"Einzigartig" und "speziell" - Eigenheiten, die selten auf Videospiele der letzten Zeit zutreffen. Passender sind Schlagworte wie "Einheitsbrei" und "Fortsetzung". Journey vereinnahmt so gar keine der letztgenannten Attribute.
Über die immer häufiger auftretenden Download-Only Titel lässt sich vorzüglich streiten. Speziell für die Jäger und Sammler aus dem 21sten Jahrhundert eine unangenehme Tatsache, dass einige Spiele ohne Datenträger und vor allem ohne Box „ausgeliefert“ werden. Für die Entwickler bieten sich dank dieser neuartigen Vertriebsmöglichkeit ungeahnte Vorteile. So wird Indie-Projekten wieder Raum zur Entwicklung geboten. Dank deutlich tieferen Vertriebs- und Produktionskosten gelangt auch das „etwas andere“ Spielprinzip zum Spieler, der leider oft von immer wiederkehrenden Fortsetzungen geplagt wird.
Journey schlägt in die Kerbe der in Erinnerung bleibenden Unterhaltung. Ein völlig anders Videospiel, das sich sichtlich Mühe gibt, nicht in die festgefahrenen Designschienen zu gelangen. Im Gegensatz zu nahezu der gesamten Konkurrenz werden in Journey keine Gegner erledigt, keine Punkte gesammelt und auf die Lebensanzeige braucht man auch nicht zu schielen – so etwas benötigt die aussergewöhnliche Reise nicht. Der PlayStation-exklusive Download-Titel erzählt dem Spieler eine Geschichte, die sich in erster Linie über eine aussergewöhnliche audiovisuelle Erfahrung präsentiert. Das Ziel ist so simpel und einfach, wie das Spielprinzip das dahinter steckt:
Wir steuern einen von einem Stoff-Umhang verhüllten Protagonisten dem immer ersichtlichen Ziel entgegen. Ein leuchtender Berg in der Ferne zieht unseren Charakter an. Also laufen und (bei Bedarf springen oder trefflicher: schweben) wir dem Giganten entgegen. Mehr Aktionen werden nicht benötigt und stehen nicht zur Verfügung. Einzig die vokalen Fähigkeiten des Wanderers werden ab und an eingefordert. Auf Kommando ruft jener melodisch in die Landschaft, um Stofffetzen-Wesen zur Unterstützung herbei zu holen. Dadurch erlangen wir höher gelegene Ebenen oder schweben mit den Stoff-Teilen über dem Boden.
Mehrheitlich ist unser namenloser Held aber alleine unterwegs. Ist die PlayStation online, pickt euch der Titel zufällig ausgewählte Spieler aus aller Welt heraus und lässt zwei Spieler zusammen in die ruhige, fantasievolle Welt abtauchen. Kommuniziert wird letztendlich auch hier nur durch musikalische Rufe, weiterführendes kooperatives Gameplay gibt es nicht. Überhaupt sollten sich auf herkömmlichen Design-Pfaden festgefahrene Videospieler von der Reise durch die Wüsten-, Höhlen- und Berg-Landschaften fern halten. Das Spiel führt durch eine spezielle, möglicherweise einzigartige Gefühlswelt, die nur schwer mit Worten zu beschreiben ist und, sofern man denn möchte, selbst erlebt werden sollte.
Nach zwei bis drei Stunden ist das Endziel erreicht. Der Weg dorthin war von leicht und unbeschwert bis hin zu spannend und höchst anstrengend. Das alles, ohne im Spielverlauf sterben zu können oder richtigen Gegnern ausgesetzt zu sein. Journey zeigt auf, wie die Videospiele-Welt auch sein könnte – und das in einer hervorragenden Art und Weise. Dank diverser mannigfaltigen Erfolgen die es freizuspielen gilt, bleibt das Abenteuer letztendlich auch für Trophäen Jäger länger spannend. Ruhigere Naturen geniessen ein zweites Durchspielen, schlicht der Atmosphäre wegen.
Fazit:
Trotz einer kurzen Spielzeit bleiben einige der eindrücklichsten Spielminuten der letzten Jahre Videospiel-Unterhaltung zurück. Nicht aber für Jedermann. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit werden viele Spieler den Sinn oder Unsinn in Journey nicht sehen (wollen) und die Lobhudelei auf den Titel hinterfragen. Aus der Sicht eines Actionfans oder Punktejägers durchaus nachvollziehbar. Ich freue mich über Andersartigkeit und innovative Spielkonzepte. Wenn diese in sich aufgehen, umso besser. Wer Lust auf eine besondere Spiele-Welt ohne Hektik und Gewaltorgien hat und gewillt ist, sich darauf einzulassen, dem sei der Download wärmstens empfohlen.
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