Square Enix' ambitioniertestes Projekt geht in die zweite Phase. Diesmal hat man eine riesige Open World, neun spielbare Charaktere, ein verbessertes Kampfsystem und knapp 20 Mini Games im Gepäck. Stellt die Getränke kalt und die Chips-Tüte griffbereit, es wird eine lange Reise!
Cloud liegt im Koma. In Obhut seines alten Kumpels Zack erreichen die beiden in einer neuen Zeitlinie ein von kriegerischen Auseinandersetzungen gebeuteltes Midgard. Nach einigem Hickhack erwacht Cloud aus seinem komatösen Zustand und wird mit der unglücklichen Nachricht konfrontiert, dass der Planet vor der unausweichlichen Apokalypse steht. Der raffgierige Militär Konzern Shinra hat sich sämtliches Mako, eine flüssige Ressource, unter den Nagel gerissen. Natürlich gerät alles ausser Rand und Band. Riesige Monster und scheussliche Kreaturen überrennen Midgard. Wir treffen Sephiroth und zusammen entscheiden sich die beiden, den Mako-Reaktor von Shinra stillzulegen. Sephiroth hat jedoch eigene Pläne. Kaum beim Reaktor angekommen, hintergeht der langhaarige Säbelschwinger seinen Freund Cloud. Sephiroth absorbiert sämtliches Mako und mutiert zum gottähnlichen Übermenschen. Und hier schliessen wir mit dem Story Teil dieses Testberichts ab, denn was euch in den nächsten 30 bis 50 Stunden Spielzeit erwartet, soll eine Überraschung bleiben!
In Final Fantasy 7 Rebirth entscheidet ihr euch zuallererst für den Schwierigkeitsgrad. "Easy" für storyorientierte Spieler oder "Normal" für diejenigen, die eine Herausforderung suchen. Die dritte Option nennt sich "Dynamic", bei dem sich der Schwierigkeitsgrad automatisch eurem Skill Level anpasst. Gleich danach müssen wir uns für den klassischen oder den aktiven Battle Mode entscheiden. Bei Classic agieren die Charaktere automatisch auf dem Schlachtfeld und wir verteilen per Menu diverse Befehle an unsere Truppe. Im aktiven Modus haben wir die vollständige Kontrolle über unser Team und säbeln, zaubern, decken und dodgen in Echtzeit.
Im Gegensatz zu den Schlauchlevels des ersten Teils bewegen wir uns diesmal in einer weitläufigen Oberwelt. Zum Start begleiten wir Cloud mit seinem übergrossen Brotmesser samt einer Handvoll alter Kameraden. Zum Team gehören der bullige Waffenspezialist Barry, die Heilmagierin Aerith, die flinke Tifa und der Kampfwolf Red XIII. Später gesellen sich noch ein paar weitere Mitglieder hinzu, die teilweise permanent oder nur temporäre Einsätze anbieten. Wir steuern jeweils ein 3er-Team, dessen Member sich vor den Kämpfen konstant auswechseln lassen, ausser wenn die Story euch eine fixe Truppe für den kommenden Abschnitt vorgibt. Im Kampf starten wir jeweils mit einem Team Leader, sollten aber stets zwischen den Party-Mitgliedern hin und her wechseln, um die maximale Effizienz aus den verfügbaren Angriffen herauszuholen. Zwar greifen die ungesteuerten Kumpanen automatisch die Feinde an, Spezialattacken oder Magie-Einsätze können aber nur manuell ausgeführt werden. So haut ihr z.B mit dem Brawler Move von Cloud dem Gegner den Scheitel schief, wechselt dann zu Barry, der die Feinde mit einer Patronensalve begrüsst, um kurz danach mit Tifa den Widersacher per Divekick ins Jenseits zu befördern.
Wie schon beim FF7 Remake malträtiert ihr eure Feinde, bis sich eure ATB-Balken füllen. Sobald wir Zugriff auf die Leiste haben, wählen wir unsere Angriffsmethode. Jeder Charakter verfügt über spezielle Angriffe, die "Abilities", welche uns mit mehr Kraft oder speziellen elementaren Attacken das Leben erleichtern. Wir können aber auch Zaubersprüche wie Feuerbälle, Giftgas, Elektroblitze oder einen Kometeneinschlag heraufbeschwören, solange wir die richtige Materia verlinkt haben. Materias sind magische Edelsteine, welche wir per Slots in unsere Waffen und Ausrüstung einsetzen. Mit dem Heilmateria kurieren wir z.B. angeschlagene Teamkameraden, der HP Up-Stein packt uns 200 HP extra auf die Leiste oder wir verpassen einem Mitglied die Autocast-Materia, damit er auch ohne unser zutun Zaubersprüche wirkt. Materia können gefunden, gekauft oder per Challenges gewonnen werden.
