3 Strikes and you're out! Der Tag könnte für die gute Frey nicht schlechter beginnen. Aufgrund eines missglückten Autodiebstahls steht unsere junge Heldin nun schon zum dritten Mal vor Gericht. Wird sie verknackt, wandert sie lange Zeit ins Kittchen. Die Richterin gibt ihr noch eine letzte Chance und verdonnert sie zu ein paar Dutzend Stunden Sozialarbeit. Nochmal Glück gehabt!
Für die waise New Yorkerin ist dies aber nur ein schwacher Trost. Ohne Familie und Freunde haust Frey in einem verlassenen Wohnhaus ohne jegliche positive Perspektive. Als dann ihre Wohnung von einer feindlichen Gang abgebrannt wird, hat sie entgültig die Schnauze voll. Mit einem Sprung vom Wolkenkratzer will sie sich von ihrer irdischen Existenz verabschieden. Während sie noch mit der ultimativen Entscheidung hadert, erblickt sie in einem Fenster plötzlich ein glitzerndes Objekt. Ein goldener Armreif erregt ihre Aufmerksamkeit. Die kleine Ganovin kann es nicht lassen und schnappt sich natürlich die Kostbarkeit. Ihre Naivität wird umgehend bestraft. Der Armreif lässt sich nicht mehr abnehmen und zu allem Überfluss fängt das Modeaccessoire auch noch an zu Quasseln und teleportiert sie in eine Parallelwelt namens Athia.
Für den Rest des Spiels müssen wir uns wohl oder übel mit dem plappernden Schmuckstück arrangieren, denn unserer Sidekick, der auf den passenden Namen "Cuff" hört, lässt im wahrsten Sinne des Wortes nicht locker. In den ersten paar Minuten machen wir uns mit Frey's Fähigkeiten vertraut. Schleichen, normaler Gang und Sprint sind für ein Open World Spiel unabdingbar. Wir verfügen aber zusätzlich noch über die Flow Funktion. Wir rasen im Affentempo durchs Terrain, erklimmen leichtfüssig Felswände oder überspringen beherzt mehrere Hausdächer. Später wird unser Freerunningrepertoire mit Leapsprung, magischem Greifhaken und verletzungsfreiem Landen aus Dutzenden Metern Höhe erweitert. Frey macht sogar einen auf Jesus und eignet sich den flotten Wasserlaufskill an.
Wer jetzt denkt, dass man so einfach vor jedem Gegner flüchten kann, hat Recht – bezogen auf die Oberwelt. Bei Bossbegegnungen müssen wir uns dem Kanzler aber stellen und nutzen die Parkourskills als Ausweichmanöver. Cuff labert uns zwar immer wieder dazwischen, trotzdem müssen wir über seine Qualitäten sprechen. Dank des sprechenden Sidekicks verfügt Frey über jeweils zwei unterschiedliche Magieattacken. Links starke Statusattacken mit einem längeren Cooldown, rechts eine Schuss- oder Defensivvariante ohne Cooldown, aber mit weniger Wumms. Anfänglich sind die verfügbaren Zaubereien noch übersichtlich, am Schluss stehen uns dann aber 4 unterschiedliche Magiearten mit über 100 Sprüchen zur Auswahl, die wir per L1/R1 wechseln dürfen.
Im Skilltree schalten wir neue Formeln frei, die mit Mana gefüttert werden wollen. Die hüfthohen Lichtsäulen sind zu hundertfach auf der Open World verteilt und dienen als Währung. Obwohl man ein paar Tausend Manas benötigt, um alle Zauber freizuschalten, muss man sich nicht allzu viel Sorgen machen, welche man zuerst freispielt, da die Items alles andere als rar sind. Cuff gibt uns auch eine Defensivoption mit. Leichte Angriffe werden teilweise und zufällig automatisch abgewehrt. Sehen wir eine Attacke auf uns zukommen, kann diese aber auch per Tastendruck manuell pariert werden und schleudert den Gegner für ein paar Extrahiebe auf den Boden.
Damit man in der offenen Welt nicht die Orientierung verliert, gibt uns Square Enix ein paar hilfreiche Dinge mit auf den Weg. Die Weltkarte lässt uns interessante Punkte markieren und ein Marker zeigt uns stets an, wo das nächste Missionsziel liegt. Per Digipad scannen wir die nähere Umgebung, was automatisch Feinde, Crafingitems, Gebäude und Schatztruhen markiert.
