oder Zauber ist mit einem Effekt oder Element behaftet. So werden Auseinandersetzungen einen Tick taktischer. Gegnerische Personas können beispielsweise Feuer reflektieren, im Gegenzug ist eine Attacke mit Eis super effektiv. Habt ihr den Schwachpunkt eines Gegners erkannt, ändert sich sein Zustand auf „Down“. Sind alle Feinde in diesen Zustand versetzt kann euer Team zu einer „All out“ Attacke ansetzen, setzt ihr eure Züge also geschickt ein, kann ein Kampf so extrem schnell zu Ende sein. Das System wirkt zu Beginn sehr simpel, entpuppt sich aber mit der Zeit als eine komplexe Ansammlung von variablen Kontern und Angriffen.
Persona 5 ist eines der schönsten Spiele, das ich je gespielt habe. Die visuelle Präsentation ist durchtränkt mit Stil. Sogar die Ladebildschirme strahlen mehr coolness aus als manche Spiele in ihrer vollen Länge zustande bringen. Es scheint so als wolle das Spiel aus dem Bildschirm ausbrechen, als ob nicht genug Platz wäre für die Begeisterung, welche es vermitteln möchte. Ein seltener audiovisueller Höhepunkt wird hier nicht nur erreicht sondern zelebriert.
Im Intro werden lediglich drei Namen erwähnt. Director Katsuhara Hashino, Charakter Designer Shigenori Soejima und Komponist Shoji Meguro. Dieses kreative Trio ist nicht nur für die zwei Vorgänger der Serie verantwortlich, sondern auch für den Sex-Thriller Catherine. In der Videospiel Industrie ist es äusserst selten, dass ein Kernteam so lange zusammenarbeiten kann. Sicher einer der vielen Gründe warum Persona 5 nur so von Selbstsicherheit strotzt.
Ich konnte mich an kein anderes Spiel erinnern, welches seinen Komponisten an dritter Stelle in den Credits erwähnt. Aber Shoji Meguros Arbeit ist ein integraler Teil von Persona 5, so dass diese Entscheidung durchaus Sinn macht. Die Musik zirkuliert durch das Abenteuer und eine Mischung aus Pop, Funk und Lounge Musik beliefert die Ohren mit eingängigen Melodien die euch auch in eurem, viel langweiligeren Alltag begleiten werden.
Der eigentliche Hauptdarsteller ist aber die Story von Persona 5. Eine Achterbahnfahrt von Intrigen über Freundschaft ruft mir in Erinnerung warum ich von J-RPGs so angetan bin. Das Genre und eben auch die Geschichten wurden in den letzten Jahren stiefmütterlich behandelt, Persona 5 lässt die mageren Jahre in Vergessenheit geraten und ich verliebte mich völlig neu. Mehr möchte ich euch gar nicht verraten, glaubt mir einfach wenn ich sage, es lohnt sich die 80+ Stunden zu investieren.
Fazit:
Persona 5 wird euch viele Stunden eurer Freizeit abknöpfen. Im Gegenzug erhaltet ihr eine spannende Story die visuell wunderschön dargestellt wird. Mir nahm es knapp 100 Stunden und ich gab sie gerne her.
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