Vor exakt zwei Jahren veröffentlichte Sucker Punch einen Überraschungshit. inFamous war ein erfrischend anderes "Open World"-Spiel. Der (Anti-)Held war nicht nur elektrisch geladen, sein Karma schwankte massiv zwischen Gut und Böse. Ob die Fortsetzung an die Qualitäten des Erstlings anknüpfen konnte, sahen wir uns an.
Ich halte inFamous für einen der Vorzeige-PS3-Titel, auch dank des erfrischend anderen Hauptcharakters. Mit entsprechend hohen Erwartungen habe ich die Disc in Sonys Konsole befördert. Bereits nach kurzer Spielzeit war mir klar, dass ich hier exakt das erhalte, was Freunde des Vorgängers ein Lächeln aufs Gesicht gezaubert hat.
Nach einem furiosen Start bewegen wir uns erneut in der Haut des Blitze schleudernden Cole durch eine amerikanische Grossstadt. Jene wurde wenig überraschend von diversen Ganoven und Fieslingen eingenommen. Im Verlauf der im Comicstil präsentierten Story befreien wir so die drei Stadtteile von New Marais von den rumlungernden Bösewichten. Neu im Landschaftsbild sind unter anderem die umliegenden, ebenso begehbaren Sümpfe.
Die kurzweilige Geschichte rund um einen alleszerstörenden, nach Süden wandernden Giganten fordert uns früh dazu auf, Coles strombasierenden Fähigkeiten schnellstmöglichst und effektiv auszubauen. So erhalten wir von unserem alten Freund Zeke gleich zu Beginn eine schlagkräftige Nahkampfwaffe, die das Blitzrepertoire auffrischt. Da die Geschichte direkt auf Teil eins aufbaut, beginnen wir aber nicht mehr bei Null. Das kurzzeitige Schweben in der Luft beherrschen wir beispielsweise vom Start weg. Kenner des Vorgängers finden sich so schnell zurecht. Immer noch laden wir unsere Energie mit Hilfe umherstehender Strassenlaternen oder Akkus auf. Nach wie vor schiessen wir eine Menge Blitze und Stromattacken auf stets ähnliche Gegner.
Die Vorzüge vom Vorgänger wurden übernommen und konsequent ausgebaut. Nachteile wie abwechslungsarme Gegner und eher seichte Sidemissions blieben aber erhalten. Letztere im Stil von „Verhindere die Entführung“ - zum Ende hin aber immer darauf hinauslaufend, alle Fieslinge zu erledigen. Sowohl bei storyrelevanten Aufträgen wie auch bei Nebenmissionen füllt Cole seinen Erfahrungslevel, jener wird zum Erlernen neuer Aktionen auch zwingend benötigt.
Zur Auflockerung des Kampfgeschehens holen wir ab und an Vögel vom Himmel, um deren transportierte Sprachnachrichten abzuhören und die Hintergrundstory besser zu verstehen. Zusätzlich sind noch immer dutzende blaue Blitz-Icons in der Stadt versteckt, die es zu finden gilt. Jene erweitern Coles Energiehaushalt und werden selbstredend für das Erringen von einigen Trophäen benötigt. Gezwungen wird man zu diesen Aktivitäten erfreulicherweise nicht, dennoch freut sich der Jäger und Sammler in mir immer wieder, wenn eine weitere Energiescherbe im Vorbeigehen mitgenommen werden kann.
Im Verlauf des Spiels bieten sich diverse Karma-Missionen an. Die rot gekennzeichneten stehen für schlechtes Karma, blaue lassen Cole beim Volk auf der Strasse besser dastehen. Je nachdem wie sich der Held entwickelt, wartet ein völlig unterschiedlicher Abspann auf den Spieler. Richtig tiefgründig ist das Charaktersystem deswegen aber noch lange nicht, der Wiederspielwert kommt dadurch aber nicht zu kurz.
Technisch überzeugt inFamous genauso wie schon vor zwei Jahren mit einer hübschen und stets flüssigen Grafik. Spätestens seit L.A. Noire wissen wir, dass das bei Open World spielen keine Selbstverständlichkeit sein muss. Ansonsten erwarten uns die typischen Elektrosounds des Blitzmannes und eine grösstenteils sehr gute Sprachausgabe. Steuert sich Cole immer noch wie Spiderman in Bestform von Hauswand zu Hauswand, ist die Kamera bei Nahkämpfen leider oft zu hektisch.
Fazit:
inFamous 2 spaltet meine Gefühle. Einerseits freue ich mich, mit Cole erneut über die Dächer einer unbekannten Stadt zu ziehen, mich an Strassenlaternen zu hängen und Stromschienen entlang zu flitzen, andererseits ist gar wenig wirklich Neues mit dabei. Immer noch blitzen wir diverse, oft zu ähnliche Gegner weg und lösen halb-interessante Nebenmissionen um die Stadt gangsterfrei zu machen. Insgesamt ein erstklassiges Actionspiel in einer hübsch modellierten Stadt, das aber leider zu wenig Überraschungen oder Neuheiten bietet, um auch für Kenner des Erstlings zu einem Pflichtkauf zu werden. Freunde gepflegter Actionkost holen sich aber immer noch beste Unterhaltung ins Haus, wenn auch ohne Innovationsbonus des Vorgängers.
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