Das Panini Album hat sich seinen Platz auf dem Esstisch gesucht, der neue Fernseher steht im Wohnzimmer bereit, die Fussball-Ligen gehen langsam aber sicher dem Ende zu – das alles kann nur eins bedeuten: Die nächste WM steht vor der Tür.
Und nur Frevler hätten es anzuzweifeln gedacht, EA bringt für die Fussballverrückten unter uns den passenden FIFA Ableger zum Turnier in Brasilien. Von jenen scheint es aber keine im Next-Gen Lager zu geben. FIFA World Cup 2014 Brazil erscheint ausschliesslich für die Ur-Alt Generation. Immerhin erfreuen sich XBox 360 und PS3 Besitzer über die Möglichkeit, die WM im Vorfeld und schon bald parallel zum grossen Tohuwabohu in Brasilien auf der eigenen Mattscheibe zu spielen. Im Gegensatz zum EM Ableger von vor zwei Jahren gibt’s die Weltmeisterschaft wieder als Standalone-Version, das europäische Turnier überzeugte derweil wenig als Download-Only FIFA 12 Add-On. Ob 2014 alles besser ist und das runde Leder virtuell mindestens genau so viel Spass macht wie auf dem Rasen? Eine ausgiebige Testrunde haben wir uns nicht nehmen lassen und dafür die olle 360er wieder angeschmissen.
Also gleich vornweg: Die Präsentation des Titels ist wie von EA gewohnt gut gelungen. Die offiziellen WM Logos und Farben werden mit passender Musikkulisse untermalt. Die Stadien aus den verschiedenen brasilianischen Städten wurden originalgetreu übernommen, und die Fans tragen passende Landes-Klamotten. An der Seitenlinie stehen die jeweiligen Nationalmannschafts-Trainer, meist gut erkennbar, und gestikulieren wild rum. Spielerischen Einfluss haben diese optischen Finessen selbstredend keine. Dafür aber die stets unsaubere Grafik. Selbst nach erfolgter Installation der Daten, laufen die Partien nicht flüssig. Irgendwie zwingt sich dauernd das Gefühl auf, das Gegenüber würde mit einer schwachen Internet-Leitung unterwegs sein – online ein möglicher Grund – das Problem: Das leicht rucklige Spiel findet offline statt. Eine klare gelbe Karte für den Weltmeisterschaftskandidaten.
Ansonsten wurde mehr oder weniger die (bereits veraltete) Engine von FIFA 14 auf der XBox 360 übernommen. Leider aber eher weniger als mehr. Die Ballphysik wurde überarbeitet, oder sagen wir besser: Verschlimmbessert. Der Ball fühlt sich deutlich schwerer an. Was zu Beginn noch als eine möglicherweise positive Veränderung wahrgenommen wird, entpuppt sich im weiteren Spielverlauf als spielerische Katastrophe. Pässe finden abrupte Enden, hohe Bälle in den Lauf erhalten regelmässig zu wenig Höhe. Ein weites Abspiel des Torwarts findet so durchaus mal sein Ziel im ersten Drittel der eigenen Hälfte.
Komischerweise zischen aber Kopfbälle gerne mal mit nahezu Lichtgeschwindigkeit über oder idealerweise in das gegnerische Tor. Überhaupt scheint ein gepflegter Spielaufbau kaum mehr gefragt zu sein. Zu Gunsten FIFA-unkundiger Spieler hat EA den WM Ableger deutlich actionorientierter gestaltet. Kenner des erstklassigen FIFA 14, sowohl auf der alten wie auch auf der neuen Konsolengeneration, werden sich mit den stumpfsinnigen Spielabläufen aber nur schwer anfreunden können. Gefühlt rennen die Spieler im Dauersprint über den Platz und hetzen wie kleine Kinder dem Ball hinterher. Schon wieder eine gelbe Karte, oder nur eine Verwarnung?
Sehen wir über die unverständlichen Design-Schnitzer hinweg und wagen uns an die WM. Diese wird im normalen Turniermodus mit Vor- und Endrunde gespielt. Auf Wunsch in der Haut des Team Kapitäns oder bei verpasster Qualifikation des Lieblingslandes inklusive der Qualifikations-Runde. So wird Fans von Lichtenstein, Kasachstan und Island geholfen. Während den einzelnen Turnierspielen plagt uns eine immer wiederkehrende Trainingseinheit, ausgesuchte Spieler im Kader im Passspiel oder Torschuss zu verbessern. Das heisst nichts anderes, als dass dem WM-Teilnehmer die aus älteren FIFA-Titeln bekannten Übungsspielchen nun aufgezwungen werden. Selbstverständlich ist ein Abbruch möglich, unnötig und zeitraubend ist es deswegen trotzdem. Dabei ist die zwar hübsche, aber mehrheitlich völlig unübersichtliche Menüführung auch kein Vorteil. FIFA World Cup 2014 wirkt, ganz im Gegensatz zum omnipräsenten Spielgerät, einfach nicht rund.
Fazit:
Selbst mit einem zugedrückten Auge müssen wir dem WM Ableger hier die rote Karte erteilen. Gerne hätte ich während dem Turnier in Brasilien die eine oder andere Weltmeisterschaft mit Freunden gespielt – machen wir immer noch, aber mithilfe von FIFA 14, der PlayStation 4 und einer Excel Tabelle; Turniermodus wurde da bekanntlich auch verschlampt. Was bleibt sind unzählige lizenzierte Teams und Stadien, hübsche Grafiken und ein enorm fader Beigeschmack der uns immer daran erinnert, was hier möglich gewesen wäre und was letztendlich dabei herausgekommen ist: Das schlechteste FIFA seit Jahren. Selbst FIFA unkundige Spieler die nur hie und da um den Pokal spielen möchten, sollten sich ernsthaft überlegen, ob man nicht lieber dem „alten“ FIFA 14 den Vorzug geben möchte.
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