Ich bin mit LEGO gross geworden und eigentlich waren die bunten Klötzchen auch für Kinder gedacht. Heute wissen wir, dass man nie zu alt für LEGO ist. Ähnliches könnte man über die LEGO Videospiele sagen, denn Spass haben damit bestimmt nicht nur Kiddies. Ich fand sie jedenfalls immer sehr unterhaltsam, auch wenn sich in den letzten Jahren eine gewisse Sättigung bemerkbar machte.
Wusstet ihr, dass das allererste LEGO-Videospiel im Jahr 1997 erschien und ein First-Person Sandbox Titel mit dem Namen «Abenteuer auf der LEGO-Insel» war? Seither gibt’s fast jedes Jahr ein neues LEGO-Spiel, das sich thematisch oft Vorlagen aus der Film- und Popkultur bedient. LEGO Horizon Adventures ist meines Wissens das erste, das eine Videospiel-Serie vornimmt. Gut, dass es sich dabei gleich um eines meiner Lieblinge handelt. Da sich mit Studio Gobo und Guerilla Games seit langer Zeit wieder mal neue Entwickler an der Thematik versuchen, waren meine Erwartungen entsprechend hoch. Die Zusammenarbeit zwischen Sony, Guerrilla und LEGO kommt aber nicht von Ungefähr, denn es gibt bereits ein paar physische Horizon LEGO-Sets.
LEGO Horizon Adventures erzählt im Grunde die Geschichte von Horizon: Zero Dawn. Es handelt sich aber eher um eine freie Neuinterpretation. Bekannte Handlungsstränge des Originals sind zwar vorhanden, es gibt aber grosse inszenatorische Unterschiede, die wohl der eher jüngeren Zielgruppe geschuldet sind. Es ist bei weitem nicht so düster. So wird z.B. der Bildschirmtod von Aloys Ziehvater Rost gekonnt kaschiert. So darf der gute Papa weiterhin als Erzähler mitspielen und verschwindet somit nie wirklich von der Bildfläche. Kindheitstrauma erfolgreich abgewandt! Die "künstlerische Freiheit" fand ich überhaupt nicht störend, im Gegenteil. So wird man als Kenner der Vorlage immer wieder mal überrascht und muss oft Schmunzeln.
Alle Gespräche in LEGO Horizon Adventures sind voll vertont, lebhafter und vor allem humorvoller als in den Hauptspielen. Auch wenn nicht alle Witze zünden, habe ich doch ein paar mal laut gelacht. Ashly Burch übernimmt erneut die Sprech-Rolle von Aloy, zusammen mit vielen Darstellern aus den beiden "grossen" PlayStation Spielen. Dass Sylens' Charakter aufgrund des frühen Todes von Schauspieler Lance Reddick im Jahr 2023 jetzt von jemand anderem gesprochen wird, ist natürlich schade. Der Mann hatte einfach eine verdammt einzigartige Stimme. Sein Nachfolger Tim Russ, den man als Tuvok aus Star Trek Voyager kennt, macht seine Sache aber wirklich gut.
Die auffälligste Veränderung gegenüber den früheren LEGO-Spielen ist die Umgebung, die hier vollständig aus LEGO gebaut ist. Wirklich alles besteht jetzt aus Steinen und Noppen, was einen enormen Einfluss auf die Optik und Ästhetik hat. Die Entwickler haben es geschafft, das Aussehen und die Haptik jedes einzelnen Steins mit fast fotorealistischer Güte in die digitale Form zu bringen. Der Lichteinfall, die Glanzeffekte... alles sieht ultra-realistisch aus. Dazu kommen neuartige Animationen der Charaktere, die eher wie aufwendige Stop-Motion Aufnahmen wirken, was in meinen Augen viel besser passt als die «Gummi-Figuren» früherer Episoden. Sogar das Wasser ist vollständig aus Klötzchen gemacht, wobei halbtransparente Klemmsteine verwendet werden, die schimmern und sich bewegen, um fliessendes Wasser zu simulieren. Kurz, LEGO Horzion Adventures sieht grossartig aus!
Grafik ist aber nicht alles. Die viel wichtigere Frage lautet: Hat sich etwas am Gameplay geändert, das die altbekannte und mitunter in die Jahre gekommene Formel auffrischt? Ja, aber nicht alles zum Guten. Die Entwickler haben versucht, möglichst viele Elemente der Vorlage zu integrieren. Folglich wird hauptsächlich mit Pfeil und Bogen gekämpft. Wir verstecken uns im hohen Gras, um unbemerkt zu bleiben, klettern Wände oder zerfallene Wolkenkratzer empor, balancieren über Seile und hüpfen in mal einfachen und mal etwas schwereren Jump-n-Run Einlagen durch die Levels. Wie im grossen Vorbild aktivieren wir unsere Fokus, um Schwachstellen bei den Maschinenwesen zu entdecken oder menschliche Gegner in der Umgebung zu markieren. Anschliessend schiessen wir für Extra-XPs den Robo-Dinos Teile ab und können sie somit schneller in die ewigen Jagdgründe befördern. Die grosszügige Zielhilfe sorgt dafür, dass selbst absolute Nieten (oder eben auch die jüngsten Spieler unter uns) stets ins Schwarze treffen.