Während des Kampfes füllt sich langsam der spezielle Limit Meter. Ist jener voll, packen wir einen Super Special aus, bei dem selbst der Bildschirm zu wackeln beginnt. Die Limit Bar wird jedoch vor jedem Battle auf null gestellt und kann nicht für das nächste Gefecht genutzt werden. Im Laufe des Games sammeln sich haufenweise XPs, die automatisch in unser Level Up wandern. Damit verbunden erhalten wir SPs, die im Skilltree verprasst werden. Neben üblichen Sachen wie mehr Magiepunkte, stärkerer Angriff oder besserer Schutz vor Elementarschäden, investieren wir auch ins Teamwork. Haben wir die Synergy Skills freigeschaltet, verpassen wir im Tandem mit dem gewählten Partner eine monströse Schlagkombo, von der sich gewisse Gegner noch heute erholen müssen. Aber auch hier müssen wir warten, bis unser Synchrometer bei beiden Charakteren gefüllt ist.
Die ultimative Waffe ist, wie könnte es bei Final Fantasy anders sein kann, der "Summon". Riesige Biester lassen sich heraufbeschwören, sobald der Summonbalken blinkt. Die allmächtigen Wesen wie Ifrit, Leviathan oder Titan verteilen vernichtende Schläge, bleiben aber nur für eine bestimmte Zeit auf dem Schlachtfeld. Verabschieden sich dafür stets mit einem für die Feinde desaströsen Goodbye, bei dem beinahe der Screen zu explodieren scheint.
Beim Streifzug durch die Open World, die von tropischen Gefilden bis zu unwirtlichen Felswüsten reicht, werden wir mit zahlreichen Extra-Inhalten, wie Side Missions, Summon Challenges, Extra Battles und einem Paket an Mini Games von unserer Hauptmission abgelenkt. Bereits in Kapitel 2 sind wir etwa 4 Stunden durch die Gegend gelaufen, bis wir uns wieder der Hauptkampagne widmeten. Von grosser Hilfe ist der kauzige Wissenschaftler Chadley. Dank seinen Infos werden uns Lokalitäten wie Sendemasten, die bei Aktivierung einen Teil der unkartopgraphierten Map freischalten (Zelda lässt grüssen), eine Art Schnitzeljagd, Battlechallenges, Chocobo Rennen und andere Aktivitäten auf der Karte automatisch markiert.
Wenn wir schon bei den Chocobos sind; die menschenfreundlichen Super Vögel sind natürlich auch im aktuellen Final Fantasy nicht wegzudenken. Die Biester sind aber nicht gratis. Auf jedem der sechs Kontinente gilt es zuerst einen speziellen Chocobo einzufangen. In einem Mini Spiel, das viele Stilelemente enthält, müssen wir uns unbemerkt dem Vogel nähern, damit wir ihn zähmen können. Danach steht uns der Chocobo permanent im lokalen Stall zur Verfügung. Nicht nur sind wir damit im flotten Galopp schneller unterwegs, sondern nutzen auch die eine oder andere Spezialität der Tiere. Wir missbrauchen riesige Pfifferlinge als Sprunghilfe, klettern senkrechte Wände hoch oder gleiten durch Täler wie ein Kondor. Wir raten euch in jedem Abschnitt als erstes den Chocobo einzusammeln und die damit verbundene Nebenquest zu erledigen. So schaltet ihr auch gleich die Fast Travel Option frei. Jedes Dorf, jede Stadt und jede erledigte Nebenmission wird von Chadley auf der Karte markiert und dient sofort als Schnellreisepunkt.
