High-End Optik, riesige Level, epische Schiessereien, lange Spielzeit: Alles Fertigkeiten, die Far Cry 1 zum Kultspiel machten und die Erwartungen an die Nachfolger dementsprechend in die Höhe schnellen liessen. Teil 2 konnte die Erwartungen erfüllen und machte aber durch gameplaytechnische Mängel auf sich aufmerksam. Far Cry 3 wagt nun einen erneuten Angriff auf die First Person Shooter Krone.
Jason Brody ist eine arme Sau: Der junge Kerl hatte sich auf einen exotischen Urlaub mit
Jet-Ski und Fallschirmspringen gefreut, da landet er gemeinsam mit seinem Bruder schon in einem Piratencamp in einer Zelle. Ein paar durch geknallte Psychopaten erschiessen dort nach Belieben Urlauber. Als erstes müssen wir aus dem Camp ausbrechen!
Allzuviel der Story möchte ich an dieser Stelle nicht preisgeben um möglichst nichts zu spoilern.
Der anfängliche Monolog des manisch-aggressiven Piratenchefs Vaas stellt eindrücklich zur Schau, wie Ubisoft Montreal im hauseigenen Motion-Capture-Studio einen menschlichen Schauspieler zum digitalen Schwerverbrecher macht. Mimik, Gestik und Sprachkunst realer und virtueller Charaktere sind beeindruckend. Vaas gehört mit Sicherheit schon jetzt zu den charismatischsten Bösewichtern der Videospielgeschichte.
Der rote Faden durch die Story ist genreüblich simpel gehalten. Ein Dennis Rogers drückt Jason Kohle für die erste Pistole in die Hand, schickt ihn auf die erste Mission und wird zu seinem allwissenden Funkkontakt. Auftrag Nummer eins: Auf einen Funkturm klettern, der, genau wie in Assassin's Creed, eine Karte der Umgebung öffnet, auf der sämtliche Nebenmissionen, Beutekisten, Piratenlager sowie Lebensräume verschiedener Tierarten verzeichnet sind.
Der Spieler kann sich von Anfang an frei auf der tropischen Insel bewegen und das ist auch gut so. Um die Haupthandlung abzuschliessen, muss aus Jason ein knallharter Supersöldner werden. Den Status erreicht ihr Schritt für Schritt durch die Erledigung von Missionen, die euch Erfahrungspunkte einbringen. So kann Jason bald länger tauchen, schneller sprinten, leiser schleichen oder steckt mehr Treffer ein. Am wichtigsten ist die Jagd auf Tiere, aus deren Überresten neue Ausrüstung gefertigt wird. Erst mit einem größeren Waffengürtel kann Jason mehr als eine Waffe tragen, ähnliches gilt für Munitionsgürtel sowie Taschen für Granaten. Das ruhige Anschleichen im zirpenden Dickicht, damit die Tiere nicht aufgeschreckt auseinander stieben, ist wahnsinnig stimmungsvoll und macht unheimlich Spass.
Störend sind auf Konsolen das Tearing, die niedrige Bildrate sowie sehr spät auftauchende Häuser und Detaildarstellungen der Bäume. Optisch wird sehr viel geboten, zuviel für die betagte Hardware. Stimmungsvolle Tag-/Nachtwechsel sind ebenso eindrücklich dargestellt wie die riesigen Inseln. Auf dem PC erst ist die ganze Pracht des Spiels ersichtlich, potente Hardware vorausgesetzt. Am PC ist das Bild nicht nur schärfer, sondern auch deutlich ruhiger. Selbst die Steuerung reagiert auf Konsole etwas träger als mit demselben Gamepad am PC.
Das eigentliche Problem ist allerdings kein grafisches, sondern ein spielerisches. Denkwürdig ist vielmehr, dass Jason die offene Welt als Werkzeug seiner Entwicklung zum Krieger schon nach wenigen Stunden nicht mehr benötigt. Dann ist er nämlich längst mächtig genug, um es selbst mit stark bewachten Piratenlagern aufzunehmen. Die benötigten Tiere sind schnell erlegt und sowohl Erfahrungspunkte als auch Geld werden ihm geradezu hinterher geworfen. Wozu soll er eine stilvoll inszenierte Pokerrunde starten, wenn er tausende Dollar besitzt? Wozu beim Messerwerfen ein paar Münzen schinden?
Das weitläufige Paradies wird zur wertlosen Spielwiese. Klar, wer es auf alle Achievements abgesehen hat, der wird so manche zusätzliche Stunde auf der Insel verbringen können, für den Haupstrang der Story ist es jedoch überflüssig, dafür ist die Charakterentwicklung viel zu zügig. Ubisoft opfert eine glaubwürdige Welt der Maxime, dass jeder Spieler immer und überall alles machen kann, was ihm beliebt. So entsteht kein Abenteuer, respektive so wird viel von der einmaligen Stimmung eines Far Cry 1 oder Crysis 1 kaputt gemacht. Sogar Nebenmissionen, die kleine Geschichten erzählen, bestehen meist aus dem simplem „lauf zur Markierung A und töte Person B“ Schema.
Der spielerische Kern, nämlich die Stealth-Elemente und die knallharten Schusswechsel, bringt das Spiel überzeugend rüber! Die Piraten sind aufmerksam, schlagen aber erst nach kurzer Reaktionszeit Alarm und suchen dann geschickt die Umgebung ab. Jason kann sie mit kleinen Steinen auf die falsche Fährte locken und erhält später die Fähigkeit, Leichen nach einem Takedown zu verstecken.
Die Umgebung lässt sich eindrucksvoll als Verbündeter nutzen. Steckt man die Fauna in Brand, sind die Wachen abgelenkt und lassen sich einfacher umlegen. Tiere in Rage sind ebenfalls nicht zu unterschätzen, als Verbündete aber auch als Feinde.
Fazit:
Vieles macht Far Cry 3 richtig. Brachiale Action, eindrückliche Optik, gewaltige Umgebungen. Die Charakterentwicklung und Storyline hätte jedoch besser umgesetzt werden können. Hier hätte man bei Bioshock oder Far Cry 1 ein bisschen mehr abschauen dürfen. Trotzdem greifen Shooter-Fans ausnahmslos zu!
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