In jedem der 5 umfangreichen Kapitel, die jeweils in einem eigenen Biom spielen und in 5 max. 10-Minuten lange "Adventures" unterteilt sind, gibt es verschiedene Arten von Spezialwaffen und temporäre Fähigkeiten. Dazu gehören Elementarpfeile, Mehrfachschussbögen und einzigartige Nahkampf-Upgrades, darunter ein paar äusserst kreative, wie z.B. ein Hotdog-Stand, der explosive Snacks in alle Himmelsrichtungen verteilt. Selbstverständlich dürfen ein paar Geheimnisse und Sammelkram nicht fehlen. Wirklich danach suchen muss man aber nie, denn folgt man den silbernen statt bronzenen Weg-Steinchen, führen diese immer zu einem Geheimnis. Die erstaunlich linearen und fast schon langweiligen Levels bieten dazu keinen Grund. Die Gleichmässigkeit ist ernüchternd und es wirkt fast so, als bestünden sie aus vorgefertigten Elementen, die einfach in einem Zufallsgenerator zusammengewürfelt wurden. Ich hab mich ein paar mal gefragt, ob ich nicht aus Versehen einen alten Level gestartet habe, anstatt beim Neuen weiterzuspielen.
Wie zu erwarten, ist jeder Abschnitt mit LEGO-Steinen gefüllt, die als Währung dienen. Damit kaufen wir uns im Hub-Dorf Waffen- und Charakter-Upgrades, etliche Mini-Figs, Kostüme und kosmetische Items. Letztere stammen witzigerweise nicht nur aus der Horizon-Serie, sondern auch als LEGO City Undercover, Ninjago und anderen Sub-Marken. Die goldenen Steine, die wir als Belohnung nach Abschluss eines Adventures erhalten, investieren wir in neue Gebäude, die weitere Features im Dorf freischalten.
Das Sammeln von «Studs», also den Währungs-Steinen, wird in LEGO Horizon Adventures weitaus weniger betont, als ich es von anderen LEGO-Spielen gewohnt bin. Meist zerdeppern wir nur hier und da ein paar Fässer oder Kisten. Die meisten der Steinchen lassen besiegte Gegner zurück.
Dafür erhält man für Kämpfe neu Erfahrungspunkte, die Aloy (und ein paar weitere, freischaltbare Charaktere) im Level aufsteigen lassen und Zugang zu weiteren Upgrades ermöglichen, die sich hinter "Level-Gates" verbergen. Die anderen spielbaren Charaktere kämpfen mit Bomben (Teersa), einem Speer (Varl) oder Hammer (Erend), was sich aber spielerisch nicht gross von Aloy unterscheidet.
Die marginalen Änderungen im Fortschritts- und Kampf-System wären dahingehend nicht unbedingt nötig gewesen, lassen das Spiel aber etwas frischer wirken als die unzähligen Vorgänger von TT Games und Warner Bros.
Der grösste Wermutstropfen kommt aber zum Schluss. Die Kampagne ist mit ca. 10 Stunden für ein LEGO Game ziemlich kurz ausgefallen. Aber dank KoOp-Modus (der hier offline wie auch online spielbar ist) und ein paar kleineren Endgame Aktivitäten gibt’s zum Glück nach den Credits trotzdem noch ein bisschen was zu tun.
Fazit:
LEGO Horizon Adventures überzeugt in erster Linie mit seiner peppigen, stellenweise fast schon fotorealistischen Grafik und dem klassischen Gute-Laune-Humor. Die altbekannte LEGO-Formel wird sogar mit ein paar neuen Mechaniken im Kampf- und Fortschritts-System aufgepeppt, wodurch es etwas frischer wirkt als seine unzähligen Vorgänger. Zu den Dellen im Lack gehören die einfallslosen, langweiligen Level, die wegen ihrer Linearität kaum zum Erkunden ermutigen oder sowas gross belohnen würden, sowie die überraschend kurz geratene Kampagne. Nach ca. 10 Stunden ist Aloys Coming-of-Age Story bereits vorbei. Da ist man als LEGO-Fan durchaus anderes gewohnt. Das sind jedoch keine Gründe, um nicht Freude an dieser unbeschwerten Nacherzählung zu haben, besonders, wenn man im KoOp Modus mit seinen Kiddies oder Freunden unterwegs ist.
LEGO Horizon Adventures ist für PlayStation 5, PC und Nintendo Switch erschienen. Wir haben das Spiel auf der PS5 Pro getestet. Das Test-Muster stammt von Sony, wofür wir uns herzlich bedanken.
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