Rockstar wagt sich einmal mehr in unbekanntes Terrain vor. L.A. Noire bringt der Videospiel-Gemeinde eine bislang gänzlich unbekannte Spielerfahrung. Was die Grossstadt in den 40er Jahren zu bieten hat und ob das reicht, um beim einschlägigen Videospielhändler das Regal zu erleichtern, haben wir uns angesehen.
Dank GTA ist Rockstar die letzten Jahre einer der erfolgreichsten Publisher im neuzeitlichen Videospiel-Markt. Trotz dem erwähnten Selbstläufer riskieren die Amerikaner ab und an was Neues. Sei es das Western-Meisterwerk „Red Dead Redemption“ oder die passable Tischtennis-Eskapade mit dem passenden Namen „Tischtennis“. Nun erscheint ein weiterer Titel, der nicht nur mit dem Szenario überrascht, sondern eine komplett unbekannte Spielmechanik beinhaltet.
L.A. Noire liegt der neu entwickelten „MotionScan“-Engine zu Grunde. Mit jener werden Gesichtszüge und Regungen, selbst Muskelzuckungen, so detailliert wie noch nie dargestellt. Jetzt noch ein passendes Spielkonstrukt um die revolutionäre Gesichtsgrafik gebastelt und fertig ist der kommende Hit. Was liegt da näher, als eine Polizei-Sim mit Schwerpunkt auf Zeugen-Befragungen auf die Beine zu stellen?
Bereits nach kurzer Spielzeit stellen wir fest, dass L.A. Noire genau das ist - und auch bleibt. Wir befragen in erster Linie Verdächtige und Zeugen an Tatorten und verschaffen uns auf diese Weise Zugang zu neuen Hinweisen und Lokalitäten. Früher oder später endet das zumeist in einer Verfolgungsjagd; sei es zu Fuss oder auf den Strassen von Los Angeles. Zu guter Letzt wird der Flüchtige nochmals befragt und Dingfest gemacht. Dieses Prinzip verfolgt das Spiel über alle 21 Fälle, die mal mehr, mal weniger Zeit in Anspruch nehmen.
Wie schon erwähnt liegt der Hauptaugenmerk des Titels im Befragen diverser, mit dem aktuellen Fall im Zusammenhang stehenden Einwohnern LAs. Jene werden nach zur Verfügung stehenden Punkten auf unserem Notizblock befragt. Aufgrund von Gesichtsregungen, Mimikveränderungen, Muskelzuckungen und Augenbewegungen des Interviewten beurteilen wir die Aussage als wahr, verdächtig oder gelogen. Treffen wir aufgrund unserer Beobachtung die korrekte Entscheidung und konfrontieren den Befragten damit, ergeben sich weitere Informationen. Liegen wir falsch, schränken wir den Beweiszufluss ein. Vor Sackgassen stellt uns LA Noire aber glücklicherweise nie. Egal wie schlecht wir vorgehen, der Hauptschuldige wird uns nur durch ein allfälliges Scheitern bei einer Verfolgungsjagd entkommen. Eben jenes sowie ein akuter Todesfall unseres Charakters sind entsprechend die einzigen Möglichkeiten, den „Game Over“-Screen zu sehen.
Obschon L.A. Noire immer noch in die Sparte der Open World-Spiele gehört, darf kein GTA im Jahr 1947 erwartet werden. Auch wenn wir uns von der Story lösen dürfen um die Stadt zu bestaunen, gibt es deutlich weniger zu tun als bei Nico Belic & Co. 40 Extramissionen warten auf deren Beendigung und lockern die Befragungen und das immer gleiche Vorgehen des Hauptspiels auf. Zudem finden wir spezielle Autos in der Megametropole oder berühmte Orte der Stadt der Engel. Die actionorientierten Aufgaben abseits der Geschichte wurden offensichtlich für Fans vergangener Rockstar-Titel implementiert, wir hätten stattdessen den Hauptstrang gerne etwas ausgefeilter gesehen. Je nachdem wie viel Zeit wir der Erkundung widmen, wartet das Spiel mit 12 bis 25 Stunden Spielzeit auf.
Technisch bietet sich über die gesamte Spielzeit ein Auf und Ab: Die Gesichtsanimationen sind überragend, andere Spiele bringen insgesamt aber eine überzeugendere Grafik auf den Bildschirm. Enttäuschend sind diverse, heftige Framerate-Einbrüche und unschönes Ruckeln, das müsste so nicht sein und erinnert an die Hardware Überforderung der PS2 bei GTA San Andreas. Im Gegenzug dafür haben wir einen wirklich guten Soundtrack gehört. Insgesamt audio-visuell überzeugend ohne dabei atemberaubend zu sein. Die technischen Schwächen haben uns zu keiner Zeit vom Weiterspielen abgebracht und schmälern den ansonsten hervorragenden Spielgenuss nur unerheblich.
Fazit:
L.A. Noire birgt ähnliche Qualitäten wie schon Heavy Rain. Ein völlig neues Spielgefühl, abseits des grossen Action- und Adrenalinkicks. Der grösste Pluspunkt ist klar die Andersartigkeit der Spielmechanik. Nach einigen Fällen kannten wir das Prinzip des Spiels und wussten schon ziemlich genau, was uns in den noch kommenden Fällen erwarten dürfte. Das spricht leider nicht für die grosse Abwechslung im Spiel. Gerade weil es sich dabei um etwas komplett Neues handelt, können wir das aber einfacher verzeihen. Mehr wäre hier, genau wie bei der passablen Story, durchaus möglich gewesen. Langweilig wurde es aber nie und die verschiedenen Fälle haben zum andauernden Weiterspielen motiviert. Insgesamt ist Rockstars Experiment eine erfrischend andere Spielerfahrung, die man mit einem Kauf honorieren darf.
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