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AutorenbildArmin Medic

The(G)net Review: Neon White

Was tun, wenn man zu gut für die Hölle, aber zu schlecht für den Eintritt durch die Himmelspforte ist? In Neon White agieren wir als himmlischer Dämonenzerteiler und versuchen uns einen Platz neben dem Gottesvater zu sichern – insofern wir eine befriedigende Performance abliefern und unsere Nebenbuhler aus dem Weg räumen.


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Mit christlicher Nächstenliebe hat Neon White und seine göttlichen Auftraggeber nicht viel am Hut. Eher lautet das alttestamentarische Motto: Auge um Auge, Zahn um Zahn. Miesepetrige Monster haben sich Teilgebiete des himmlischen Vorhofes unter den Nagel gerissen und der heilige Geist benötigt uns für die bevorstehenden Aufräumarbeiten. Die Neons, eine durchgeknallte Truppe aus abgebrühten Schlitzohren und launigen Freaks sind so etwas wie die göttlichen Kammerjäger und müssen wohl oder übel die Suppe auslöffeln, die ihnen der numinose Oberchef eingebrockt hat.


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Die Regeln sind einfach. Aus der Egoperspektive rennen wir so schnell wie möglich durch kurze Levels, die kaum länger als eine Minute sind. Wir erledigen eine vorgegebene Anzahl an Fieslingen, springen mit haarsträubenden Jumps dem Tod von der Schippe und nutzen unsere spärlichen Ressourcen, bis wir den rettenden Kristall am Ende jedes Abschnittes erreichen. Was sich wie ein simpler Doom Klon anhört, hat im Grundprinzip wenig mit id's FPS-Klassiker gemein. Denn statt echter Waffen und Skills benutzen wir hier Spielkarten, um das Dämonengesocks wieder zurück in Satans Domizil zu jagen. Im Gepäck haben wir stets die Katanakarte, mit der wir im schlimmsten Fall ein paar Höllengesellen niedermetzeln, doch damit kommt unser Held nicht weit.


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Auf unserem vorgegebenen Weg sammeln wir neue Karten ein oder erhalten sie von erledigten Gegnern. Die meisten Karten verfügen über eine Doppelfunktion. Haben wir eine Pistolenkarte ergattert, können wir beispielsweise entweder eine begrenzte Anzahl an Schüssen abfeuern oder den Extrajump-Skill benutzen, um einen Doppel- oder Mehrfachsprung (bei mehreren Karten) auszuführen. Die Gewehrkarte zerteilt die Feinde mit Rapidfire oder wir schmeissen eine Granate in eine Gegnergruppe und sprengen die Party. Wir können die Bombe aber auch als Jumpboost benutzen. Mit dem Stomp lassen wir es krachen und fegen die Unholde mit einer fetten Arschbombe vom Bildschirm. Mit der Feuerballkarte düsen wir in alle Himmelsrichtungen oder brutzeln die Feinde ab, als wäre es ein Familien-BBQ. Verfügen wir über mehrere Karten, lassen diese sich per Knopfdruck wechseln, um den benötigten Skill zu aktivieren. Aber aufgepasst! Haben wir die Karte verspielt oder falsch eingesetzt kann es vorkommen, dass wir das Level erneut starten müssen. Netterweise weist uns ein kleines Dialogfeld darauf hin, wenn wir es verkackt haben.


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Natürlich hängt jeder Run an einem Zeitlimit, welches uns je nach Abschluss des Levels unterschiedliche Medaillen verleiht. Bei Bronze gibt es nur einen feuchten Händedruck. Silber belohnt uns mit einem Phantomrunner unserer Bestzeit. Bei Gold bekommen wir Hinweise für die zahlreichen Shortcuts und obendrauf noch eine Geschenkbox. Was es mit dem Überraschungspaket aus sich hat, erklären wir später. Für die Top Riege der Neon White-Fangemeinde haben wir noch die Diamantplatzierung. Nur wenn ihr diese Zeit knackt, ist euch ein Platz in der globalen Weltrangliste sicher.


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Erreicht man mindestens den Goldstatus, steigen wir jeweils einen Rang hoch bzw. runter und schalten nach ein paar Runden den Zugang zum nächsten Abschnitt frei. Zu Beginn befinden wir uns auf Stufe 99 und arbeiten uns sukzessive zum Siegertreppchen (Stufe 1) vor. Haben wir die ersten paar dutzend Levels gemeistert, wartet ein schweisstreibender Bosskampf gegen einen rivalisierenden Neon auf uns.


