Es gibt nur wenig Spiele, die so sehr herbeigesehnt wurden wie Killzone 2. Seit fast 4 Jahren war das Teil jetzt in Entwicklung. Viel Zeit um etwas Gutes auf die Beine zu stellen. Jetzt die Erleichterung: Killzone 2 ist ein feucht-nasser Traum für alle Egoshooter Fans!
Eine halbe Ewigkeit ist es her, genauer gesagt im Mai 2005, als uns Sony den ersten Trailer zum neuen Killzone präsentierte. Sofort wurde klar, dass der Egoshooter der niederländischen Guerilla Games ein Zugpferd für die Playstation 3 werden würde. Mit diesem Spiel wollte man der Welt zeigen, was die PS3 alles zu leisten vermag. Nachdem ich die Kampagne nun beendet und mich ein paar Stunden mit dem Multiplayer Modus befasst habe kann ich mit gutem Gewissen sagen, dass Guerilla das hochgesteckte Ziel erreicht hat. Technisch ist Killzone 2 eine Wucht. Grafik und Sound haben mich von der ersten Minute an aus den Socken gehauen, doch dann wurde die Begeisterung kurzzeitig von den etwas schwammigen Kontrollen gebremst.
Zu Beginn des Spiels habe ich mehr mit der Steuerung, als gegen die rotäugigen Helghast gekämpft. Guerilla will, dass der Spieler das Gewicht der Waffen und des eigenen Körpers fühlt, was zweifelsohne gelungen ist. Dadurch bewegt man sich aber eher träge durchs Gelände. Zielen, Schiessen, Magazinwechsel... all das wird realistisch in Szene gesetzt. Lanjährige Halo- oder Call of Duty-Spieler werden sich umgewöhnen müssen. Habt ihr diesen Prozess aber erstmal hinter euch gebracht, werdet ihr das tolle Spielgefühl nicht mehr missen wollen. Killzone 2 ist zwar ein reinrassiger Egoshooter, spielt sich aber - und das ist ein grosses Kompliment - anders als alles, was es in diesem Bereich zu spielen gibt.
Die Story von Killzone 2 knüpft nahtlos an seine Vorgänger an. Noch immer stellt der finstere Imperator Scolar Visari eine gewaltige Bedrohung für die Menscheit dar. Er konnte seine Macht auf dem Planeten Helghan festigen und ist ausserdem im Besitz von Atomwaffen. Jan Templar, Protagonist des ersten Teils, ist in der Zwischenzweit von der Front zurückgerufen und zum Kommandanten der ISA-Flotte befördert worden. Ihr übernehmt also nicht mehr die Rolle von Templar, sondern von Sergeant 1st Class Tomas "Sev" Sevchenko, einem pflichtbewussten und patriotischen Mitglied des Alpha Squads. Mit herausragenden Fähigkeiten ausgestattet und auf aggressive Taktiken spezialisiert, ist Trupp Alpha dafür prädestiniert, bei der Invasion von Helghan eine tragende Rolle zu spielen.
Nach dem pompösen Intro (in Echtzeit) gehts nahtlos in die Action über. Ausgerüstet mit einer primären und einer sekundären Waffe sowie ein paar Granaten, soll ich den Helghast zu Leibe rücken, die Reizüberflutung des ersten Levels lässt mich aber nicht. Ich steh' nur da und staune Bauklötze. Die Schreie meiner Kollegen holen mich wieder in die "Realität" zurück. Okay, here we go. Rennen, Zielen, Melee-Attack... die Steuerung stelle ich im Optionsmenü erstmal auf "Alternate 2" (die Variante, die meinem geliebten Call of Duty am nähesten kommt). Ah, ich kann sogar in Deckung gehen! Ein für Egoshooter wahrlich neuartiges Feature. Drücke ich L2, schmeisst sich mein Söldner an die Wand oder kniet sich mit eingezogenem Kopf hinter eine Absperrung. Dumm nur, dass ich diesen Knopf ständig gedrückt halten muss. Manchmal holt man sich so echt einen Krampf. Eine Umschalt-Funktion im Optionsmenü suche ich vergebens. Es ist auch nicht ganz glücklich, dass "Crouch" und "Cover" auf dem gleichen Button liegen, aber egal. Schüsse aus der Deckung heraus funktionieren prima und sind auf höhren Schwierigkeitsstufen zwingend notwendig. Der Umstand, dass ich neben einer Pistole nur eine Waffe mitschleppen kann zwingt mich dazu, jeden Waffenwechseln genau zu überlegen.