Wie in jeder anständigen Open World gibt's auch hier sichere Rücksetzpunkte. In Forpsoken ist das ein kleines Fast Travel Hüttchen, das uns zum auffrischenden Schlaf einlädt, das eine oder andere Item verspricht und uns auf der Werkbank die Menge und Potenz der Heiltränke erhöht oder unsere Garderobe mit gefundenen Crafingitems verstärkt. Finden wir ein Set Fingernägel, dürfen wir jede Hand unabhängig mit der Schmückerei verzieren und freuen uns über einen kleine Statusbuff, wie mehr Angriffspower oder schnelleres Spellcasting. Für jede erfolgreiche Aktion, welche von einem einfachen Gespräch mit einem NPC bis zum Erledigen eines fiesen Endgegners reichen können, werden wir mit XPs belohnt, die automatisch verteilt werden und uns mehr Stärke, Schutz oder Ausdauer für die Flowtechnik zuschanzt.
In den 12 Kapiteln von Forpsoken bewegen wir uns meistens unbeschwert frei auf der Landkarte und stossen dabei auf geheime Abschnitte, Nebenmission (die hier "Detour" genannt werden), optionale Bosse (die unterlevelte Spieler mit einem Schlag vernichten) und zusätzliche Labyrinthe. In diesen optionalen Dungeons vermöbeln wir in mehren Arenen ein gewisse Anzahl an Schurken inklusive Endboss, der uns stets mit einem besonderen Loot Goodie belohnt. Für entspannte Nebenaufgaben können Touristen an speziellen Spots legendäre Bilder knipsen, an einem Tanzwettbewerb teilnehmen oder lösen die leichten Schieberätsel, um spezielle Schatztruhen zu öffnen. Spieler mit dem korrekten Flow schaffen die Kampagne in knapp 12 Stunden, wer alles sehen will kann nochmals das gleiche hinzu rechnen.
Fazit:
Um mir möglichst wenig von meiner Vorfreude zu nehmen, schaue ich nie oder nur kurz die Infos für eine neues Game an, um möglichst nicht schon voreingenommen an den Testbericht zu gehen. Leider entspricht die Theorie nicht immer der Praxis. Bereits vor Veröffentlichung werden neue Spiele mittlerweile schlecht geredet (siehe Callisto Protocol) oder im heutigen Falle Forspoken. Und stets hoffe ich, dass sich die Gerüchte nicht bewahrheiten. Doch meistens bin ich mit den Meinungen mehr oder weniger im Einklang – wie im Fall Callisto Protocol und eben auch Forspoken. Frey's temporeicher Ausflug nach Athia bietet gute Ansätze, verliert sich aber im öden Open World Sumpf mit Spielelementen aus der Konserve. Braucht es heute noch Nebenmissionen wie "suche und füttere drei Schafe" oder "hole A von B und bringe es nach C"? Da kommt einem das Grauen zwar nicht sofort hoch, aber es lauert irgendwo hinter der nächsten Ecke. Gegnerrecycling ist an der Tagesordnung, wenn man nur knapp ein Dutzend Gegnertypen mitbringt.
Technisch ist Forspoken eine saubere Arbeit ohne grosse Mängel, wenn auch die Grafik nicht in der Topliga mitspielt. Dafür sind mir die Animationen einfach zu altbacken. Nervig war nur gegen Ende des Spiels der Umstand, dass mir das Game regelmässig abschmierte und ich dann alle paar Minuten manuell speichern musste, um nicht wieder vom automatischen Checkpoint zu starten und die gefarmten Items zu verlieren. Am meisten Spass hatte ich mit dem Flow System. Eine wirklich tolle Innovation, die man in Open World Spielen so noch nicht gesehen hat. Mit allen Upgrades steuert sich Frey traumhaft und selbst die wildesten Kraxeleien gehen locker von der Hand. Mit dem Kampfsystem war ich hingegen weniger zufrieden. Bei den Standardschüssen fehlte mir der Druck, und es fühlte sich eher so an, als ob ich ein paar Wasserballons verpfeffere. Die stärkere Magievariante macht zwar gehörig Krach, irritiert aber mit den unterschiedlichen Cooldowns. Wenn ich mir dann noch im Magiewheel einen anderen Zauber aussuchen muss, während ich mich gerade in einem hektischen Kampf befinde, ist das Chaos perfekt. Das kann sogar den Redakteurveteranen überfordern. Forspoken ist ein mittelmässiges Open World Spiel mit interessanten Ideen, im Gesamten aber zu wenig ausgereift, um der Konkurrenz nur annährend zu schaden.
Forspoken ist exklusiv für Playstation 5 erschienen. Das Test-Muster haben wir von Square Enix bekommen, wofür wir uns recht herzlich bedanken.
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