Zwischen den Runs besuchen wir den Oberwelt-Hub, wo wir mit anderen NPCs quatschen, neue Aufträge abholen und sogar romantische Beziehungen eingehen können. Apropos Romanzen und Geschenkboxen. Der Weg zu jeder Box erfordert unorthodoxe Methoden und wilde Kombinationen der Kartenskills, die mit dem normalen Run nichts zu tun haben. Die eingesammelten Geschenkpakete könnt ihr an spezifische NPCs abgeben, die euch mit neuen Dialogen zutexten und uns das eine oder andere Extralevel aufhalsen. Diese Spezialabschnitte sind reine Geschicklichkeitstest der härteren Sorte, jedoch unabhängig von eurem Spielerfolg und vergeben keine zusätzlichen Punkte für euren Aufstieg. Wem die Flut an comichaften Cutscenes zuviel wird, kann das ganze Gelabere per Knopfdruck vorspulen.


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Fazit:

Als ich beim letzten Summer Game Fest die erste Ankündigung sah, war ich aufgrund der Präsentation Feuer und Flamme und bestellte umgehend bei der Chefredaktion den Review Code. Leider schauten wir in die Röhre. Eine Testversion wollte uns der Publisher angeblich wegen "zu hoher Nachfrage" nicht aushändigen. Na gut, dann eben nicht! Da bleibt dem neugierigen Redaktionsknecht nur die Möglichkeit in die eigene Tasche zu greifen und die 25 Franken hinzublättern. Selten hat sich eine Investition so sehr gelohnt! Neon White ist der absolute Knaller!



Der Aufbau erinnert ein wenig an OlliOlli World mit den unzähligen Levels und der Oberwelt, und es wird genauso viel mit Dialogboxen um sich geschmissen, wie bei der exzellenten Skateboard Simulation. Doch der Motivationsfaktor bei Neon White ist weitaus höher. Die insgesamt 97 Levels sind eine Blaupause für fortschrittliches Game Design. In den letzten 7 Tagen wurde weder die PS5 angerührt, noch irgendetwas anderes gezockt. Neon White klaute mir einen Haufen Freizeit und ich komm immer noch nicht los von dem einzigartigen Spielverlauf. Kurz vor der Arbeit noch ein paar Highscores knacken, im Zug ständig die Switch rausgeholt und selbst vor dem Schlafengehen versuche ich mich an einem Knacknuss-Level. Neon White schafft es dank der extrem sauberen Programmierung, sattelfester Steuerung und den kurzweiligen aber stetig fordernden Levels meine ganze Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Klar steigt der Schwierigkeitsgrad stetig und besonders ab dem ersten Drittel wird es richtig tricky und jeder kleine Fehler führt zur Levelwiederholung. Erstaunlicherweise war ich auch nach dem 25. Anlauf im gleichen Level nicht gefrustet, wie bei ähnlichen Spielen (z.B. Celeste).


Trotz der Kurzweiligkeit der einzelnen Abschnitte kann es vorkommen, dass man stundenlang an Neon White hängt. Das liegt daran, dass ich bei einer Hürde auch mal pausiere und versuche, in vorherigen Levels noch das Optimum rauszuholen, neue Abkürzungen oder Geschenke zu finden und im besten Falle noch die Diamant-Auszeichnung zu ergattern. Ehrlich gesagt habe ich eine gesunde Abneigung gegen jegliche Form von digitalen Kartenspielen wie Gwent, Slay the Spire oder Hearthstone, egal in welcher Form. Bei Neon White ist dies nicht der Fall. Das zusammengewürfelte Spielprinzip macht einfach gewaltig Laune. Auf einen zukünftigen DLC kann ich aber gerne verzichten. Warum? Weil ich dann noch länger im Vorhof des Himmels Dämonen plätte und zu nichts anderem mehr komme! So, ich muss wieder los, der Akku der Switch ist endlich voll und ich hab noch mit ein paar Höllenkameraden ein oder zwei Hühnchen zu rupfen. Amen!



Wir haben Neon White selbst gekauft und auf Nintendo Switch getestet. Das Spiel ist noch für den PC zu haben, digital only. Versionen für Playstation- oder Xbox-Konsolen sind zum Zeitpunkt dieses Tests nicht angekündigt.

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