Gran Turismo, für Konsolenracer ist die Franchise längst Kult. Meine erste Berührung mit Gran Turismo hatte ich auf der Playstation 2 mit GT 3 A Spec. Der Hype um die Marke ist auch heute noch riesig obwohl Titel wie Forza Motorsport oder Project Cars der GT Reihe den Rang als beste SimCade Racer längst abgelaufen haben. Dies ist jedoch meine subjektive Meinung und ich versuche den aktuellen Test möglich unvoreingenommen zu halten.
Der neuste Ableger von Polyphonie Digital, dem japanischen Entwicklerstudio, nennt sich nun GT Sport. Der Name deutet es bereits an: Gran Turismo Sport für die PS4 tanzt im Vergleich zu seinen stets brav durchnummerierten Vorgängern etwas aus der Reihe. Neu ist auch die Auslegung auf reines Online Gaming. Ein Offline Modus ist zwar vorhanden, jedoch vernachlässigbar, doch dazu später mehr.
Wer sich GT Sport in der Hoffnung kaufen möchte, hier ein "traditionelles" Gran Turismo zu bekommen: Vergesst es! In der „mini Kampagne“ geht es nicht mehr darum Rennserien zu meistern um an Erfahrung und Ehre zu gewinnen, sondern nur noch um kleinere Missionen. Rollt ein Fahrerfeld von hinten auf, fahrt möglichst effizient eine gewisse Anzahl Pylonen um, das war‘s auch schon.
Die traditionelle Fahrschule, die mit teils recht simplen, teils aber auch sehr herausfordernden Prüfungen auf die virtuelle Fahrerkarriere vorbereiten soll, gibt es nach wie vor. Hier jagd ihr die letzten Tausendstel um doch noch Gold abzustauben. Hier beginnt auch bereits der Wettbewerb mit den eigenen Freunden, denn deren Zeiten sind im Menu immer präsent und stacheln zu Höchstleistungen an. Der Singleplayer ist also schnell abgehakt, ausser ihr seid scharf darauf überall Gold zu holen. Der direkte Konkurrent Forza Motorsport 7 spielt hier klar zwei Rennklassen höher!
Der Umfang wurde ebenfalls extrem zusammengestrichen. Standen in Gran Turismo 6 noch über 1'000 Autos in der virtuellen Garage, sind es jetzt "nur" noch 162. Zum Vergleich: Project Cars 2 liefert knapp 200 Fahrzeuge, Forza Motorsport 7 über deren 700. Immerhin verfügen alle 162 Karren über eine voll ausmodellierte Cockpitansicht. Allgemein sehen die Autos wahnsinnig gut aus und lassen sich im Fotomodus exzellent ins Szene setzen. Es gibt fotorealistische Szenarien rund um die Welt wo ihr eure Autos mit diversen Effekten versehen ablichten könnt.
Bei der Streckenzahl wiegt der Rotstift deutlich schwerer als der geschrumpfte Fuhrpark. Insgesamt stehen nur noch knapp 20 Kurse mit etwa 40 Variationen zur Wahl. Echte Rennkurse wie der Nürburgring und Brands Hatch sowie Fantasiestrecken wie zum Beispiel der Dragon Trail an der kroatischen Küste halten sich dabei die Waage und sehen zudem meist sehr gut aus.
Der Fokus von Gran Turismo Sport liegt eindeutig auf den Multiplayer-Online-Rennen und bevor ihr die starten könnt, werdet ihr gezwungen zwei Videos zu schauen, die euch die sogenannte "Rennetikette" erklären. Erfolg in GT Sport bemisst sich sowohl aus schnellen Rundenzeiten und guten Platzierungen als auch in fairem Verhalten auf der Strecke. Rempler und das Blockieren von anderen Fahrzeugen sind verpönt, Fahren ohne Blechkontakt wird dagegen belohnt, was sich dann in der Sportsgeistwertung niederschlägt. Diesen Ansatz finde ich persönlich sehr löblich, denn Destruction Derby Rambos, welche mir den Multiplayer bei Forza Motorsport regelrecht vermiest haben, treffen gute Fahrer hier kaum an.
Wer regelmäßig auf den vorderen Plätzen landet, steigt zudem in der Fahrerwertung, die auch als Bemessungsgrundlage für das Matchmaking gilt. Soweit die Theorie, wie funktioniert das in der Praxis? Nach meinen Eindrücken schon sehr gut, allerdings auch mit ordentlich Raum für Verbesserungen. Die Spielersuche gestaltet sich generell sehr angenehm. Im Online-Bereich stehen mehrere Tagesrennen auf dem Programm, die alle 20 Minuten wechseln und denen ihr 15 Minuten vor Start beitreten könnt. Bis zum Start eines Rennens lassen sich dann auf dem Kurs Qualifikationsrunden drehen, markiert ihr dabei die Bestzeit, seid ihr in der Startaufstellung ganz vorne platziert. Dieser Ansatz gibt einen guten Vorgeschmack auf die kommenden E-Sport Events, welche Polyphony Digital plant. Durch das Qualifying trennt sich die Spreu schon vor dem eigentlichen Rennen von dem Weizen und die langsameren Fahrer reihen sich hinten ein. Dadurch kämpfen vorne die Cracks und weiter hinten die Emporkömmlinge untereinander um die Platzierungen, dies hilft ungemein um die Rennen sauber und frustfrei zu halten.
Bei meinen gefahrenen Rennen wurde ich stets mit gleichstarken Fahrern zusammengewürfelt, die Wartezeiten waren kurz, die Verbindungsqualität gut. Neu ist das Ghosting System welches in den niedrigeren Fahrerstufen langsamere Fahrzeuge, zum Beispiel nach Unfällen und generell recht häufig in Kurvenpassagen, durchsichtig werden lässt, um Berührungen zu vermeiden. Ein solches System würde ich mir für Forza wünschen. Optimal funktioniert es jedoch noch nicht, denn ich wurde doch öfters in Kurven als Bande missbraucht und danach vom Bewertungssystem noch bestraft, da es mich als Auslöser der Berührung gewertet hat. Dies ist sehr frustrierend, Polyphony Digital sollte hier schleunigst nachjustieren.
Technisch macht GT Sport eine gute bis sehr gute Figur, die Autos sehen wirklich toll aus und die Strecken sind auch ok, jedoch nicht überragend. Der Sound, einer der Schwachpunkte in der Vergangenheit, wurde stark verbessert. Die Motoren klingen anständig, können jedoch mit Forza Motorsport oder auch Project Cars um Längen nicht mithalten. Der Netzcode ist jedoch sehr gut, auch vollbesetzte Server mit zwei Dutzend Spielern liefen bei mir stets sauber und frei von Lag’s.
Fazit:
GT Sport ist kein richtiges Gran Turismo. Dazu fehlt es schlicht an Umfang und Abwechslung und dies an allen Ecken und Enden. Die Fahrphysik ist jedoch gewohnt gelungen, die Grafik sehr gut und der Sound ok. Wer einen reinen Online-Racer sucht und den kleinen Fuhrpark sowie die übersichtliche Strecken-Auswahl verschmerzen kann, ist bei GT Sport gut aufgehoben.
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