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AutorenbildSascha Böhme

The(G)net Review: Hi-Fi Rush

Der Vater von Resident Evil, Shinji Mikami, war lange Zeit eine Geisel seines eigenen Erfolgs. Ständig wird von ihm erwartet, dass er Capcom's grössten Hit neu erfindet, wofür Bethesda dem renommierten Entwickler sogar Geld für die Gründung eines eigenen Studios gegeben hat. Aber Mikami kann mehr als nur Survival-Horror. Man erinnere sich an ausgefallene Spiele wie Vanquish oder God Hand.


Hi-Fi Rush Test Testbericht Review Xbox

Hi-Fi Rush schlägt in eine ähnliche Kerbe und ist das Ergebnis der Strategie von Xbox-Chef Phil Spencer, die Game Pass-Bibliothek mit den unterschiedlichsten Inhalten zu füllen. Die neueste Kreation von Tango Gameworks könnte man als einen Mix aus Devil May Cry und dem Rhythmusspiel Metal: Hellsinger bezeichnen.


Held der Geschichte ist der Aussenseiter Chai, der davon träumt, ein Rockstar zu werden. Blöd nur, wenn man nicht einmal Gitarre spielen kann. Also meldet er sich als Freiwilliger für das "Projekt Armstrong", um eine Cyberarm-Prothese zu bekommen. Doch die Operation verläuft nicht nach Plan. Aus Versehen wird ihm nicht nur der Arm ersetzt, sondern auch ein MP3-Player in die Brust implantiert, womit er den Rhythmus der Welt um ihn herum "spüren" kann. Die Geschäftsführung des für Projekt Armstrong verantwortlichen Vandelay-Konzerns duldet solche Patzer nicht, schreibt ihn kurz darauf als "zu beseitigenden Fehler" ab und hetzt ihm eine Roboter-Armee auf den Hals. Also muss sich der aufstrebende Rockstar gegen die bösen Firmenbosse wehren und ganz nebenbei auch noch die Welt retten, indem er sich mit einer Gruppe von Aussenseitern zusammenschliesst.


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Der Hauptunterschied zwischen Hi-Fi Rush und Devil May Cry besteht darin, dass wir nicht nur schnell und stilvoll mit unseren Gegnern fertig werden müssen, sondern dass alles im Takt der Hintergrundmusik geschehen soll. Ein optionales Metronom am unteren Bildschirmrand visualisiert dabei die aktuellen BPMs. Eigentlich ist das aber gar nicht nötig, denn auch Chai's putziger Begleiter, eine Robo-Katze namens 808 (eine Anspielung an den legendären TR-808 Rhythm Composer von Roland) sowie die komplette Umgebung, einschliesslich Büsche, Maschinen, Dampf aus Rohren und verschiedene andere Dinge, agieren und reagieren im Takt der Musik. Wenn wir mit unserer Waffe, eine aus Schrott zusammengesetzte Gitarre, im Takt die Gegner vermöbeln, treiben wir den Punktezähler in die Höhe. Wer sich besonders geschickt anstellt, erhält mehr Schrott und Medkits. Schrott ist die Währung in Hi-Fi Rush, mit dem wir zwischen den Levels neue Moves oder Chips einkaufen. Mit den Chips, von denen wir anfangs nur einen, später maximal 5 ausrüsten dürfen, erhalten wir verschiedene Buffs, darunter kürzere Abklingzeiten für Special-Moves oder Schrott- und Kombo-Multiplikatoren.


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Wie es sich für einen respektablen japanischen Slasher gehört, hat Hi-Fi Rush eine sehr umfangreiche Liste an Kombos. Eine taktische Komponente wird durch Chai's Gefährten eingebracht, die einzigartige Fähigkeiten besitzen. Zum Beispiel zerstört die süsse Peppermint mit ihrer Laserpistole die Energieschilde feindlicher Roboter, während der schüchterne Riese Macaroon mit seinen Cyberarmen dabei hilft, schwere Panzerungen zu durchbrechen. Zudem dürfen die Gesellen auch durch simplen Knopfdruck in Kombos und Finisher eingebaut werden oder öffnen metroidvania-style neue Level-Bereiche.


Finisher mit Quick-Time Events sind die grösste Hürde, denn man muss die Aktionen stets exakt im Rhythmus ausführen, was nicht immer einfach ist. Habt ihr die Deckung eines Mini-Bosses durchbrochen, wechselt das Spiel in eine Art Duellmodus, wo Chai Ausweich- und Parierkombinationen wiederholen muss, die durch Button-Prompts von den Gegnern vorgegeben werden. Wer keinen Rhythmus im Blut hat, wird es zwar schwer haben, kann Hi-Fi Rush aber trotzdem beenden, da es viele optionale Hilfen gibt, die man im Menü ein- und ausschalten kann.


