„Gentlemen, start your engines“. Wie lange hat die Zockerwelt auf den neuen "Gran Turismo"-Titel gewartet? Lange, sehr lange. Nach mehrmaligem Verschieben des Releasetermins ist das Spiel nun endlich veröffentlicht worden. Hat sich das Warten gelohnt?
Die Vorschusslorbeeren für den „Real Driving Simulator“ waren enorm. Jahrelang wurde das Spiel mittels Vorschauen im Web, Presseschauen sowie unzähligen Videos und Interviews angepriesen; die Erwartungen waren dementsprechend sehr hoch. Eins vorneweg: Der Aufprall auf den Boden der Realität war für mich als Fan extrem hart. Gran Turismo 5 kann meine Erwartungen in keinster Weise befriedigen. Nun aber der Reihe nach...
Nach einem kurzen Ladescreen befinden wir uns auch schon im Hauptmenu des Spiels, von wo aus man Zugriff auf die Spielmodi und Optionen erhält. Die meiste Zeit werdet ihr wohl im Hauptschirm der GT-Karriere verbringen. Dieser Bildschirm ist die Schaltzentrale eurer Laufbahn; hier startet ihr die Rennen, versucht euch an den bekannten Lizenzen oder messt euch online mit Mitspielern aus aller Welt. Der Ersteindruck ist durchaus positiv; die Aufmachung ist schick, die Musik GT-typisch gelungen.
Erster Karriereschritt: Ihr kauft euch ein Auto. Ich habe mich für einen Honda Civic EK9 entschieden, welchen ich beim Autohändler meines Vertrauens gekauft habe. Der Playseat ist aufgestellt, das Logitech G27 Racingwheel bereit und ich bin es auch; 3..2..1..go! Das Fahrfeeling aus der Cockpitansicht ist phänomenal. Was der XBox 360 und Forza bis heute fehlt ist ein bezahlbares, qualitativ hochstehendes Lenkrad. Auf der Playstation 3 ist die Kompatibilität der Logitech-Lenkräder 100% gegeben - dies erhöht den Fahrspass ungemein.
Nach und nach spielt ihr, durch Sammeln von Erfahrungspunkten, neue Events frei. Bei den meisten Rennen sind nur spezielle Fahrzeuge zugelassen, somit ist ein Maximum an Abwechslung im Bereich der fahrbaren Untersätze gegeben. Hier liegt aber auch bereits der erste Hund begraben. Spielt ihr, wie ich auch, gerne in der Cockpitansicht, dann geht dies jedoch nur mit den rund 200 Premium-Fahrzeugen. Die restlichen der circa 850 Fahrzeuge im Spiel sind hoch skalierte Wagen aus Gran Turismo 4 - und so sehen diese auch aus (hässlich), inklusive fehlender Cockpitansicht.
Durch gute Platzierungen in den Events sammelt ihr fleissig Credits, mit denen ihr wiederum eure Wagen gehörig aufmotzen könnt. Im Tuningshop lassen sich Komponenten wie Auspuff, Luftfilter oder Reifen durch bessere Teile ersetzen. Wem die Leistung seines Wagens nicht ausreicht, kann auch gleich einen Turbolader draufpappen oder die Leistung mittels speziellen Motortunings verbessern. Optisch seht ihr diese Veränderungen nicht und auch sonst lässt sich am Wagen nicht sehr viel verändern. Ihr könnt aus gut 30 verschiedenen Felgen und wenigen Aerodynamikteilen auswählen. Lackieren könnt ihr nur das ganze Auto. Kreative Köpfe, welche sich bei Forza Motorsport noch so richtig austoben konnten, kommen hier komplett zu kurz.
Der Onlinemodus ist das neueste Feature in einem Gran Turismo. Dieser ist direkt über die Homeseite der Karriere erreichbar. Nach einer angenehm kurzen Ladepause könnt ihr mittels verschiedenster Filter ein Rennen nach eurem Gusto suchen. So lässt es sich nach bestimmten Strecken oder auch nach bestimmten Regionen suchen. In der Lobby angekommen, sucht ihr euch als erstes einen passenden fahrbaren Untersatz aus. Wo ist denn meine Garage geblieben? Durch einen Klick auf das „Garage“ Symbol finde ich zwar eine Auswahl über gut 50 Fahrzeuge, aber meine eigene Garage ist nicht auffindbar. Nach mehreren Onlinerennen habe ich bemerkt, dass meine eigenen Autos zu den Favoriten hinzugefügtwerden müssen, um diese auswählen zu können. So sind die eigenen aufgemotzten Karren wählbar, die über 1000 Autos aus der Karriere jedoch nicht. Warum? Das weiss wohl nur der gute Mister Yamauchi. Für gute Platzierungen in Onlinerennen bekommt ihr; nichts. Ihr habt richtig gelesen; absolut gar nichts. Erfahrungspunkte, Credits oder gar Ränge wie in Forza Motorsport sucht ihr vergebens. Auch eine Online-Bestenliste, wo ihr eure Zeiten mit denen eurer Freunde vergleichen könnt, sucht ihr vergebens. Das ist nicht mehr zeitgemäss, liebe Polyphony-Programmierer, und schlicht enttäuschend.
Technisch ist der Titel stark durchwachsen. Stadtkurse wie London glänzen mit hoch aufgelösten Texturen, einer beeindruckender Architektur sowie atemberaubendem Lightning. Kurse wie Trial Mountain, welche von GT 4 übernommen wurden, sehen aus wie ein hoch skaliertes 'Playstation 2'-Spiel - einfach nur grausig. Die Wettereffekte sind durchwegs gelungen; erste Rennen im Regen haben mich durchaus beeindruckt, auch wenn selbe Effekte in einem Spiel wie Formel 1 2010 noch besser umgesetzt wurden.
Die Soundkulisse hingegen ist durchwegs schwach. Sind unsere Ohren von Forza 3 noch brüllende und röhrende Motoren gewöhnt, so kreischen die Motoren der Gran Turismo 5 Boliden wie sterbende Staubsauger aus den Boxen - einfach nur schwach. Die Musik ist hier um einiges besser gelungen, auch wenn die vorwiegend japanischen Komponisten in unseren Breitengraden kaum bekannt sein dürften.
Fazit:
Wo sind die 7 Jahre Entwicklungszeit geblieben? Wer sich länger mit Gran Turismo abgibt und den ersten Hype überdauert hat, wird sich diese Frage stellen müssen. Das Spiel ist eine solide Rennsimulation für Konsole und mit Lenkrad erstklassig zu spielen. Die ganze Präsentation ist gelungen. Technisch ist es teilweise jedoch nicht mehr zeitgemäss und der Onlinemodus ist nur eines: Skandalös. Das lange Warten und die tausende Trailer haben die Erwartungen in unerreichbare Höhen geschraubt - vielleicht war der Druck einfach zu hoch für Polyphony. Forza Motorsport 3 ist und bleibt der König der Konsolenracer.
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