Auf der falschen Seite des Gesetzes! Für Fans ist es das beste Spiel seit Jahren, für Kritiker verherrlicht es einfach nur primitive Gewalt. Grand Theft Auto 3 erhitzt die Gemüter, doch was steckt hinter dem Spiel, primitiver Shooter oder gnadenlose Satire?
Kontroverse Spiele gab es in den letzten Jahren immer wieder, aber selten wurde über ein Spiel so intensiv diskutiert, wie über Grand Theft Auto 3 auf der Playstation 2. Kritiker werfen dem Hersteller Rockstar vor, mit übertriebener Gewalt und der Verherrlichung von kriminellen Handlungen, einfach nur Kohle machen zu wollen, ohne Rücksicht auf Moral oder Gesellschaft. Fans beeindruckt die enorme Freiheit, alles tun zu können, wozu man gerade Lust hat und dabei durchaus über Leichen gehen zu dürfen. Betrachtet man aber das Spiel etwas genauer, fällt einem auf, das es eigentlich nur eine Hommage an klassische Gangsterfilme der sechziger, siebziger und achtziger Jahre ist, natürlich gemixt mit einer gekonnten Realsatire der Neunziger.
Schon nach kurzer Zeit bemerkt der Spieler, dass das ganze Szenario unrealistisch und überzogen wirkt, daher unmöglich ernst gemeint sein kann. Schon das Intro könnte aus einem Steve McQueen Film stammen, genau wie ein Grossteil der Kulisse. Die Gangster werden derart klischeehaft dargestellt, dass man meinen könnte, die Mitglieder der Mafia seien Darsteller eines neuen Paten Teils. Noch absurder wirken nur noch die dauernd bekifften Jamaikaner, die zu Reggae Musik in ihren Gangwagen abhängen. Leicht zu bemerken sind ebenfalls die Seitenhiebe auf die amerikanische Gesellschaft und ihre seltsamen Waffengesetze.
Betritt man beispielsweise einen Waffenladen, wird der Spieler vom Besitzer mit dem Satz begrüsst; „du siehst vertrauenswürdig aus, von dir muss ich keinen Personalausweis haben“ und schon steht uns ein Arsenal an automatischen Waffen zur Verfügung, welches selbst das von kleinere Armeen alt aussehen lässt. Und obwohl sich praktisch das ganze Spiel um Gewalttaten dreht, man Mordaufträge ausführen muss oder ganze Gangsterbanden eliminieren sollte, ist es gerade die übertriebene Gewaltdarstellung, welche das Spiel komplett vom Vorwurf befreit, realistisch zu sein.
Technisch gibt es an Grand Theft Auto 3 wenig zu bemängeln. Zwar bricht des Öfteren die Framerate ein, aber der subjektive Spielgenuss wird das Ruckeln kaum beeinträchtigt. Glücklicherweise bleibt man von anderen technischen Problemen, die bei anderen PS2 Spielen immer wieder auftauchen, so gut wie verschont. Grafisch ist GTA3, trotz kleinerer Fehler, eine Pracht und selten wirkte eine Stadt so lebendig und wurde mit soviel Liebe zum Detail umgesetzt. Der Eindruck einer lebendigen Stadt wird fast perfekt vermittelt und man fühlt sich als Teil von Liberty City.
Der Soundtrack hingegen ist über alle Zweifel erhaben und kann durchaus zum Besten gezählt werden, der in den letzten Monaten für Spiele produziert wurde. Sofort bemerkt man, dass Rockstar ursprünglich ein Plattenlabel war, denn selten wurde Musik so professionell für ein Spiel zusammengestellt. Für praktisch jeden Geschmack ist etwas zu finden, sei es nun Hip Hop, Klassik, Techno, achtziger Jahre Pop, Kommerz Pop, ja sogar ein Talkradio wird dem Gamer geboten. Der interessierte Musikfan wird überrascht feststellen, dass sogar eine Menge grosser Namen der Branche hinter vielen Musikstücken stehen. Daher gehört Grand Theft Auto 3 auch aus technischer Sicht mit zum Besten, was im Augenblick auf der PS2 zu finden ist.
Fazit:
Noch nie wurden in einem Spiel so viele Tabus gebrochen, wurde rohe Gewalt so zelebriert oder hat man sich über gesellschaftliche Normen so gnadenlos hinweggesetzt, wie bei Grand Theft Auto 3. Aber damit nicht genug, denn Rockstar hat schon das nächste politisch inkorrekte Videospiel in Vorbereitung. In State of Emergency werdet ihr in einer nicht zu fernen Zukunft mit anderen Demonstranten gegen weltweite Megakonzerne vorgehen, Unruhen anzetteln und euch mit der von den Industriemagnaten korrumpierten Polizei prügeln. Politsatire in einem Videospiel, zwar teilweise etwas überzogen, aber durchaus nichts Anderes, als das der interessierte Zuschauer schon seit Jahren aus dem Kino oder Fernsehen kennt. GTA 3 ist böse und teilweise extrem blutig und trotzdem oder gerade deshalb ein Game, das den Spieler stundenlang an den Fernseher fesselt und nicht mehr los lässt. Daher jedem zu empfehlen, der sich nicht daran stört, auch mal auf der falschen Seite des Gesetzes zu stehen und ausnahmsweise nicht die Welt zu retten.
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