Püntklich zum Deutschland Release der neuen Xbox One Konsole kommt das neue Forza Motorsport 5 auf den Markt. Der Genreprimus hat einen hervorragenden Ruf zu verteidigen, denn Forza 4 hat die Messlatte sehr hoch angesetzt. Launchtitel sind immer einem zusätzlichen Termindruck ausgesetzt, was sich nicht immer gut auf die Qualität auswirkt. Ist auch Forza Motorsport 5 hiervon betroffen? Leider ja, lest unser Review um mehr zu erfahren.
Nach 10h Karriere von Forza Motorsport 4 landete die Disk meist nur noch aus zwei Gründen im Laufwerk meiner 360: die Nordschleife des Nürburgrings und der Adrenalin pumpende Onlinemodus. Der Eifelkurs ist für mich einfach die grossartigste Rennstrecke der Welt und ich weiß noch ganz genau, wie sehr ich mich darüber gefreut habe, in Project Gotham Racing 2 erstmals an einer Konsole durch die grüne Hölle zu rasen. Noch glücklicher war ich, als die Piste mit dem vierten Teil endlich Einzug in Gran Turismo hielt. Was habe ich dort Runden gedreht! Und obwohl ich die gut 20 Kilometer lange Strecke mittlerweile fast im Schlaf beherrsche, verliert sie nichts von ihrem Reiz und Charme. Auch auf den Fujimi Kaido bin ich gefühlte 1 Million mal raufgebrettert, nur um noch die letzten Tausendstel zu suchen.
Die Entwickler versprachen im Vorfeld auf Laserscanning beim Design der Kurse zu setzen. Dieses Verfahren, das u.a. bei iRacing zum Einsatz kommt, erfasst selbst kleinste Bodenwellen ganz genau. Im Vorfeld habe ich mich durch diese Info auf noch realistischere Kurse gefreut. Doch was hat Turn 10 mit seinen Fans gemacht? Wir wurden alle enttäuscht! Vieles und dabei eben auch das Beste, nämlich die Nordschleife, sind dem Rotstift zum Opfer gefallen. Genau wie auch der Hockenheimring, Suzuka, Mugello, Tsukuba und selbst die traditionelle Forza-Piste Maple Valley. Sorry Turn 10 aber das geht gar nicht. Das sind zuviele Absenzen, ihr habt durch diesen Release so einiges von eurem Mythos zerstört.
Der Reiz auf der Xbox One leidet: Es gibt trotz Neuzugängen wie der Ardennen-Achterbahn Spa-Francorchamps, dem F1-Kurs Yas Marina in Abu-Dhabi, dem fordernden Mount Panorama Circuit von Bathurst und der grafisch imposanten Stadtrundfahrt durch Prag viel zu wenige Strecken! Mit alten Bekannten wie Laguna Seca, Indianapolis, Catalunya und dem obligatorischen Top-Gear-Track stehen hier lediglich 14 Pisten in diversen Layouts zur Auswahl. Zum Vergleich: Im Vorgänger durften sich Rennfahrer noch auf knapp der doppelten Anzahl austoben. Das ist definitiv zuwenig um wirklich lange zu motivieren, zumindest für mich.
Und dieser Mangel an Abwechslung wirkt sich auch negativ auf die überarbeitete Karriere aus, die neuerdings in acht Klassen und diverse Ligen aufgeteilt ist. So klemmt man sich später hinter das Steuer von Muscle-Cars wie dem Shelby GT 500, gibt in stylischen Exoten wie dem Pagani Zonda Vollgas oder gibt sich in Oldtimern vom Schlag eines eleganten Mercedes SL 300 oder dem Bond-Klassiker Aston Martin DB5 die Ehre. Erstmals sind auch Formel Autos mit im Fuhrpark vertreten. Zwei Wagen aus den 70ern von James Hunt und Niki Lauda sowie aktuelle Indy Cars und der Lotus E21 von Kimi aus der aktuellen F1 Saison. Ja, das klingt eigentlich alles super, doch da man aufgrund des mageren Streckenangebots ständig die gleichen Schauplätze besucht, ist hier schnell die Luft raus, zumal mich auch die langweilige Aufmachung nicht überzeugt hat. Zwar wird schon fast verzweifelt versucht, den Spieler mit kleinen Extraaufgaben wie einem Pylonen-Parcours, Überhol-Herausforderungen oder Rennen durch den Verkehr bei der Stange zu halten, doch das größte Problem bleibt bestehen: Es gibt zu wenig Strecken!
