Capcom lässt erneut den Wolf tanzen, dieses Mal in Ultra-HD! Okami HD ist nämlich nicht die erste "High-Definition"-Neuauflage des zeitlosen Action-Adventures. Bereits 2012 wurde Okami für PS3 mit Move-Support veröffentlicht - damals "nur" in Full-HD. Jetzt gibt es das Kunstwerk erstmals mit 4k-Optik und da das Spiel für uns zu den besten Action-Adventures aller Zeiten gehört, haben wir es uns erneut angeschaut.
Im Lande "Nippon" herrscht Unheil. Die Menschen haben den Glauben an die Götter verloren. Als Folge davon verdunkelt sich die Sonne, Bäume verschwinden, die Natur verottet und Seen trocknen einfach aus. Ein gefundenes Fressen für den achtköpfigen Dämon Orochi, der aus dieser Misere neue Lebensenergie zieht. Die einzige Hoffnung für die Bewohner stellt die Naturgöttin in Gestalt eines weissen Wolfes dar: Amaterasu. Zusammen mit ihrem Käfer-Buddy "Issun" macht sie sich auf, die Welt zu retten. So klischeehaft und einfach die Story jetzt klingen mag, entwickelt sie sich doch im Verlauf des Abenteuers immer weiter und wird immer spannender, ganz im Stile klassischer Zelda-Abenteuer.
Während des ganzen Adventures wird euch die Story in Form von Sprechblasen erzählt. Sprachausgabe gibt es keine, d.h. die Charaktere reden nur mit einem - mitunter ziemlich nervigen - Gemurmel. Unsere Aufgabe als Gottheit besteht nun darin die Flora und Fauna der Welt durch unsere spezielle Macht wieder in Ordnung zu bringen. Mit unserem magischen Pinsel können wir während des Abenteuers jederzeit mit der Umwelt interagieren. Mit ihm bringen wir Pflanzen zum Blühen, reparieren Gegenstände, sprengen Löcher, oder lassen sogar die Sonnen aufgehen. Feinde oder gar Barrikaden werden damit einfach zerschnitten. Kommt der Pinsel zum Einsatz, wird das Bild kurzzeitig eingefroren. So können wir ungehindert malen. Im Verlauf des Abenteuers kommen wir in den Besitz von insgesamt 13 unterschiedlichen Fähigkeiten für den magischen Pinsel.
In Okami wird auch gerätselt. Die meisten Rätsel erfordern fleissigen Pinsel-Einsatz. Das ist auch heute noch eine fantastisch frische Idee und wurde hervorragend ins Gameplay integriert. Um das fiktive Japan aus den Fängen des Bösen zu retten müsst ihr das ganze Land bereisen und 13 andere Götter aufsuchen, um euch deren Fähigkeiten anzueignen. Langsam verwandeln wir so ganz Japan in ein buntes, wundervolles Märchen-Paradies.
Das Spiel kann man sich im Grunde als eine Art "Zelda" vorstellen. Ihr durchstreift riesige Gebiete, kämpft euch durch unzählige, gut durchdachte Dungeons, trefft Hunderte von interessanten Charakteren und werdet immer stärker. Ihr trefft haufenweise Leute, die eure Hilfe benötigen. Erfüllt ihr deren Wünsche, verstärkt sich der Glaube an euch (ihr seid schliesslich ein Gott) und dafür erhaltet ihr wiederum Skill-Points. Diese könnt ihr gebrauchen, um eure Charakter-Werte zu verbessern, z.B. für mehr Lebensenergie oder mehr Tintenbecher (euer Pinsel verbraucht magische Tinte).
Gut gelungen sind die amüsanten "Gespräche", die ihr mit den Leuten und Tieren führt. Sie alle sprühen vor Wortwitz und bringen einen immer wieder zum Lachen. Auch die atemberaubenden Bosskämpfe erfordern viel Geschick und Einfallsreichtum. Nur mit Köpfchen könnt ihr die riesigen Gestalten besiegen. Nach jedem Kampf wird wie in einem Rollenspiel abgerechnet und ihr erhaltet Geld und/oder Items. Die Kämpfe machen aber nicht den Hauptteil der Aktivitäten in Okami aus. Ihr werdet häufiger Rätsel lösen und die riesige Welt erkunden als Kämpfe bestreiten. Rücksetz- sowie Speicherpunkte finden sich ebenfalls en masse.
Die Steuerung habt ihr im Nu intus. Einzig die Pinseleinlagen erfordern ein bisschen mehr Geschick, da sie doch recht präzise eingegeben werden müssen, was mit einem Stick nicht immer einfach ist. Die Kamera ist gelungen und leistet sich keine gröberen Aussetzer. Auf Knopfdruck wählt ihr zwischen verschiedenen Nah- und Fern-Perspektiven. Auch eine Ego-Ansicht ist mit dabei.
Eine der ganz grossen Stärken von Okami ist sein unverwechselbarer Stil. Die Grafik sieht einfach atemberaubend gut aus. Alles wurde in einem Pastell Cell-Shading look kreiert, im Stile japanischer Pinsel-Malereien. Vor allem die farbenfrohen Umgebungen mit all den Blumen und Bäumen sind der Hingucker. Auch die Wölfin Amaterasu wurde herrlich animiert und designt. Wenn sie läuft, hinterlässt sie keine Fuss- sondern eine Blumenspur. Die vielen Charaktere, welche ihr im Spiel antrefft, sind wie das Spiel selbst sehr "Japanisch" gehalten. Die einzigen technischen Schwächen von Okami HD sind vereinzelte Grafik-PopUps und die Tatsache, dass trotz der minimalistischen Grafik keine 60 Bilder pro Sekunde geboten werden.
Musikalisch werden eure Ohren vorzüglich verwöhnt. Ein wunderschöner, japanischer Orchestersoundtrack wird während des gesamten Abenteuers eingespielt und passt perfekt zu den kunstvollen Treiben auf dem Bildschirm. Die Umgebungsgeräusche wie Wasser oder Vogelgezwitscher erschaffen im Zusammenspiel mit der Musik eine märchenhafte Atmosphäre. Einzig die komischen Laute, die alle Bewohner während der Gespräche von sich geben, fallen mit der Zeit störend auf.
Fazit:
Okami ist einfach nur zauberhaft, war es schon immer! Jetzt - dank knackscharfer Ultra-HD Optik - aber erst recht. Klar, mann muss schon ein wenig Japan-affin sein, um die Thematik und den eigentümlichen Wasserfarben-Stil wert zu schätzen. Hinter dieser sehr speziellen Fassade verbirgt sich gemessen am heutigen Standard jedoch noch immer eines der besten Action-Adventures aller Zeiten. Es ist schwierig die Genialität von Okami in Worte zu fassen. Man muss es einfach selbst gespielt haben, in diese Welt eintauchen und sich verzaubern lassen. Die Rätsel sind intelligent und fordernd, die Welt ist riesig, der Umfang sprengt alle Grenzen und unterhält monatelang. Wer Okami noch nicht kennt, hat einen Meilenstein der Spiele-Geschichte verpasst und sollte es sich auf jeden Fall spätestens jetzt gönnen. Und wer wie ich gerne in Erinnerungen schwelgt natürlich auch.
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