Die nicht zufällig an futuristische Nazis erinnernden Helghast sind formidable Gegner, jeder einzelne ein ausgezeichneter Schütze. Sie machen mir im Nu den Garaus, wenn ich nicht aufpasse. Neben den Standard-Helghast machen mir vor allem deren grosse Brüder zu schaffen. Die schwer gepanzerten und mit Mini-Gun ausgerüsteten, furchteinflössenden Hünen sind nur am rot leuchtenden Hinterteil (Batterie-Pack?) verwundbar. Ich muss den Riesen also erstmal zum Umdrehen bewegen, was ich mit ein paar gezielten Kopfschüssen erreiche. Manchmal stellen sich mir auch elitäre Scharfschützen in den Weg, die sich fies mit einer Cloaking-Unit unsichtbar machen. Neben den underschiedlichsten Helghast-Truppen gibt es auch ein paar Tierarten, die mir mit elektrisch geladenen Bissen zu Leibe rücken. Um zusätzliche Abwechslung in den Balleralltag zu bringen, darf ich ab und zu in verschiedenen Vehikeln Platz nehmen, darunter auch ein Ungetüm, dass in Killzone Liberation (PSP) als Bossgegner herhalten musste. Neben der Treffergenauigkeit und schieren Überzahl sorgt vor allem der Bewegungsdrang der Helghast für erhöhten Puls. Sie verändern regelmässig ihre Position und setzen häufig Sturmattacken ein. Das hält das Spieltempo hoch und macht die Gefechte spannend und fordernd.
Die KI der Feinde ist ausgesprochen gut, ganz im Gegensatz zu der, der eher dümmlichen Kollegen. Diese laufen mir gerne mal vor den Lauf oder stehen ohne Deckung im Kugelhagel und lassen sich durchlöchern. Gut, dass ich sie mit meinem Taschen-Defibrilator wiederbeleben kann, wenn sie wieder einmal völlig versagt haben. In Killzone 2 ist man selten alleine unterwegs. Meistens begleitet mich eines oder mehrere Mitgleider des Alpha Trupps und ab und zu stürme ich sogar mit einer ganzen Armee im Rücken in die Schlacht. Diese Massenschlachten erinnern stark an die epischen Gefechte aus Call of Duty, wobei sie in Sachen Intensität dem Vorbild ebenbürtig sind. Das ist schon eine tolle Leistung, denn wie Genre-Fans wissen, haben es nur sehr, sehr wenige Shooter auf ein ähnliches Niveau gebracht. Grafik, Sound und Inszenierung von Killzone 2 sind über jeden Zweifel erhaben. Sogar die Rumble- und Sixaxis-Funktionalität wurden blendend integriert.
Die Singleplayer Kampagne hält einen gute 10 Stunden bei Laune und danach sorgen die in den Levels versteckten "Intels" und Helghast-Symbole für Motivation, um noch einmal von vorne zu beginnen. Wer diese "Collectables" findet bzw. zerstört, kann sich via Killzone.com ein paar nette Extras freispielen. Ausserdem lassen sich Statistiken der Singleplayer Kampagne hoch laden und mit Freunden oder anderen Killzone-Spielern aus aller Welt vergleichen.
