Es gibt Ärger in der Unterwelt. Gevatter Tod ist gestresst. Eine gegnerische Fraktion plant die Übernahme des Jenseits. Kurz die Sense gewetzt und den Umhang geglättet und los geht es zur munteren Dämonenjagd.
Nach dem verwirrenden Zeichentrick Intro, in dem unser Held aus unerklärlichen Gründen auf ein Fünftel seiner Körpergröße schrumpft, befinden wir uns in der Lobby des Totenreiches. Unser Sensenmann präsentiert sich bereits zu Beginn als athletischer Alleskönner, von dem selbst Hollow Knight den einen oder anderen Trick lernen könnte. Mit der Sense führen wir vernichtende Kombos aus, die auch wunderbar in Midair funktionieren, hinzu kommt die Charge Option, die nach ein paar Sekunden einen heftigen Powermove auslöst. Gevatter Tod ist zudem extrem flink und fetzt über den Screen, als ob er Sonic Konkurrenz bieten möchte. Ein großzügiger Dash mit extra kurzem Cooldown dient auch als Ausweichmanöver, das uns mit ein paar hilfreichen I-Frames belohnt.
Unser Sensenschwinger hat zwar nur einen Jump, kombiniert man diesen mit einem Aufwärtsschlag mutiert er in einen Doppelsprung. Benutzt zusätzlich einen Dash überwindet man so selbst die größten Abgründe. Als Sekundärwaffen dienen die magischen Spells wie Pfeil und Bogen, Feuerbälle, Riesenhammer, gigantische Klingen, Boomerangs, Geisterschellen, Giftnebel, Clusterbomben, Mini-Explosionen und mehr. Jeweils zwei der Sekundärwaffen dürfen wir mittragen, müssen aber regelmäßig auf unseren Magiemeter achten, damit wir die Leiste nicht leerpumpen, da es ansonsten einen kurzen Moment dauert, bis die Zaubereien wieder aktiv sind.
Konträr zu den Waffenspells sind die Curses rein passiver Natur, und verpassen unserer Klinge Frost, Bleed, Blitz oder Gift oder verstärken deren Angriffe um einige Prozente. Jede Waffe, egal ob Sense oder Spell beinhaltet eine zusätzlichen Megamove, der per Schultertaste plus Angriffsbutton aktiviert wird. Eine separate, pinke Anzeige zeigt, wann der Special wieder bereit ist. Wie ihr seht, ist unserer Held bereits zu Beginn gut ausgestattet und dies ist auch bitter nötig, denn der Schwierigkeitsgrad fängt bei Have a Nice Death da an, wo andere bereits die Credits präsentieren.
Ausgelegt als klassisches Roguelike gilt es jeweils 7 Abschnitte zu durchforsten, bevor wir den Levelboss zur Rede stellen. Die einzelnen Levels dauern maximal nur ein paar Minuten und beinhalten klassisches 3D Jump&Run mit hektischen Slash Einlagen. Obwohl wir die Wahl aus knapp ein Dutzend unterschiedlichen Sensen haben, dürfen wir pro Run nur eine von zwei (später haben wir die Wahl aus drei) Vorschlägen aussuchen. Eine freie Waffenwahl zum Start bleibt uns verwehrt. Ebenso gilt dies für die Spells. Zufallsgeneriert werden uns die Zauberwaffen um die Ohren gehauen und wir müssen mit dem klarkommen, was uns das Spiel mit auf den Weg gibt. Im Laufe des Spieles werden uns weitere Spells angeboten, aber besonders zu Beginn kann die erste Zweitwaffe bereits entscheidend für den kommenden Run sein.
Ist ein Level gesäubert, haben wir danach die Wahl aus zwei bis vier unterschiedlichen Weggabelungen. Sind wir mutig, entscheiden wir uns für einen Miniboss. Ist die Energieleiste dramatisch am blinken, machen wir einen Umweg in den Shop oder wir absolvieren ein weiteres Normalolevel und hoffen auf hilfreichen Loot. Angekommen in Abschnitt Sieben stellen wir uns dem Endgegner. Schaffen wir den Kanzler auf Anhieb, winken uns Items, Upgrades und EXPs. Letztere werden je nach unserer Performance ausgeschüttet. Haben wir eine Welt komplettiert, beschenkt uns Have a Nice Death mit permanenten Perks. Wir schalten einen Art Easy Mode frei, der uns mit mehr Lebensenergie und Heiltränken versorgt, öffnen den Zugangslift direkt zum ersten Levelboss oder besuchen den Relaxation-Abschnitt, um unsere geschundenen Knochen wieder auf Vordermann zu bringen.
Lebensenergie ist ein rares Gut in Have a Nice Death. Egal ob gross oder klein, jeder Gegner kann euch im schlimmsten Falle ein gutes Stück von der Lifebar abzwacken. Doch es kommt noch dicker. Nehmen wir zuviel Schaden, verringert sich unsere maximale Gesundheit und wir haben nur noch einen gewissen Prozentsatz übrig. Es sieht so aus, als ob die Entwickler die Idee direkt aus Dark Souls 2 stibitzt hätten. Durch gewisse Items, die gekillte Gegner droppen, lässt sich die Lebensleiste aber wieder komplett herstellen. Zusätzlich generiert unsere Sensenmetzelei auch materialistische Devisen. Einkassiertes Gold tauschen wir bei Vladislaw, dem Dealer unserer Vertrauens, um. Wir schalten neue Spells frei, decken uns mit Lebensmitteln ein, die uns temporär gewisse Buffs verleihen oder krallen uns einen Vertrag, der uns permanente Optionen wie mehr Waffenauswahl oder erweiterte Itemselektion garantiert. Im Vorhof treffen wir auch noch auf den VIP-Raum, in dem wir sämtliche Sensen und Zaubereien ohne Zeitdruck ausprobieren dürfen und gleich nebenan zeigt uns der Statistik Altar wie schlecht wir bisher abgeschnitten haben.