Turn 10 und Microsoft haben nicht nur bei der Streckenauswahl, sondern auch beim Fuhrpark die grosse Schere angesetzt und die vormals 500 Karossen auf 200 Boliden reduziert. Ok, das könnte ich durchaus noch akzeptieren, doch dass man aber gleichzeitig schon zum Start das erste von vielen kostenpflichtigen DLC-Paketen anbietet, ist für mich wie ein Schlag ins Gesicht! Aber es kommt noch schlimmer: Optionale - sogenannte Mikrotransaktionen - wurden ja schon im Vorgänger angeboten, doch bei Forza Motorsport 5 schiesst Microsoft wirklich den sprichwörtlichen Vogel ab. Wollt ihr sofort mit dem Lotus F1 auf die Piste, werden nochmals rund 80 CHF fällig. Seid ihr komplett bescheuert??? Das Dümmste daran, es wird haufenweise Leute geben, die sich gerne abzocken lassen und dadurch Microsoft und Konsorten darin noch bestärken. Das ganze System ist auf Abzocke des Users getrimmt. Ihr könnt nämlich sämtliche Wagen neu nicht nur mit Ingame Credits, sondern auch mit sogenannten Gutscheinen, welche ihr mit Echtgeld bezahlt, kaufen. Wieso gibt es bei Rangaufstiegen keine Autos mehr geschenkt? Wieso kriege ich bei Rennen mit einem Mietwagen keine EP und Credits? Schöne neue Generation, Autsch!!! :-(
Es gibt auch Positives zu berichten: Technisch macht Turn 10 alles richtig. Die Autos sehen absolut fantastisch aus, der Detailgrad verschlägt einem immer wieder aufs neue die Sprache, einfach der Wahnsinn. Nach dem ersten optischen Flash gilt es die inneren Werte genauer unter die Lupe zu nehmen. Zum Glück knüpft Turn 10 hinsichtlich der Fahrphysik dort an, wo man bei Forza 4 aufgehört hat. Mit einem Wort: phänomenal!
Vor allem das neue Reifenmodell trägt massgeblich dazu bei, dass man langsam das Limit der Boliden ausloten und entsprechend auf das Über- und Untersteuern reagieren kann. Ohne Fahrhilfen hat man alle Hände voll zu tun, die mitunter gewaltigen Powermaschinen zu zähmen und sich auf die individuellen Eigenschaften der Fahrzeuge einzustellen. Ein Evo X mit Allrad fährt sich eben ganz anders als ein Fronkratzer wie der Honda Civic oder gar eine Heckschleuder wie der Lexus LFA. Es gelingt den Entwicklern hervorragend, diese Unterschiede zwischen den einzelnen Boliden abzubilden. Forza richtet sich jedoch nicht nur an Profi-Rennfahrer, denn mit zu schaltbaren Hilfen kommen selbst Anfänger in den Genuss, den Fahrspaß zu erleben. Im Zusammenspiel mit Forza 5 zeigt der neue Controller der Xbox One, was in ihm steckt. Dank der Impulse-Trigger, die neben den Standard-Vibrationen einen zusätzlichen Rumble-Effekt in den beiden unteren Schultertasten bieten, kann man wunderbar spüren, wann die Reifen an Bodenhaftung verlieren oder die Bremsen blockieren. Das klingt banal, macht jedoch einen grossen Unterschied zur letzten Generation aus und vermittelt tatsächlich ein ganz neues Fahrgefühl, welches das Prädikat „Next-Gen“ endlich einmal verdient.
Online ist leider auch wieder ein weiterer Rückschritt. Die Lobbygestaltung ist unübersichtlich und nicht logisch aufgebaut. Wieso kann ich nicht vor einem Lobbybeitritt meine Freunde mit ins Boot nehmen wie noch bei Teil 4? Einen Serverbrowser gibt es auch nicht, man wird einfach mal irgendwohin verbunden, meist dort hinein, wo nur gerade mal 1-2 Spieler drin sind. Alle öffentlichen Lobbys sind mit fixen Regeln ausgestattet, keine Kollisionen, keine freie Streckenwahl etc..Macht ihr ein privates Spiel auf um alle Punkte selbst zu beeinflussen, dann könnt ihr das durchaus tun, die Lobby bleibt für Aussenstehende jedoch geschlossen. Für mich total unverständlich und sowas von Vorgestern!
Fazit:
Turn10, ihr habt mich wirklich enttäuscht. Drastisch reduzierte Streckenanzahl, nicht mal mehr die Hälfte an Autos wie früher, ein unbrauchbarer Onlinemodus.. Dazu eine auf Abzocke getrimmte Ingamestrategie. Schämt euch!
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