Wer nicht gerne alleine spielt, der wird sich höchstwahrscheinlich bald dem Multiplayer-Modus widmen. Auch hier zieht Killzone 2 alle Register. Guerilla Games hat zwar zum grossen Teil bei anderen Genregrössen kopiert, aber wie sagt man so schön: Lieber gut kopiert als schlecht selber erfunden. Wobei man den Entwicklern zu Gute halten muss, dass sie sich dennoch einige Gedanken gemacht haben, wie man denn altbekanntes noch besser machen kann. Die Lösung: dynamische Multiplayer-Gefechte mit ständig wechselnden Aufgaben, "Kriegszone" genannt. Bis zu 32 Spieler können online an einer Vielzahl von missionsbasierten Spielen teilnehmen, bei denen das Hauptaugenmerk auf Teamwork liegt. Dank einer Unmenge von benutzerdefinierbaren Elementen, kann sich jeder Spieler einen eigenen Online-Charakter zusammenschustern. Dazu gehören Beförderungen und das damit zusammenhängende Erlernen neuer Fähigkeiten. Aus folgenden Charakter-Klassen könnt ihr als ISA- oder Helghast-Soldat wählen:
Rifleman (hat Zugriff auf alle Waffen und steht jedem Rookie zur Verfügung, bevor man sich spezialisiert)
Engineer (kann Geschütztürme aufstellen und repariert Munitionsspender und stationäre Waffen)
Medic (belebt Kameraden, verteilt Medi-Packs)
Scout (wird dank Tarnanzug kurzzeitig unsichtbar, markiert Gegner mit Peilsender)
Assault (stark gepanzert und mit erhöhter Laufgeschwindigkeit)
Tactician (hat Rauchgranaten, dient als Spawnpunkt und fordert Luftunterstützung in Form von Drohnen an)
Saboteur (kann die Gestalt eines Gegners annehmen und ist Profi im Umgang mit C4- bzw. Haftminen)
Wie muss man sich so eine "Kriegszone"-Spiel vorstellen? Grundsätzlich gibt es 5 Spielmodi, die sich in einer Runde und innerhalb der gleichen Map abwechseln. Zu Beginn startet ihr möglicherweise im Team-Deathmatch. Nach einer Weile dann heisst es, dass ihr einen bestimmten Spieler des gegnerischen Teams eliminieren müsst, nur um kurz darauf an einem zufälligen Punkt etwas zu sprengen. Das sorgt für Spannung und Abwechslung und macht die Multiplayer-Gefechte erfrischend anders. Fans von Spielen wie Battlefield oder dem vielzitierten Call of Duty werden vom Online-Part sicher angetan sein.
Zum Schluss möchte ich noch den hervorragenden Soundtrack erwähnen. Die Kompositionen sind allererste Sahne und erinnern mich nicht wenig an einen gewissen John Williams. Die Sound-Effekte dröhnen sogar in 7.1 aus den Lautsprechern, ein entsprechendes Setup vorausgesetzt. Besser gehts einfach nicht.
Fazit:
Kritiker mögen behaupten, dass unter dem luxuriösen Grafikgewand und der kinoreifen Präsentation wieder nur ein Shooter wie jeder andere schlummert und eigentlich haben sie recht. Aber: Was wollen Egoshooter-Fans denn? Richtig: krasse Action, mega Grafik, geile Waffen, fiese Gegner und einen umfangreichen Multiplayermodus. Am besten von allem eine doppelte Portion. Kurz: "Gun-Porno" im Edellook. Und genau das kriegen sie mit Killzone 2, nicht mehr und auf keinen Fall weniger. Das Teil sieht saumässig verschärft aus, spielt sich herrlich und hat mich von Anfang bis Schluss gefesselt und das ist es doch, was ein gutes Spiel ausmacht. Wenn ich jeden Tag bei der Arbeit denke "ich will nach Hause, ich muss weiter zocken!!", dann hat ein Spiel alles richtig gemacht. Killzone 2 solltet ihr auf keinen Fall verpassen und wer noch keine PS3 hat, sollte spätestens jetzt sein Sparschwein plündern!
Comments