Die Ampel steht auf rot. Jeden Moment wird sie umschalten und das Rennen freigeben. Die Fahrer drehen die Motoren hoch. Es riecht nach verbranntem Gummi von den durchdrehenden Rädern. Benzingeruch liegt in der Luft. Die Ampel steht auf Grün! Ein Pulk von 16 Motorrädern jagt auf die erste Kurve zu. Umgeben von Fahrer-Grössen wie Gibernau, Rossi, Capirossi oder Melandri hetzen wir über die 17 lizenzierten Strecken der Saison '05 und '06.
Doch bevor mit den jeweiligen Rennen begonnen werden kann, gilt es erst mal einen Fahrer zu erstellen. Mit dem anfänglichen Startbudget kann man sich zumindest eine mittelmässige Maschine leisten. Sei dies eine Yamaha, Honda oder auch Ducati. Die Unterschiede sind minimal und zeichnen sich höchstens im Drehzahlbereich und der Höchstgeschwindigkeit aus. Anders sieht dies bei den Motorrädern der Extremklasse aus. Doch dazu später mehr. Der selbst erstellte Fahrer kann nach den eigenen Wünschen modifiziert werden. Natürlich gilt dies auch für das erstandene Motorrad. Für den Fahrer können Änderungen am Lederkombi und Helm durchgeführt werden. Nicht nur bezüglich der Farbe, sondern auch der Sponsoren und sonstigen Zieraufklebern.
Selbiges gilt auch für die Maschine. Bevor diese jedoch auf einem der 17 Strecken gefahren wird, sollte unbedingt das anfänglich Fahrtraining, welches aus 5 Übungen besteht, absolviert werden. Denn ein Motorrad ist nicht so einfach zu steuern, wie es anfänglich den Anschein hat. Im Gegensatz zu Autos werden bei Motorrädern die Bremsen einzeln bedient, um die optimale Bremsleistung zu erzielen. Natürlich kann die Steuerung so eingestellt werden, dass mit den Analogstick Gas gegeben und auch gebremst wird. Um wirklich gute Rundenzeiten zu erzielen muss der Umgang mit Vorder- und Hinterradbremse gut geübt werden. Nach gewonnenen Rennen erhält der Spieler in der Regel eine gewisse Anzahl an Fähigkeits-Punkte, welche auf die Fahrereigenschaften für Kurven, Bremsen, Beschleunigung und Höchstgeschwindigkeit verteilt werden können. Zusätzliche Punkte können mit Trainingseinheiten auf der jeweiligen Rennstrecke gewonnen werden.
Diese Trainingseinheiten sind in Schwierigkeitsstufen von 1 bis 3 Sternen eingeteilt und unterscheiden sich von Strecke zu Strecke. Doch egal um welchen Schwierigkeitsgrad es sich beim Training handelt, als Belohnung wird nur 1 Punkt zur Verfügung gestellt. Trotzdem lohnt es sich, diese Trainings zu absolvieren, nicht nur um schwierige Streckenpassagen zu üben. Jeder Fähigkeitspunkt zählt, will man in den höheren Schwierigkeitsstufen gegen die Profis bestehen. Am Anfang sollte das Interesse eher bei Kurvenlage und Bremsen liegen. Beschleunigung und Höchstgeschwindigkeit spielen noch nicht so eine grosse Rolle. Was zu Beginn noch einfach erscheint, wird sehr schnell zur echten Herausforderung. Neben Gas und Bremse muss nämlich auch die Fahrerposition mit dem Stick bestimmt und auf Wunsch zusätzlich die manuelle Schaltung bedient werden. Nachdem das anfängliche Fahrertraining abgeschlossen wurde, geht es auch schon nach Jerez, die erste Strecke der MotoGP Saison. Von Beginn weg erlaubt das Spiel die Auswahl der Schwierigkeitsgrade Anfänger, Profi und Champion. Der Schwierigkeitsgrad Legende ist bis zum meistern des Schwierigkeitsgrads "Champion" gesperrt. Es macht auch durchaus Sinn erst mal als Anfänger zu starten. Denn wie bereits erwähnt, ist es nicht einfach eine MotoGP-Maschine über die einzelnen Rennstrecken zu steuern. Der Aufbau des Fahrers sollte auch berücksichtigt werden.
Die Länge eines Rennens kann von 1 Runde bis zur kompletten Renndistanz eingestellt werden. Vorteile haben Spieler, welche im realen Leben Motorrad fahren. Denn diesen ist die Handhabung der Maschinen bereits ein Begriff und haben es dadurch viel einfacher richtig in die Kurven zu lenken. Für die Anderen wird das Spiel zu Beginn ein gewisses Frustpotential bereit halten. Wie für alle Rennspiele gilt auch hier das Auswendiglernen der Strecke als A und O. Nur so können gute Zeiten herausgefahren und die Konkurrenz zu Recht gewiesen werden. Jede Rennstrecke stellt dem Spieler die Möglichkeit zur Verfügung, im freien Training die Selbige zu üben. Dabei gibt es keine Limitationen bezüglich Zeit oder Anzahl der Runden. Erst wenn die Qualifikation bestritten wird, geht es hart auf hart. In maximal 10 Minuten muss versucht werden, die Pole Position zu erreichen. Da sich jede Strecke von ihrem Charakter unterscheidet, kann das Motorrad entsprechend angepasst werden. Ein kürzerer Radstand erlaubt dem Fahrer engere Kurven mit einer höheren Geschwindigkeit zu fahren. Nachteil dabei ist der Verlust der Stabilität in den Kurven und Geraden. Die Stossdämpfer können sowohl Vorne wie auch Hinten unabhängig verändert werden. Selbiges gilt auch für die Bereifung. In späteren Schwierigkeitsstufen spielt das Setup des Motorrads eine genau so wichtige Rolle, wie die Pole Position aus der Qualifikation. Als Anfänger und Profi kann die Qualifikation getrost übersprungen werden. Auch vom letzten Startplatz, kann das Rennen mit Leichtigkeit gewonnen werden. Um die Extrem-Klasse frei zu spielen, muss zumindest die GP-Saison einmal auf einem beliebigen Schwierigkeitsgrad beendet werden.