Irgendwann wird aber auch Gevatter Tod ins Gras beissen müssen, dies liegt in der Natur von Have a Nice Death. Haben wir uns vom vorherigen Run verabschiedet, verlieren wir sämtliche Waffen, Spells und Curses und stehen wieder auf null. Und das ganze Unterwelt Theater geht wieder von neuem los.
Fazit:
Manchmal ist das Lebens als Videospieltester nicht leicht. Obwohl man die ganze Präsentation extrem abfeiert und den Helden umgehend ins Herz geschlossen hat, möchte man dem Verantwortlichen fürs Gameplay gehörig in den Allerwertesten treten. Befassen wir uns aber erst mal mit dem Positiven. In Sachen Optik ist Have a Nice Death eine kleine Offenbarung. Ein exzellent animierter Held, der mehr Skills an den Start bringt als die Hälfte seiner Genre-Kollegen und ein Setting, welches stimmungsmäßig wie die Faust aufs Auge passt. Die vereinzelten Plattform-Einlagen sind eine willkommene Abwechslung zur konstanten Feindesplätterei. Ein Lob geht auch an die stattliche Anzahl an Mittel- und Endbossen, deren diverse Angriffsvarianten und Schnelligkeit selbst den besten Joypad Artisten ins Schwitzen bringt. Und hier ist genau der Knackpunkt, wo Have a Nice Death kontinuierlich abschmiert. Das Game ist schwer, extrem schwer. Selbst als From Software gestählter Schnetzler brachte mich der Sensemann mehrmals zur Weissglut. Dass man in einem Roguelike den Fortschritt verliert ist klar. Wenn aber die Ausgangslage jedes mal einem Roulette gleicht, egal wie viele Stunden ich in petto habe, dann kann das einen schon zum Grübeln bringen. Ich weiss nicht wie gut das Spiel auf dem PC läuft, aber gelegentliche Ruckler - wenn zu viel Rabatz auf dem Bildschirm akkumuliert wird - sollte eigentlich und insbesondere bei Bossen nicht sein. Die komischen Stotterer beim Anfangs jedes Abschnittes wirken ebenfalls sehr irritierend. Die Schnapsnase, die dachte, dass man zusätzlich zu allem noch die negative Lebensleiste aus Dark Souls 2 implementieren muss, sollte vielleicht seine Berufung überdenken.
Während die Feinde mit ein wenig Geschick noch erfolgreich dezimiert werden können, sieht die Sache bei den Bossen weitaus pessimistischer aus. Ist das Pech auf unserer Seite, müssen wir mit unerwünschten Waffen und nutzlosen Spells klarkommen. Es kann deshalb sein, dass schon der erste Boss ein Kinderspiel ist oder aber zum Ausdauertest mutiert. Die Balance ist komplett im Eimer. Es gibt keine Option, dass ich mir nach einer gewissen Zeit einen Build zusammenbasteln kann, wie es bei den meisten Roguelikes der Fall ist. Klar habe ich den Upgradetree mit seinen permanenten Perks, trotzdem ist dies nicht genug. Wenn ich nach 10 Stunden immer noch beim 2. Endboss festsitze, weil ich etwa 10 Anläufe benötigte, um seine Angriffsmuster halbwegs zu verstehen, schwindet die Motivation. Denn meistens haut euch der Levelboss beim ersten Versuch in nur wenigen Sekunden in den Game Over Screen. Benutzerfreundlich buchstabiert sich anders. Irgendwann schlief vor lauter Repetition und mangelnder Progressivität sogar mein Dualsense ein, nachdem ich den ersten Endgegner gefühlt 30 Mal seziert hatte. Was ich absolut nicht verstehe ist der Umstand, dass eigentlich alle Komponenten von Have a Nice Death wunderbar passen, aber das ganze so krude zusammengebaut wurde, dass ich mich kopfschüttelnd zum 10. Mal frage, wer das ganze so abgesegnet hat. Für den Ottonormal Gamer ist es schlichtweg viel zu schwer und für die paar Hardcore Zocker ist der Markt viel zu klein. Haltet euch besser an Hades, Death Cells oder Binding of Isaac wenn ihr euch fair foltern lassen wollt. Zum Schluss noch ein kleiner Tipp an die Entwickler; Für ein tolles Metroidvania ist alles vorhanden. Warum nicht nochmals alles umkrempeln und richtig machen? Unser sympathischer Sensemann hätte eine zweite Chance verdient!
Have A Nice Death ist für PC und Nintendo Switch erhältlich - bisher leider nur rein digital. Wir haben die Switch-Version getestet. Das Test-Muster stammt von Gearbox Software, wofür wir uns herzlich bedanken!
Comments