Hat Ezio seine Emo-Klammotten gegen ein klassisches Fantasy-Outfit augetauscht oder erwartet uns ein eigenständiges Spiel? Teils, teils. Weiterlesen lohnt sich.
Middle-Earth: Shadow of Mordor ist eine neue Franchise von Entwickler Monolith und Publisher Warner Bros. Interactive Entertainment, dem gleichen Team, welches uns schon die Batman-Arkham-Serie beschert hat. Das merkt man Shadow of Mordor auch an, denn es ist schon sehr ähnlich zu den Vorgängern. Das Spiel stellt aber einen neuen Game-Helden vor. Talion ist sein Name und ihn werden wir gegen die üblen Urukhai steuern. Der Umfang ist für ein modernes Action-Spiel ziemlich grosszügig. Wer alle Haupt- und Nebenquests absolvieren will, muss schon 30 – 40 Stunden einrechnen. Die Story alleine lässt sich in knapp 12 Stunden durchspielen.
Das Game versucht sich eng an JRR Tolkiens Vorlage zu halten und spielt in der Zweit zwischen "Der Hobbit" und "Der Herr der Ringe". Star des Spiels ist der Ezio-Verschnitt Talion, seines Zeichens ehemaliger Ranger von Gondor, der viele Fähigkeiten der Ringgeister sein Eigen nennt, nachdem er und seine Familie unglücklicherweise von den Bösewichtern exekutiert worden sind. Wiederbelebt macht er sich daran sich zu rächen und seine Widersacher niederzumachen. Diese Spielhandlung ist nicht sonderlich originell, aber wir treffen ein paar interessanter Charaktere, darunter auch einige neue, wie zum Beispiel einen zwergischen Grosswildjäger (mein persönlicher Liebling des Spiels). Langjährige Fans der Herr-der-Ringe-Serie werden wohl in einem totalen Nerd-Krampf zappelnd am Boden liegen und alle Fehler und Lücken zur originalen Darstellung von Mittelerde in den Himmel schreien, denn Shadow of Mordor hält sich nicht gerade penibel an die Vorlage. Das tut dem Spiel aber keinen Abbruch.
Middle-Earth: Shadow of Mordor spielt sich wie ein Open-World-Titel. Die Spieler sind frei, die Monolith-Version von Mittelerde zu erkunden und das Game in ihrem eigenen Tempo zu beenden. In den Missionen treffen wir einige unvergessliche Charaktere wie Gollum oder Celebrimbor, Schmiedemeister und Schöpfer der Ringe der Macht. Die Zwischensequenzen während und zwischen den Missionen sind gut gemacht, das Voice-Acting ist sogar sehr gut. Es gibt einen Haufen Sammel-Quests, der Kampf gegen die Uruk ist aber klar die Hauptattraktion des Spiels.
Middle-Earth: Shadow of Mordor präsentiert zum ersten Mal das Nemesis-System, der eigentliche Star des Spiels. Dieses Feature ist es, was das Spiel aus dem Sumpf der 0815-Actionspiele herauszieht. Nemesis verfolgt eure Kämpfe gegen die Uruks, so dass sich eure Kontrahenten analog zu euren Handlungen verändern. So steigen sie auch in Stufen und werden besser, jedes Mal wenn sie euch niederknüppeln. Solltet ihr einen Feind besiegen, dann kann es sein, dass er später im Spiel, passend vernarbt und mit viel Hass im Bauch, wieder auftaucht und euch wüst beleidigt. Ebenso kann ein Uruk in seinem Rang ansteigen, Captain werden und neue Fähigkeiten hinzugewinnen. Dass die AI sich alles merkt und entsprechend so auf den Spieler reagiert ist das, was wohl den meisten Spielern am längsten im Gedächtnis bleiben wird.
Das Kampfsystem ist so stark von Batman abgekupfert, dass es schon fast peinlich ist. Da ist nichts Revolutionäres dabei, nur Knöpfchen drücken. Sicher, dieses bewährte System ist solide, aber ich hätte mir etwas Forderndes gewünscht, als Angriffe und Konter im Free-Flow-Style aneinander zu ketten. Animationen im Kampf sehen sehr gut aus, die Exekutionen sind ungewöhnlich brutal und blutig (natürlich fliesst nur schwarzes Orkenblut.) Das Spiel enthält auch eine Vielzahl von Gegnertypen, Feinde haben auch diverse Fähigkeiten und Fertigkeiten, so dass zumindest die ersten paar Stunden kein Kampf wie der andere ist.
Talion hat Zugriff auf zwei verschiedene Skill-Trees. Der Spieler kann beim Level-Up wählen, ob er Talion mehr auf den Pfad der Ranger von Gondor führen will. Er lernt dann verschiedene Stealth-Taktiken und Exekutionen. Wichtig, wenn man die Zahl der Feinde drastisch reduzieren möchte, bevor man überhaupt entdeckt wird. Oder aber den Pfad der Wraith, wo man mit Zaubersprüchen gegen die Uruk-Horden vorgeht, Blitze schleudert und Köpfe platzen lässt. Obwohl man durch die Vielzahl von Fertigkeiten ziemlich schnell zu einem wahren Mittelerde-Terminator wird, das Spiel wird bis zum Schluss nicht einfach. Ein paar Mal nicht aufgepasst, schon wird man für einen Uruk zur Karriereleiter.
Middle-Earth: Shadow of Mordor hat eine ziemlich gute Präsentation, vor allem eine exzellente Synchro. Die Grafik ist gut, wenn auch nicht beeindruckend. PC-Spieler werden so viel mehr Freude haben, als Next-Gen-Konsolenbesitzer, dass es gar nicht mehr lustig ist. Während die PC-Version schön auf 60+ fps läuft, stottert die Konsolenversion bei ca. 30 fps rum. Wenigstens ruckelt es in voller 1080p Auflösung.
Fazit:
Das Spiel hat mich unterhalten aber nicht aus den Socken gehauen. Ich finde die Landstriche wahnsinnig karg. Die Welt wartet mit keinerlei Details auf, keine Interaktion mit Objekten, nix. Es gibt nur Sklaven und Orks. Da hilft auch die zweite Farcry-3-Welt nichts, das ist einfach Mordor mit einer anderen Textur. Auch finde ich die Kletteranimationen ein bisschen lau. Talion springt einfach 30 Meter in die Luft und legt noch zwei Hüpfer nach und schon ist er auf dem höchsten Turm. Da gefiel mir Assassins Creed schon einiges besser. Und hier kommt auch mein Hauptproblem mit dem Spiel: Alles wirkt (und ist) übel zusammenkopiert und –geklaut. Das Untersuchen von Gegenständen kommt aus Tomb Raider, der Kampf aus Batman (X X X X X X X X X X X), der Gamestyle von Assassins Creed, einfach schlechter. Was ich sehr gelungen finde, ist zugleich auch das einzig Originelle an dem Spiel: Das Nemesis-System. Es hat mich ungemein motiviert, meinen Peiniger aufzusuchen und mich zu rächen. Nach dem vierten erfolglosen Versuch gegen den einen Bösewicht, meinte er spottend, er freue sich schon auf nächstes Mal, ich sei gut für seine Karriere. Was für ein Schwein!
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