Schon drei Jahre ist es her, seit wir das letzte Mal einen Kriegsshooter aus dem Hause EA spielen durften. Mit "Medal of Honor: Airborne" ging ein grosses Kapitel zu Ende. Die Serie wagt sich aus dem gewohnten Schauplatz, dem Zweiten Weltkrieg, und erkundet neues Terrain. Ähnlich wie die Call of Duty-Reihe, welche diesen Sprung äusserst erfolgreich hinter sich hat, legt man den Fokus auf aktuelle Konflikte und dabei speziell auf Afghanistan. Kann diese Neuauflage der Serie an vergangene Erfolge anknüpfen oder ist der Vorsprung der Konkurrenz schon zu gross?
Wie sich das bei Egoshooters so gehört, befinden sich auf der Disc eine Kampagne sowie ein Multiplayermodus. Doch hier verstecken sich quasi zwei einzelne Spiele. Während Danger Close für die Kampagne verantwortlich war, führte beim Multiplayerpart der Entwickler Dice Regie. Die schwedische Entwicklerstube, welche ebenfalls zu EA gehört, sorgte in der Vergangenheit vor allem mit seiner Battlefield-Reihe für Furore. Battlefield-Spieler werden sich sofort wie zu Hause fühlen. Doch wer sich jetzt auf ultimative Online-Schlachten freut, wird wohl ein wenig enttäuscht werden, denn es stehen nur sehr wenige Maps zur Verfügung und diese ähneln einander in zu vielen Aspekten.
Die Kill Streaks, welche ihr euch erarbeiten könnt, sind nicht so hilfreich wie in Call of Duty und die Klassen, die ihr wählen könnt, sind nicht ausreichend balanciert wie in Bad Company 2. So erscheint Medal of Honor wie ein halbgebackener Hybrid in der erfolgreichen Familie. Ihr könnt lediglich aus vier verschiedenen Modi wählen. In Combat Mission müsst ihr bestimmte Ziele auf der Map erfüllen während ihr aufs Korn genommen werdet. Sector Control ist an Annex aus Gears of War angelehnt. Ihr kriegt Punkte gutgeschrieben wenn ihr eine Flagge verteidigt. Der Modus Objective Raid spielt sich ähnlich wie Counter Strike. Zu guter Letzt darf Team Assault, der klassische Deathmatch natürlich nicht fehlen. Die Modi sind nicht schlecht, doch es gibt weitaus bessere. Dazu kommt, dass zu Beginn nur acht Maps zur Verfügung stehen. Das wird zwar sicher noch mit DLC verbessert, doch es ist schlicht zu wenig um den Spielspass auf längere Zeit zu garantieren.
Da die Kampagne völlig separat entwickelt wurde, unterscheiden sich die Modi dementsprechend. Leider konnte der Newcomer Danger Close seine Chance nicht nutzen und den gelungenen Onlinepart der routinierten Dice Studios in den Schatten stellen. Ihr schlüpft in die Rolle eines amerikanischen Tier 1 Soldaten. Diese Spezialeinheit versucht, gemeinsam mit afghanischen Freiheitskämpfern, die Taliban zu bekämpfen. So weit so gut, doch leider vermag es die Story nicht, wirklich in ihren Bann zu ziehen. Ganz dem Klischee von Militärshooters entsprechend, spielt ihr eine kleine Gruppe von dickköpfigen Einzelkämpfern, welche auf die Befehle der Vorgesetzten pfeifen und lieber ihren eigenen Weg gehen. Dies wäre ja nicht weiter schlimm, wenn man wenigstens einen Bezug zu den Charakteren herstellen könnte. Doch das wird einem mit ausgelutschten Sprüchen und idiotischen Kommentaren schlicht unmöglich gemacht. Dazu kommt noch, dass man während den Missionen mit so viel Militärjargon bombardiert wird, dass man entweder ein Militärlexikon ( oder einen Kriegsveteran) konsultieren muss um zu verstehen, was um einen herum gesprochen wird.
Auch die Spielmechanik ist komplett anders: Das Spiel ist auf dem normalen Schwierigkeitsgrad mehr mit einer Schiessbude im Vergnügungspark als mit einem zeitgemässen Shooter zu vergleichen. Ihr müsst euch den Gegnern schon absichtlich ins Fadenkreuz stellen, damit es überhaupt mal gefährlich wird. Auch die KI der afghanischen Höhlenbewohner scheint an ihre nicht mehr lebendigen Vorfahren angelehnt worden zu sein. So könnt ihr ruhig warten bis sich Widersacher aus der sicheren Deckung begeben, um so noch leichter voranzukommen.
Gefahr besteht lediglich dann, wenn ein Gegner übersehen wurde, oder die zahlreichen Scripting Events eine Vielzahl von Kämpfern gleichzeitig auf euch loslässt. Die vielen gescripteten Szenen können auch für den einen oder anderen Seufzer sorgen. So musste ich einige Male einen Checkpoint neu laden (die auch ziemlich weit auseinander sind), nur weil meine Konsole Probleme mit dem Abspielen der Sequenzen hatte. Bei all diesem Einheitsbrei hat sich dennoch eine kleine Innovation eingeschlichen, der Tier 1 Modus. Das Ziel ist es Story Missionen so schnell wie möglich zu beenden. Dabei wurden alle Check-Points entfernt um das Ganze noch schwieriger zu gestalten.
Doch es ist nicht alles Mist, was stinkt; so kann zum Beispiel die ausgezeichnete Musik überzeugen. Das Gewehrfeuer klingt realistisch und die zahlreichen Explosionen werden eure Nachbarn aus dem Schlaf reissen. Doch auch im musikalischen Bereich leistete man sich in der Endsequenz des Spiels einen Ausrutscher. Diesen werdet ihr schnell zu hören kriegen denn die Kampagne lässt sich in ca. sechs Stunden problemlos durchspielen. Leider kann auch die Grafik nicht vollends überzeugen. Bei Missionen, welche sich bei Tageslicht abspielen, kann die Grafik durch das Terrain und schöne Lichteffekte punkten, doch sobald man in der Nacht unterwegs ist, wirkt alles öde und unspektakulär. Hin und wieder macht sich auch hässliches Tearing in den Texturen bemerkbar. Alles in allem kann man sagen, dass sich das Spiel nicht ganz fertig anfühlt. Das Spiel ist zu leicht, die Scriptevents sind miserabel und eine intensive Atmosphäre will während dem ganzen Spiel nicht so richtig aufkommen.
Fazit:
Wer sich von Medal of Honor eine Konkurrenz zu den Call of Duty oder Battlefield Spielen gewünscht hat, wird masslos enttäuscht sein. Die Serie war wohl einfach zu lange weg vom Fenster, um auch nur annähernd an die Qualität dieser Spielreihen heranzukommen. Was schade ist, denn auch in diesem Teil der Serie gibt es Momente welche das Potential des Spiels zeitweise durchschimmern lassen. Doch leider ist es auch bei dem geblieben. Tut euren Nerven und eurem Portemonnaie einen gefallen und lasst diesen Titel aus. Der nächste Kriegsshooter kommt bestimmt, das garantiere ich euch!
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