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Egal ob gross oder klein, die Bosskämpfe sind besonders gelungen und werden immer äusserst spektakulär in Szene gesetzt. Jeder Obermotz hat nicht nur einen eigenen thematischen Bereich und Soundtrack, es kommen auch einzigartige Spielmechaniken zum Einsatz. Zum Beispiel muss der zweite Anführer des Konzerns - der verrückte Wissenschaftler Zanzo - nicht direkt im Kampf besiegt, sondern indirekt in den Bankrott getrieben werden. Also müssen wir ihn zwingen, das Firmenbudget für idiotische Projekte zu verschwenden. Und der Bühnenkampf mit der Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit, Mimosa, entwickelt sich zu einem regelrechten Irrenhaus im Stil von Space Channel 5. Dabei vermischen sich Gameplay-Elemente unterschiedlichster Genres zu einem runden Ganzen. Viel mehr möchte ich an dieser Stelle eigentlich gar nicht spoilern, denn man sollte Hi-Fi Rush und seine verrückten Ideen- und Überraschungsmomente einfach selbst erleben.


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Angesichts des Konzepts ist es unmöglich, den tollen Soundtrack zu ignorieren, der sich direkt auf das Gameplay auswirkt und gefüllt ist mit Remixen ikonischer Künstler wie Trent Reznor, The Prodigy oder Nine Inch Nails. Die lizenzierte Musik wird durch einen auffälligen, äusserst bunten visuellen Stil ergänzt, der Assoziationen zu Jet Set Radio, Sunset Overdrive oder sogar dem Animationsfilm Spider-Man: Into the Spider-Verse weckt. Gerade die Cut-Scenes würden auch als Kinofilm eine äusserst gute Figur machen, nicht zuletzt dank fabulöser Sprecher (wir haben die englische Version gespielt).


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Wer die Story durchspielen will, sollte in etwa 10-12 Stunden veranschlagen. Sobald sie abgeschlossen ist, darf man die einzelnen Level erneut spielen, um zuvor unzugängliche Räume und Sammelkram zu finden und Kampfherausforderungen zu meistern. Ausserdem gibt es einen freischaltbaren Challenge-Modus, einen erhöhten Schwierigkeitsgrad und nette Boni wie eine Jukebox im Hauptquartier und ein Album mit 3D-Modellen von Helden und Feinden.



Fazit:

Hi-Fi Rush ist mit Sicherheit - nicht nur für Xbox-Fans - eine der grössten Überraschungen der letzten Jahre. Das hängt aber nicht damit zusammen, dass Microsoft den kuriosen Genre-Mix innerhalb von nur 2 Stunden angekündigt und veröffentlicht hat. Vielmehr ist das erfrischende Gameplay dafür verantwortlich, das viele bekannte und geliebte Elemente anderer Genres zu einem abwechslungsreichen Ganzen vermischt. Die Musik ist natürlich mehr als nur ein Eckpfeiler davon und wenn man anfängt, den Flow der Kämpfe förmlich zu spüren und jeden Dash, jeden Sprung und jede Attacke im Rhythmus ausführt, fällt man regelmässig in eine Art Trance. Das Spielgefühl ist einzigartig! Dazu kommen unvergessliche Charaktere, ein toller Humor und die absurde Spiele-Welt mit vielen erinnerungswürdigen Schauplätzen und Bosskämpfen. Ein echtes Fest für die Sinne! Auch was die Technik angeht gibt es absolut nichts zu meckern. Ich mag vor allem den bunten Grafikstil, der mich an den Kinofilm Spider-Man: Into the Spider-Verse erinnert. Viele Zugänglichkeitsoptionen sorgen dafür, dass selbst weniger musikalische Naturen ihren Spass mit dem Spiel haben können. Tango Gameworks sollte definitiv öfters aus ihrem Horror-Sumpf herauskommen und etwas experimentieren. Es hat sich gelohnt. Für mich ist Hi-Fi Rush ein erster Anwärter auf den Titel Spiel des Jahres 2023. Glückwunsch!



Hi-Fi Rush ist zum Zeitpunkt dieses Tests nur für Xbox-Konsolen und den PC zu haben und Teil des Xbox Game Pass. Ein Test-Muster haben wir als Game Pass Abonnenten nicht benötigt. Gespielt haben wir auf einer Xbox Series X. Bislang ist das Spiel nur als Download zu haben.

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