In den 14 Kapiteln wird aber nicht nur gekämpft und Quests abgearbeitet. Wie schon eingangs erwähnt absolviert man je nach Ansicht 16 bis 19 unterschiedliche Mini Games. Was nach Wahnsinn klingt, hat bei Square Enix Methode. Wir gehen nicht auf jedes einzelne Spiel ein, geben euch aber gern eine kleine Übersicht:
Pirates Rampage (Ballerbude à la Namco's Point Blank)
Galactic Saviors (Star Fox im Final Fantasy Gewand)
Run Wild (Rocket League mit 4 Toren und ohne Autos)
Jump Toad (man macht sich zum Frosch)
3D Brawler (Polygon Fighting Game)
Moogle Mischief (eine Art "Schafe ins Gehege lotsen")
Fort Condor (rundenbasierte Strategie Kämpfe)
Dolphin Escape (Wave Racer mit Flipper)
Cactuar Crush (Arena Battle auf Speed)
G-Bike (Futuristic Racer à la F-Zero)
Crunch off (Gym Session Simulator)
Desert Rush (Cloud gegen eine Armee von …. Kartonboxen?)
Gears and Gambits (Taktik Strategie Simulator)
Junon Shinra March (Rhythm Game in Military Uniform)
Chocobo Racing (Mario Kart Style)
Play it Again, Cloud (Piano Simulator)
Und zu guter Letzt haben wir noch "Queens Blood ", ein umfassendes Karten Game. Mit verschiedenen Decks versuchen wir diverse Gegner auf allen Kontinenten zu besiegen, um den Titel des besten Kartenlegers an uns zu reissen. Könnte glatt als eigenständiges Spiel durchgehen!
Händler spielen in Final Fantasy 7 Rebirth eine eher untergeordnete Rolle. Zwar kriegen wir hier alles, was das JRPG-Herz begehrt, doch lassen sich die meisten Sachen entweder einfach in der Oberwelt in Schatzkisten finden oder per Crafting-Menü selbst herstellen. Wir hatten auf jeden Fall mehr als genug "Gils" auf dem Konto, nachdem die Credits liefen.
Wer sich nur auf die Hauptstory (auf Easy) fokussiert und durch die Cutscenes klickt, schafft das Spiel unter knapp 30 Stunden, verpasst aber einen Haufen Content. Realistischer sind etwa 40 bis 50 Stunden für einen ordentlichen Durchgang, während ihr für Platinum das Spiel gleich 3 mal durchspielen müsst und damit locker an der 100 Stunden Marke kratzt.
Fazit:
Der König ist zurück! Nach dem hervorragenden ersten Teil zeigt Final Fantasy 7 Rebirth der RPG-Szene erneut, wo der Hammer hängt. Zu den klassischen Zwischensequenzen in gewohnter Square Qualität muss ich gar nichts mehr sagen. Auch die optische Präsentation ist über jeden Zweifel erhaben, auch wenn sich einige über den “matschigen” Performance Modus beklagen. Ich kann diese Gerüchte jedoch nicht bestätigen und finde, dass sowohl die Qualitäts- als auch die "60Hz"-Option den jeweiligen Ansprüchen mehr als gerecht werden. Umgehauen hat mich aber der Soundtrack. Akustisch wird hier aus allen Rohren gefeuert. Regelmässig frägt man sich, ob man hier nicht aus Versehen bei der nächsten Hollywood Grossproduktion gelandet ist. Ein Fest für die Ohren! Ich hab mir überlegt, ob es wirklich etwas zu meckern gibt und nach kurzem Nachdenken kam ich zum Entschluss: Ja, gibt es. Es gab mir zuwenig optionale Bosse. Über einen bin ich sogar nur per Zufall gestolpert und merkte erst danach, dass dies der einzige geheime Obermotz ist. Da haben wir also noch ein wenig Nachholbedarf, liebes Square Team! Aber nun mal Scherz beiseite. Final Fantasy 7 Rebirth liefert dem Fan mehr als genug. Die Detailverliebtheit ist noch ein Zacken höher als beim letztjährigen FF 16 und generell vermittelt das Spiel eine Art der unbekümmerten Lockerheit, die ich bei den meisten aktuellen Spielen vermisse. Hinzu kommt ein extremer Abwechslungsreichtum und die Freiheit den Spielfortschritt so zu gestalten, wie ich es mir wünsche. So müssen Videospiele sein! Ich kann mir gut vorstellen, dass Square-Enix noch ein bis zwei DLCs nachschieben wird, bevor wir mit Final Fantasy 7 Revenge (Interpretation des Redakteurs) den finalen Teil der systemübergreifenden Trilogie auf der PS6 abfeiern können.
Final Fantasy VII: Rebirth ist exklusiv für PlayStation 5 erschienen. Das Test-Muster stammt von Square Enix, wofür wir uns herzlich bedanken!
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