Nach einem Jahr Pause gönn' ich mir wieder eine Portion "Blue 42, Blue 42, Hut, Hut!" Endlich wieder Football. Und nein: nicht Soccer! Real men don't play with round balls...
Als erstes stell ich fest, dass nach FIFA nun auch bei Madden mit der Frostbite Engine gearbeitet wird. Auf den ersten Blick sehr erfreulich, doch leider klappt es nach wie vor nicht immer, dass die Keilereien und Rudelbildungen unter den 22 Spielern nicht unweigerlich zu komischen und unnatürlichen Haltungen führen. Die Glitches hingegen gehören endgültig der Vergangenheit an.
Auch sehr erfreulich ist, dass der sogenannte Karriere-Modus wieder Einzug findet. Was bei FIFA geht, funktioniert bei Madden schon lange: Mit "Long Shot" ist ein Singleplayer Modus à la Alex Hunt implementiert. Hier geht es mit Devin Wade als Quaterback der Bullfrogs zur Sache. Natürlich soll auch hier der Aufstieg eines Talents von der Picke bis zum Super Bowl begleitet werden. Bei Devin Wade geht es am Anfang eher darum, die richtigen Antworten auf Fragen zu geben und nicht im Spiel zu brillieren. In Amerika werden die Interviews mit den Klubverantwortlichen immer sehr hoch gewertet. Wenn es dann endlich im Spiel zur Sache geht, ist es nicht sehr intuitiv und hat mit dem normalen Madden-Spiel nicht viel gemein. Zwischendurch darf Mr. Wade auch ein komplettes Spiel auf den Platz, doch dazwischen liegen Unmengen Videos und leider nach wie vor alle nur in Englisch und gänzlich ohne Untertitel. Obschon der Hauptabsatzmarkt des Titels klar in den Staaten liegt, wäre es erfreulich, würde EA wenigstens deutsche Untertitel offerieren. Da der Story Modus um die sechs Stunden benötigt, ist es für nicht Englisch sprechende Spieler doch etwas mühsam.
Was sehr positiv ausfällt sind die vielen Schauspieler, die in der Geschichte die Wegbegleiter zum Erfolg sind. Mittels der Frostbite Engine konnten wie schon in anderen Spielen sehr detailgetreue Gesichter dargestellt werden; mit Mahershala Ali sogar ein Oscar-prämiertes. Interessant ist, dass der Spieler durch die eigenen Entscheidungen und Aussagen zwar den Weg zum Ziel beeinflussen kann, der Anfang und das Ende bleiben sich jedoch gleich – auch hier, wie wir das von FIFA kennen.
Fazit zum Karriere-.Modus: Viel Tamtam, lange und aufwendige Videos, unterlegt mit Country und Southern Rock. Man verbringt viel Zeit mit Zuschauen und wenig mit dem effektiven Spielen. Die eigenen Antworten haben Einfluss auf den Spieler IQ und die Entscheidungen der Scouts. Da man selbst jedoch sehr wenig ins Spiel eingreift, ist das eher nebensächlich. Jeder der Filme wie "Any Given Sunday" oder "Blind Side" gut fand, findet hier eine interaktive Geschichte, bei der auch noch etwas Football-Verstand und Joypad Geschick verlangt wird.
Das man in Madden NFL 18 den Fokus primär auf die neue Engine sowie dem Story Modus "Long Shot" gelegt hat, wird in den unterschiedlichen Modi sowie den Veränderungen bei Angriff oder Verteidigung deutlich. Viel geändert hat sich nicht, warum auch? Madden kann schon seit Jahren mit einer sehr guten Steuerung, einem grossen Umfang inklusive allen Lizenzen brillieren und bringt im dem MUT-Modus auch die alten Legenden wieder auf den Platz.
Das ganze Menu und die Darstellung ist wie gewohnt sehr übersichtlich. Etwas gewöhnungsbedürftig ist jedoch das etwas langsamere Tempo im Spiel. Als erfahrenerer Madden-Spieler muss man sich erst daran gewöhnen. KI betreffend wurde sowohl in der Offensive wie auch in der Defensive nicht viel angepasst, wie bisher überzeugt das Spiel gegen den Computer überwiegend. Neuerungen im MUT-Modus wären aber wünschenswert gewesen. Auch wenn all die zahlreichen Herausforderungen neu sind, ist bis auf das neue Level System (notwendig um sich die verschiedenen Bereiche freizuschalten) nicht viel geschehen. Interessant hingegen ist die Möglichkeit, seine Spieler mit anderen Karten zu verbessern. Das schafft einen weiteren Anreiz, Karten zu sammeln. Das damit verbundene in-game Shopping kann man wie bei den Genre-Kollegen gut oder schlecht finden. Klar ist, dass EA nicht mehr auf diese wahrlich goldene Gans verzichten mag.
Sowohl Franchise Modus wie auch die Skill Trainer kennen langjährige Spieler zu genüge, hier sind keine grossen Veränderungen zu verzeichnen, alles beim Alten.
Nach wie vor überzeugend und wie von Madden gewohnt sind Kommentar und Musik. Wie immer fahren die Amerikaner mit der grossen Kelle auf. Die Sprüche sitzen, die Analysen stimmen und der Sound bringt den gemeinen Football Fan zum frohlocken. Die Stadien sind realitätsgetreu, die Spieler laufen flüssig und der komplette Bewegungsablauf stimmt in fast jeder Situation. Nicht ganz perfekt sind die Animationen im Hintergrund: Da schiebt ein Spieler den umstehenden, verpixelt wirkenden Fotografen herum, ohne dass sich jener bewegen würde. Und wenn man auf einem alten Highschool-Feld ein kleines Haus sieht, erinnert dies dann doch eher an Minecraft als an die heutige Zeit. Insgesamt bleibt dennoch eine ausgezeichnete Grafik an den Stellen, wo wir das erwarten und es wichtig ist. Der letzte Feinschliff bleibt jedoch für Madden 19 offen.
Die Steuerung ist perfekt und punktgenau. Die Clipping-Fehler konnten reduziert werden und die Bandbreite an Spielzügen ist überragend. Nur schade, dass es immer noch keine Möglichkeit gibt, selbst Spielzüge zu erstellen. Dies wäre doch mal eine coole und meiner Meinung eine nach schon lange überfällige Neuerung.
Fazit:
Der Long Shot Modus bringt die nötige Portion Abwechslung ins alt bekannte Madden-Spiel. Das ist erfreulich, denn wie bei den Konkurrenz-Sportarten bliebe sonst nicht viel mehr als ein Lizenz- und Grafik-Update. Im Gegensatz zu FIFA fehlt aber Madden auch ein wenig die Konkurrenz. Football Enthusiasten kommen in diesem Jahr nicht um den neusten Ableger der langjährigen Serie herum. Eine rundum gelungene Steuerung, atmosphärischer Sound und viele Tackles und TD-Pässe, da ist es wahrlich ein Vergnügen mit den Jets wenigstens virtuell den Super Bowl zu holen. Wie bei FIFA gilt letztendlich: Wer auf die aktualisierten Lizenzen und den neuen Long-Shot Modus verzichten kann, braucht den neusten Madden-Ableger nicht zwingend. Fans holen sich das Vorzeige-Produkt sowieso ins Haus.
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