Action-, RPG- und Strategiefreunde aufgepasst! Atlus präsentiert mit “Knights In The Nightmare” einen Hybriden aus einem Bullethell-Shooter und taktischen Rollenspiel. Ob diese Mischung etwas taugt erfahrt, ihr im Review.
Wer sich gerne knietief in komplexe, schwer zu verinnerlichende Game-Mechaniken vertieft und auch vor steilen Lernkurven nicht zurückschreckt, der soll doch bitte weiterlesen, um mehr über dieses vielschichtige PSP-Spiel zu erfahren. Freunden von simplen bis mässig anspruchsvollen Games sei von “Knights In The Nightmare” dringend abgeraten. Das Frustrationspotential ist riesig und erste Erfolge beziehungsweise ein reibungsloses Gameplay werden erst nach langer Zeit erreicht.
“Knights In The Nightmare” kann in 2 Phasen aufgeteilt werden: Story und Kämpfe. Diese wechseln sich regelmässig ab und halten sich in etwa die Balance. Die Geschichte spielt in einem mittelalterlichen, magisch angehauchten Setting und dreht sich um Diebstahl, rivalisierende Königreiche, Verrat und Scharmützel gegen Monster und Mensch. Man agiert als “Wisp”, der Seele eines Königs in Form einer weissen Kugel. Als Befehlshaber lasst ihr gefallene Ritter wieder auferstehen, die euch dann im Kampf unterstützen. Eine geheimnisvolle Walküren-Kämpferin steht euch ebenfalls zur Seite. Die Story wird mittels Rückblenden und “aktuellen” Zwischensequenzen vorangetrieben und bleibt beim ersten Durchspielen vorwiegend unverständlich und wirr.
“Wirr” ist ein gutes Stichwort, um das Kampfsystem - zentrales aktives Element in “Knights” - vorzustellen. Einleitend sei gesagt, dass es sich hierbei um eines der komplexesten Spiele für Handhelds handelt und ein locker mehrstündiges Tutorial noch lange nicht sicherstellt, dass ihr im allerersten Kampf überhaupt begreift, um was es geht. Eine nur beschränkt intuitive Menüführung und eine nicht sehr glückliche Steuerung tun ihr übriges dazu, dass Unwillige das Spiel vermutlich gerne nach dreissig Minuten frustriert in eine Ecke werfen. Und selbst wenn alle Hürden genommen sind, nervt das Game mit unfassbar häufig auftretenden Ladezeiten. Wer mir bis hierhin gefolgt ist, fragt sich hoffentlich nun, ob das Spiel überhaupt etwas Gutes zu bieten hat. Aus diesem Grund startet nun der Versuch, das Gameplay halbwegs vernünftig zu erklären.
Auf dem in Schachbrettfelder aufgeteilten Spielfeld tummeln sich eure Recken, zerstörbare Gegenstände mit darin enthaltenen Items und die Gegner. Die eingangs erwähnte weisse Kugel fungiert als Cursor, die den Rittern Befehle erteilt und ihrerseits den Angriffen der Gegner ausweichen muss. Stellt euch vor, ihr würdet mit einer PC-Maus eine Truppe befehligen und das einzige Ziel eurer Gegner ist es, den Mauszeiger zu attackieren - das erklärt die Mechanik wohl am besten. Durch in den Ecken ‘verankerte’ Items, welche ihr mit dem “Wisp” zu den Rittern führt, löst ihr mächtige Skill-Attacken aus, die euren Gegnern viel Schaden zufügen Mittels normalen Attacken wiederum generiert ihr Magiepunkte, die die Skill-Attacken erst ermöglichen. Jene und vieles mehr hängt von der jeweiligen Phase (Law oder Chaos) ab. Dazu kommen noch diverse “Kleinigkeiten” wie Elementarschaden und Störmanöver. Als wäre das nicht kompliziert genug, besitzen die verschiedene Ritterklassen alle einzigartige Angriffs- und Bewegungsmuster, die zwingend in Betracht gezogen werden müssen. Wer bisher nur Bahnhof verstanden hat, muss sich deswegen nicht schämen - KITN will gespielt, nicht erklärt werden. Auf das Leveling- und Waffensystem gehe ich an dieser Stelle nicht genauer ein; es sei aber gesagt, dass es verhältnismässig einfach und durchdacht ist.
Übrigens: Auch das intensive Vorab-Studium des Handbuchs und das In-Game-Tutorial bereiten euch ungenügend auf die Spielerfahrung vor; Trial & Error ist vorderhand angesagt. An dieser Stelle sein nun erklärt, warum dieses Spiel trotz allen negativen Punkten und Hürden eine derart hohe Wertung erhält. Das Spielprinzip ist innovativ und, sofern man einmal die Grundmechanik begriffen hat, äusserst ansprechend. Die Kombination aus Taktik und Echtzeit-Action vermag es, einen Stunden vor den Bildschirm zu fesseln. Wer “Final Fantasy Tactics: War Of The Lions” gespielt und geliebt hat, der wird wissen was ich meine. Einerseits ist man sich der Mängel zwar bewusst, andererseits überwiegt die Lust, in die Komplexität und Tiefe des Spiels abzutauchen. Wer nur einfach zugängliche Spiele mag, der wird die Genugtuung nach der geistigen Belastung eines nervenaufreibenden und trotzdem siegreichen Gefechts nur schwer nachvollziehen können, denn die Glücksgefühle, nach dem Sieg mit einer von langer Hand zurechtgelegten und dann funktionierenden Strategie ausgelöst werden, sind nicht vergleichbar mit dem simplen Anhäufen von Headshot-Scores oder dem Einsammeln von Bananen - was aber nicht wertend gemeint ist.
Fazit:
Die Knights In The Nightmare kämpfen mit einem zweischneidigen Schwert. Einerseits bietet sich hier für Freunde von komplexen Strategiespielen ein Juwel sondergleichen dar, das nur darauf wartet, in seiner ganzen Tiefe und seinem ganzen Umfang erforscht und verstanden zu werden. Andererseits birgt die Steuerung auf der PSP viel Frustrationspotential, genauso wie die steile Lernkurve und die Unzugänglichkeit des Spiels. Wer sich beim Lesen des Reviews gedacht hat, dass er oder sie die Ritter im Alptraum genauer anschauen will, der soll das doch bitte unbedingt tun. Wer schon beim ersten Absatz erschrocken zusammengezuckt ist und es doch bis hierhin geschafft hat, dem sei trotzdem für seine Ausdauer gedankt und, wer weiss, vielleicht findet Atlus’ Werk ja einen neuen Interessenten.
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