Es ist die Jahreszeit des Motorsports! In allen Ländern der Welt dröhnen jedes Wochenende wieder die Motoren der zwei- und vierrädrigen PS-Biester. Passend dazu gibt es nun MotoGP 22 von Milestone, welche eine Motorrad-Simulation der ersten Güteklasse versprechen. Auf der Series X haben wir uns deshalb das Spiel ganz genau angeschaut.
Schon zum neunten Mal in Folge hat das italienische, auf Rennspiele spezialisierte Studio Milestone die Lizenz der MotoGP umgesetzt. Besonders im Gameplay kann das Team diese jahrelange Expertise glänzen lassen. Im Kern bekommt man eine waschechte Simulation serviert. Ein gutes Dutzend einfacher und fortgeschrittener Tutorials und unzählige Fahrhilfen ändern nichts an dieser Tatsache. Zumindest am Anfang ist es nicht für eine schnelle Runde zwischendurch geeignet, da die Lernkurve relativ steil ist. Wer sich jedoch die Zeit nimmt, sich mit der Materie vertraut zu machen und sich in das Spiel hinein fuchst, wird dafür mit einem exzellenten Fahrgefühl belohnt.
Als Fan von eher arcadigen Racern fiel mir der Einstieg schwer und in kaum einer Kurve konnte ich der Ideallinie auch nur halbwegs folgen. Es dauerte mehr als eine gute Handvoll Rennen bis es es “Klick” gemacht hat. Damit kam dann auch der Spielspass immer mehr in den Vordergrund. Aus dem Windschatten heraus zwei Fahrer zu überholen, nur um im letzten Moment zu bremsen um dann elegant durch eine Haarnadelkurve zu kommen, fühlt sich einfach grandios an.
Neben Einzel- und Zeitrennen, einem soliden aber mager ausgestattetem Online-Modus und einem neuen, zwei Spieler Splitscreen-Modus, stehen zwei Modi im Mittelpunkt: die Karriere und die “NINE” genannte Rekreation der legendären MotoGP Saison von 2009.
Die Karriere unterscheidet sich kaum von der letztjährigen Version. Man entscheidet sich für einen Rennstall für den eigens erstellten Fahrer und kann sich vom Nobody in der Moto3 bis zum Champion der Königsklasse hocharbeiten. Wie man seine Rennweekends gestaltet ist offen. Wer sich voll ins Spiel versetzen will, kann an allen freien Trainings, den Qualifyings, dem Warm-Up und schliesslich dem Rennen teilnehmen. Wer schneller in die Action will, kann beispielsweise alles ausser dem Qualifying und dem Rennen auslassen oder einfach aus der letzten Position in die Rennen starten.
Neben dem Geschehen auf der Strecke muss man sich zusätzlich um den Rennstall hinter den Kulissen kümmern. Wir stellen Personal mit verschiedenen Werten an, um Boni in Bereichen wie der Forschung zu erhalten. Die Verbesserung des Bikes wird von Technikern erforscht und entwickelt. Der Manager kann neue Angebote für Teams und höhere Rennklassen einholen. In diesen höheren Klassen muss man sich ausserdem noch um ein Junior-Team kümmern, welches ähnliche Arbeit erfordert wie das Eigene.
Präsentation und Umsetzung dieser Elemente sind leider dröge ausgefallen. Wie eine hübsche Excel Tabelle, in welcher die Zahlen beständig nach oben gehen, was Fans solcher Statistiken sicher ansprechen wird. Wer nicht viel damit anfangen kann, wird jedoch eher genervt sein über die Zeit, die man in Menüs und nicht auf der Strecke verbringen muss. Die Veränderungen und Verbesserungen gegenüber der 21er Version sind minimal, sas Verbesserungspotential immer noch gross.
NINE ist eine fantastische Mischung aus Dokumentarfilm und kleinen, spielbaren Herausforderungen mit immer wieder wechselnden Fahrern. Die MotoGP Saison 2009 gilt zurecht als eine der legendärsten überhaupt. Mit Valentino Rossi, Jorge Lorenzo, Casey Stoner und Dani Pedrosa kämpften vier Supertalente um die Krone. Deshalb hat der Brite Mark Neale diese Saison als Thema für seine neueste Doku gewählt. Sie enthält mehr als eine Stunde Filmmaterial, bestehend aus Rennaufnahmen und Interviews, welches nur so mit Hintergrundwissen zu Fahrern, Bikes und Drama abseits der Strecke strotzt.
Gespickt ist das Ganze mit knapp 50 Herausforderungen, in denen man Situationen aus den Rennen nachspielt. Unter Zeitdruck muss eine bestimmte Anzahl an Plätzen gut gemacht oder ein Vorsprung heraus gefahren werden. Manchmal muss man für mehrere Runden die Platzierung verteidigen, obwohl man mit schlechteren Reifen unterwegs ist. Spielerisch ist das genau gleich wie jeder andere Modus im Spiel. Dank der exzellenten Doku die es dazu gibt, welche neben dem englisch O-Ton auch auf Deutsch vertont wurde, gibt es den Challenges nochmal ein ganz anderes Gefühl. Kein anderes Rennspiel konnte bisher das Feeling, so nah am echten Renngeschehen zu sein, auf diese Art repräsentieren. Schade ist nur, dass man sich NINE nicht als separate Doku ansehen kann. Einige der Schnitte wären zwar ein wenig abrupt, weil es eigentlich zu Gameplay wechseln würde, trotzdem würde ich gerne den Inhalt mit anderen teilen.
Diese Höhen erreicht die Präsentation nicht. Die Strecken und Umgebungen sind zwar detailgetreu umgesetzt, wirken aber leblos und karg. Ähnlich verhält es sich mit dem Sound. Motorengeräusche mögen klingen wie in echt, aber wenn man für 30 Minuten durchgehend nur die gleiche Handvoll Geräusche zu hören bekommt, ist das nicht gerade erstklassige Unterhaltung. Das fällt besonders im ansonsten schick präsentierten NINE auf. Man kommt aus einer packenden FMV Aufnahme mit kochendem Blut auf die Strecke und wird nur vom dröhnen der Motoren begrüsst, was die Spannungskurve wieder abflachen lässt. Nur schon ein Kommentator hätte hier Wunder gewirkt.
Fazit:
Für Fans von Rennspiel-Sims oder der MotoGP ist MotoGP 22 ein fantastisches Paket. Das Gameplay mit seinen feinen Nuancen und der Möglichkeit, alles nach dem eigenen Geschmack einzustellen, ist super gelungen. Die Mischung aus toll präsentierter Dokumentation und spannenden Herausforderungen ist nicht nur eine tolle und gut umgesetzte Idee, sondern auch einzigartig im Rennspiel-Sektor. Der Karrieremodus mag zwar dank vieler Inhalt prima unterhalten, kommt je länger, je mehr aber als arg altbacken daher.
Wir haben MotoGP 22 auf Xbox Series X getestet. Das Spiel ist auch für PS4/5, Xbox One, PC und Nintendo Switch erhältlich. Das Test-Muster stammt von Milestone, wofür wir uns herzlich bedanken.
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