Der Erfolg der 2. Weltkriegs-Shooter ist nicht von der Hand zu weisen und auch wenn sich viele Shooter-Fans am Thema bereits satt "geschossen" haben, werfen neue Vertreter dieser FPS-Gattung immernoch gut Kohle ab. Auf dieser "Welle" will nun auch Midway mitreiten und veröffentlich mit Hour of Victory den ersten WW2-Shooter auf Basis der aktuellen Unreal-Engine.
Dass der Einsatz der Unreal-Engine in den Köpfen der Spieler bereits auf Papier mit einer opulenten Grafik gleichgestellt wird, ist Midway dabei sicherlich bewusst - verkaufsfördernd. Man muss sich nur Grafik-Perlen wie Rainbow Six: Vegas oder Gears of War anschauen. Mit Hour of Victory beweist Entwickler n-fusion jedoch eindrücklich, dass die Unreal-Engine keinesfalls ein Garant für gute Grafik darstellt. Als erstes fallen die unschönen Charakter-Modelle auf. Die farbarmen "Zombie"-Soldaten würden sich in einem alten Resident Evil Teil wirklich gut machen, auch von ihrer quasi nicht existenten "Intelligenz" her.
Die meisten Gegner folgen stupiden Angriffs-Mustern und nehmen den Spieler nur in den seltensten Fällen wirklich wahr. Das macht das Spiel für Profis zum Kinderspiel: Flankieren und Umnieten. Natürlich könnte man jetzt den Schwierigkeitsgrad in die Höhe schrauben und hoffen, dass sich dann was tut. Leider ist dem nicht so. Das Spiel wird dann höchstens unfair und frustrierend. Hour of Victory ist ein dreister Call of Duty Klon. Ihr folgt einem linearen Pfad, platziert Sprengsätze, benutzt stationäre MGs oder Flak-Stellungen oder nehmt in Vehikeln wie Panzer, Motorrad oder Jeep Platz. Die Vehikelsteuerung ist jedoch eine recht knorzige Angelegenheit und machen manche Passage im Spiel zur frustig-schweren Angelegenheit. Für zusätzliche Abwechslung sollen die drei unterschiedlichen Charaktere sorgen.
Vor jeder Mission (und beim Bildschirmtod) dürft ihr euch entweder für Ross dem Commando, Blackbull dem Sniper oder Taggert dem Geheimagent entscheiden. Je nach gewähltem Helden nehmt ihr einen leicht unterschiedlichen Weg durch das folgende Szenario. Sniper Blackbull kann beispielsweise an bestimmten, markierten Stellen mittels Enterhaken auf Gebäude klettern, um sich so einen Vorteil zu verschaffen. Taggert kann Schlösser knacken und ist ein Meister der lautlosen Tötung mit dem Messer. Ross ist für's Grobe verantworlich, hält viele Treffer aus und kann grosse Objekte bewegen. Jede Mission kann also drei mal gespielt werden und sollte drei unterschiedliche Erfahrungen bieten. Leider sind die Unterschiede minimal. Das mit der Abwechslung ist auch so eine Sache. Es wirkt nämlich eher dämlich, wenn z.B. Über-Soldat Ross es nicht schafft, an einem Strick hochzuklettern, der für Blackbull bestimmt ist. "Diese Aktion benötigt Blackbull", könnt ihr dann auf dem Bildschirm lesen.
Aber egal für welchen Charakter ihr euch entscheidet, die Spielerfahrung bleibt eigentlich stets die gleiche, nur die Waffen ändern sich. Die Wege sind immer linear und unterscheiden sich nur minim von einander. Die Sache mit den drei Helden kommt höchstens der Spiellänge zu Gute, da jede Mission drei mal gespielt werden kann und muss, will man die Achievements ergattern. Mit 6 Stunden Spielzeit ist die Kampagne relativ kurz ausgefallen. Technisch ist Hour of Victory eine mittlere Katastrophe. Unschöne Texturen, aufpoppende Bumb-Maps (was wohl aber auch ein allgemeines Problem der Unreal Engine 3 ist), sichtbare Spawn-Points, Ruckeleinlagen, fehlende oder zu spät einsetzende Sound-Effekte, zu leise oder zu laute Sound-Effekte, Ragdoll-Physik von Vorgestern, langweiliges Level-Design, lachhafte Dialoge, fehlerhaft interpretierte Uniformen, Flaggen und Fahrzeuge, die Liste ist schier endlos.
Das Ganze erinnert manchmal an eine Mel Brooks Persiflage, so überzeichnet, übertrieben, wie eine Parodie. Fans von WW2-Shootern werden sich einige Lacher nicht verkneifen können. So gesehen bietet Hour of Victory sogar einen gewissen Unterhaltungswert. Weniger unterhaltend ist der Multiplayer-Modus. Auf sage und schreibe sechs (6) Karten dürft ihr Gefechte in zwei (2) Modis austragen. Der eine Modus ist das Standard-Versus-Gemetzel, der andere eine Art "Anti-Caputre-the-Flag", wo ihr einen Sprengsatz anbringen, beschützen und detonieren müsst. Leider konnten wir den Multiplayer-Modus nicht richtig testen, da nur sehr selten Sessions verfügbar waren. Entweder hat dieses Spiel einfach keiner oder Midway hatte ein Server-Problem.
Fazit:
Es hat sich gut angehört: Drei wählbare Charaktere mit unterschiedlichen Stärken, mehrere Wege durch ein Level, Unreal-Engine-Grafik... Bei der Umsetzung wurde aber entweder nur unglaublich geschlampt, oder aber Midway wollte unbedingt einen Termin einhalten mit dem Entwickler n-fusion nicht zurecht kam. So oder so sind wir Spieler die leidtragenden. So sehr ich Weltkriegs-Shooter liebe, so sehr bin ich von Hour of Victory enttäuscht. Neben Call of Duty oder Brothers in Arms sieht dieses Machwerk einfach nur unglaublich alt aus. Warten wir also lieber auf das bald erscheinende Medal of Honor: Airborne oder Ubisoft's Brothers in Arms: Hells Highway.
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