Mit den Rennsiegen werden nebst den Fähigkeitspunkten und Geld auch neue Fahrer und Motorräder frei gespielt. Sogar Motorrad-Tuning lässt das Spiel zu. Doch um das GP-Regelwerk nicht zu verletzen, ist dies nur in den Extremklassen möglich. Das Tuning geht von Gewichtsreduktion über PS-Steigerung zu verbesserten Bremsen und Stabilität des Motorrades. Die separate "Extremklasse" bietet 17 eigene Strecken und lässt Maschinen von 600er, 1000er und 1200er zu. Dabei handelt es sich aber nicht um Markenmaschinen. Die Rennstrecken aus dem Extremmodus existieren nicht wirklich, jedoch wurden sie in realen Umgebungen platziert. Als gutes Beispiel ist hierbei eine deutsche Autobahn zu erwähnen. Auf der Streckenbeschilderung sind bekannte Ausfahrten und Ortschaftsnamen aufgeführt. Das lässt mich gleich zum Thema Streckendesign und Realitätstreue wechseln. Wie eingangs schon erwähnt, sind die GP-Strecken lizenziert und entsprechen genau ihren realen Vorbildern. Jede Strecke zeichnet sich durch ihre eigene Charakteristika aus. Dabei sind auf dem Asphalt sowohl die Ideallinien, wie auch die jeweiligen Bremspunkte dank Gummiabrieb gut sichtbar. Wer nun ein grafisches Gewitter erwartet, wird leider enttäuscht. Die MotoGP-Strecken erscheinen sehr trist. Auch das optionale Zuschalten der Zuschauer bietet da keine Abhilfe. Als Entschuldigung kann hier aber gesagt werden, dass die echten Strecken auch nicht wirklich viel mehr her geben. Nur die fiktiven Rennstrecken der Extremklasse bieten mehr Strecken-Details. Diese sind eher an der Tourist Trophy angelehnt. Grafisch tadellos dagegen die Motorräder. Die Fahrer und Maschinen in der GP-Klasse sind sehr gut modelliert und können sofort den bekannten Fahrern zugeordnet werden.
Die Fahrphysik kommt der Realität sehr nahe, verzeiht aber Fahrfehler tolerant. Dennoch sind Ausritte ins Kiesbett oder ins Gras zu Beginn des öfteren anzutreffen. Leider hat das Spiel speziell in den Kurven massive Frameraten-Einbrüche zu verzeichnen. Offline behindern diese nicht sonderlich. Online kann es aber ganz schön nervig werden. Ebenso die verhältnismässig langen Ladezeiten. Der Sound der einzelnen Maschinen und Klassen wurde hingegen sehr gut umgesetzt. Der Unterschied zwischen den MotoGP-Maschinen und der Motorrädern aus der Extremklasse ist sofort hörbar. Die zuschaltbaren Zuschauer mit den Anfeuerungen unterstützen die Spielatmosphäre. Online bietet Moto GP 06 die Möglichkeit, den im Karriere-Modus aufgebauten Fahrer zu verwenden. Die eingekauften Motorräder und deren Modifikationen werden 1:1 für Online-Sessions übernommen. Dadurch gestalten sich Online-Rennen sehr individuell. Dies ist sicherlich als grosses Plus zu werten. Jeder Spieler hat so seine eigenen Präferenz und kann diese Online zeigen. Es können Rennen gegen bis zu 15 andere Fahrer durchgeführt werden. Als Zuschauer können die Rennen wahlweise auch passiv im Stile einer Fernsehübertragung mitverfolgt werden. Die Rennergebnisse spiegeln sich in einer Online-Weltrangliste wieder.
Fazit:
Für angefressene Motorradfans ist MotoGP '06 sicherlich ein Muss, ungeachtet der Slowdowns. Trotz des anfänglich hohen Frustfaktors bietet MotoGP '06 eine gute Langzeitmotivation. Die eintönige Grafikumsetzung der einzelnen Strecken mag vielleicht abschreckend wirken. Beachtet man jedoch die realen Strecken, kann hier nicht mehr erwartet werden. Zudem sind die Rennstrecken detailgetreu den Originalen nachempfunden. Spieler, welche ein Grafikfeuerwerk erwarten, werden aus den bereits erwähnten Gründen enttäuscht sein. Trotzdem ist zu sagen, dass MotoGP '06 ein erstklassiges Motorradrennspiel ist. Wer ihm eine Chance gibt, wird nicht enttäuscht werden. Die Fahrphysik stimmt und spektakuläre Stürze geben euch den letzten Kick. Die Entwicklung des eigenen Fahrers und die vorzüglichen Einstellmöglichkeiten runden das gelungene Gesamtbild ab.
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